Und wieder Carmel
Backsteinhäuser
und auch die kleinen Cottages und einige der große Villen wieder, es gibt aber
auch viele neue Gebäude. Jetzt weiß ich wieder, was mich damals sofort
verzaubert hatte, als ich die kleinen Geschäfte, die Restaurants, die
Blumenrabatten und die Alleen erblicke. In Carmel ist es wie in einer kleinen
zauberhaften Märchenstadt.
Scott fährt eine mir altbekannte Straße entlang und hält vor einem Haus, das
mir sehr vertraut ist.
„Das Haus der Walkers?“, frage ich verwundert. Damit habe ich nicht gerechnet. Man
bringt mich im Haus der Eltern meines Exfreundes unter? Ist das gut? Und dazu
sind es noch die Eltern des Bräutigams, denke ich undschlucke vor
Unbehagen.
„Ja, Victoria Walker hat darauf bestanden, dass du bei ihnen schläfst“, erklärt
mir Scott, stellt den Motor ab und steigt aus. Victoria Walker, Alex‘ Mutter,
eine wundervolle Frau mit kurzen blonden Haaren und einem strahlenden Lächeln.
Ich mochte sie damals sehr.Aber dennoch bin ich mir unsicher, ob ich in
ihrem Haus übernachten sollte.Langsam öffne ich die Beifahrertür und
überlege, ob ich hier und jetzt noch andere Optionen habe. Ich könnte zu
Jamie und Glen gehen. Ob sie überhaupt wissen, dass ich da bin? Ich hätte
vorher anrufen sollen. Aber Rita-Sue meinte, ich solle mir um nichts Gedanken
machen, es wäre alles für mich vorbereitet. Super organisiert Rita-Sue,
herzlichen Dank auch. Wenn ich hier bleibe, kann das nur in einer Katastrophe
enden.
Die Haustür öffnet sich und Paul und Victoria Walker kommen herausgelaufen.
„Anna Schätzchen“, ruft Victoria und winkt mir überschwänglich zu. „Es ist so
schön, dich wiederzusehen.“ Sie umarmt mich liebevoll und drückt mich an sich.
Sie hat sich kaum verändert. Sicher ist sie ein bisschen älter geworden, aber
das strahlende Lächeln hat sie noch immer.
„Ich freu mich auch“, sage ich ehrlich und drücke sie ebenso fest an mich.
Paul reicht mir die Hand und ich kann sehen, wie sehr er sich zurückhält, mich
nicht auch zu umarmen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns unter diesen Umständen wiedersehen
würden“, erklärt Victoria, während sie sich bei mir einhakt und mich ins Haus
und in ihr Wohnzimmer führt.
„Ich auch nicht“, antworte ich knapp.
„Aber ich bin froh, dass du gekommen bist. Kann ich dir etwas anbieten?“, fragt
sie, als wir uns auf dem Sofa niederlassen.
„Nein danke, Victoria. Es war ein langer Flug und alles, was ich jetzt noch
möchte, ist duschen und schlafen.“
„Natürlich Schätzchen. Es ist ja auch schon so spät. Ach ja, ich hoffe, es ist
in Ordnung für dich hier bei uns zu schlafen. Ich dachte, dies ist dir am Vertrautesten
und du warst doch immer gern bei uns.“
„Es ist in Ordnung. Hier kenn ich mich ja aus. Es hat sich ja auch kaum etwas
verändert“, flunkere ich und versuche dabei, meine Nervosität zu überspielen,
die dieses Haus in mir hervorruft.
„Hier im Haus nicht, das stimmt“, gibt mir Victoria recht.
„Ich bring deine Sachen hoch, dann kannst du dich erst einmal ausruhen“,
erklärt Paul.
„Rita-Sue hat für morgen viel geplant, da solltest du ausgeschlafen sein.“
Victoria lächelt verzückt und ich kann ihre Freude in ihren Augen sehen.
Ich stimme beiden zu und folge Paul die Treppe hinauf. Es ist ein seltsames
Gefühl wieder hier zu sein. Ich hätte nie gedacht, überhaupt je wieder nach
Carmel zu kommen und schon gar nicht, je wieder dieses Haus zu betreten. Ich
unterdrücke aufkeimende Erinnerungen, denn mit einem Bewohner dieses Hauses
verbinde ich die bisher emotionalsten Stunden meines Lebens.
„Das Gästezimmer, Victoria hat alles neu eingerichtet. Wir hoffen, es gefällt
dir“, erklärt Paul und öffnet die Tür zu einem kleinen Zimmer am Ende des
Flurs.
„Ja, es ist zauberhaft“, entgegne ich nach dem ersten Blick . „Dann schlaf schön.“
„Ja, euch auch eine gute Nacht.“
Paul schließt die Tür von außen und ich schaue mich um. Gott sei Dank
erinnert hier nichts an früher , denke ich und öffne meinen Koffer. Ich hole
mir Sachen für die Nacht heraus und denke, warum hab ich denn das Seidenzeug
eingepackt, für wen? Ich schreibe Claire eine SMS: Bin gelandet und muss im
Walkerhaus schlafen.
Claire: Warum das denn?
Ich: Rita-Sue und Victoria Walker wollten es so.
Claire: Ist Alex auch da?
Ich: Nein.
Claire: Sei tapfer.
Ich: Bin ich. Ich wünschte, du wärst hier.
Claire: Ich auch, mir is sooooooooooooooo langweilig hier.
Ich lege das Handy beiseite und lächle
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