Undead 02 - Suss wie Blut und teuflisch gut
schon ganz 25
andere machen müssen. Das klingt ganz schön gefährlich, vielleicht sollte ich jetzt teuflisch grinsen.«
Renee prustete und geleitete mich an den Regalen mit Sonderangeboten vorbei. Die Aigner-Modelle lagen überall auf dem Boden verstreut, zusammen mit den Nine-West-Resten aus der letzten Saison.
»Gott im Himmel!«, keuchte ich, als ich die Bescherung sah.
»Das gibt Ärger«, murmelte Renee.
»Helfen Sie mir, das aufzuräumen!«
»Äh . . . okay. Aber das müssen Sie nicht tun. Das sind doch nur Schuhe.«
Mir wurde schwindlig, und ich ließ diese Bemerkung lieber unbeantwortet. Stattdessen machte ich mich an die Arbeit, und Renee half mir dabei.
Nach zehn Minuten hatten wir alle Aigner-Schuhe wie tapfere kleine Soldaten neben der Tür aufgereiht. Sie waren ein wenig staubig, hatten aber keinen weiteren Schaden genommen. Die Nine Wests hatte ich mit Fußtritten in eine Ecke befördert. Leider fand ich keine lavendelfarbenen Pumps. Auch gut. Heute hätte ich mir ohnehin keine neuen Schuhe leisten können.
»So ist es besser«, sagte ich und wischte den Staub von meinen Händen. Ich hörte, wie die Tür hinter uns geöffnet wurde, aber da Renee keine Reaktion zeigte, drehte ich mich auch nicht um. Wie war ich früher bloß ohne Vam-pirgehör ausgekommen? »Wir bringen diese hier schnell in den Verkaufsraum.«
»Sie kennen sich wirklich aus mit Schuhen«, sagte Renee und starrte mich an. »Mir wären die Jude-Pumps zwischen 26
den anderen gar nicht aufgefallen, und ich bin schon vier Monate hier.«
Mir grauste vor ihrer Unwissenheit, aber ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen. Das wäre nicht nett gewesen.
Glücklicherweise kam der Typ zu meiner Rettung. »Darf ich unterbrechen, Ladys? Haben Sie gefunden, was Sie suchen?«
»Leider nein. Vielleicht sind sie ja in der nächsten Kollektion.«
»Hmmm.« Auf seinem Namensschild stand John Mason, Abteilungsleiter. Er ähnelte ein wenig dem Buchhalter meines Vaters – glatzköpfig, Brillenträger, guter Anzug, gute Schuhe. Er roch nach Calvin Kleins One und gebackenen Kartoffeln. »Wir suchen momentan eine Verkaufshilfe für die Schuhabteilung«, verkündete er. Renee spitzte ihre Lippen zu einem lautlosen Pfiff und rollte mit den Augen, aber so, dass Mason es nicht sehen konnte. »Suchen Sie vielleicht zufällig einen Job?«
Ich erstarrte. John Mason, Abteilungsleiter, war entweder ein Genie oder telepathisch begabt. »Ja, das tue ich! Was für ein Zufall, ich meine, dass Sie mich fragen!«
»Nicht wirklich Zufall.« Er zeigte auf meine Handtasche, aus der noch die Formulare des Arbeitsamtes hervorlugten.
»Würden Sie gerne hier arbeiten? Nicht auf Kommission«, sagte er streng, »ich kann Ihnen neun Dollar die Stunde zahlen.«
»Was . . . Aber natürlich! Wann soll ich anfangen?«
»Ich benötige Sie jeden Abend, Dienstag bis Donnerstag«, warnte er mich.
»Ideal! Ich kann ohnehin nur abends arbeiten.«
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»Nun, dann sind wir uns einig.«
Bevor ich Mr. Mason auf den Mund küssen konnte, war er schon in die Personalabteilung gegangen, um den Papierkram zu erledigen. Ein wenig besorgt war ich schon, schließlich war ich vor drei Monaten gestorben. Ob meine Sozialversicherungsnummer noch gültig wäre?
Sie war es. Da kam man wohl in der Verwaltung mit der Arbeit nicht nach. Mir war’s recht.
Als der Papierkram erledigt war, übergab Mr. Mason mir mein Namensschild und wünschte mir eine gute Nacht.
»Betsy Taylor« stand auf dem Schild.
»Macy’s« stand auf dem Schild.
BetsyTaylorMacy’s. Wow. Oh . . . ganz einfach wow. Ab-solut und ohne Einschränkung wow.
Draußen angekommen, führte ich einen kleinen Freu-dentanz auf – und wäre beinahe gegen ein Auto gelaufen.
Wahrscheinlich hätte mir ein Unfall heute nichts anhaben können, auch wenn ich nicht bereits tot gewesen wäre.
Wow! Ich arbeitete für Macy’s! Das war wie der Bock als Gärtner. Besser ging es nicht.
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3
Ich konnte es nicht erwarten, nach Apple Valley zu kommen, um Jessica alles über meinen neuen Job zu berichten.
Aber schon auf der Vortreppe roch ich diesen unglaubli-chen Gestank. Ich konnte mich kaum überwinden, mein eigenes Haus zu betreten.
Ich drückte mich ein wenig auf den Stufen herum, wog das Für und Wider ab und sagte mir dann, dass ich einige Monate zuvor schließlich den bösesten Vampir der ganzen Welt besiegt hatte. Da war dies hier doch wohl ein Klacks.
Ich öffnete die Haustür und folgte dem Geruch ins Badezimmer,
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