Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
mit den Regeln.»
«Aber ansonsten finde ich das klasse», sagt Christian, um Angela ein bisschen zu besänftigen. «Dass wir uns treffen und so viel wie möglich herausfinden wollen, dass wir uns über alles klarwerden. Was das angeht, kannst du auf mich zählen. Ich werde hier sein, egal wann, bis es schneit und ich wieder beim Ski-Team bin, aber dann können wir unsere Treffen ja vielleicht auf Sonntagnachmittag legen; das würde mir gut passen.»
Angela erholt sich wieder. Sie ringt sich sogar ein Lächeln ab. «Klar, das ist machbar. Vielleicht ist das auch für Jeffrey der beste Termin. Sonntag dann also. Treffen wir uns am Sonntag.»
Es folgt ein Moment unbehaglichen Schweigens.
«Schön dann», sagt Angela abschließend. «Ich denke, dieses Treffen ist damit beendet.»
Es ist schon fast dunkel, als ich das Theater verlasse. Unwetterwolken brauen sich am Himmel zusammen, sie sind unruhig wie ein grummelnder Magen. Ich nehme an, ich sollte dankbar für den Regen sein, denn das Unwetter hat immerhin die Waldbrände gelöscht, was wahrscheinlich vielen Leuten das Leben und auch ihr Zuhause gerettet hat. Es ist doch nur Wetter, rufe ich mich zur Vernunft, aber irgendwie frage ich mich, ob nicht genau dieses Wetter am Ende geschickt wurde, um ganz ausdrücklich mich zu quälen, als eine Strafe dafür, dass ich meine Aufgabe nicht erfüllt, meinen Zweck verfehlt habe; oder vielleicht ist das Wetter eine Art verhängnisvolles Zeichen.
Schnell und lässig versuche ich, mich von Christian an der Ecke zu verabschieden, aber er legt mir die Hand auf den Arm.
«Ich würde immer noch gern mit dir reden», sagt er leise.
«Ich muss los», bringe ich heraus. «Meine Mutter wird sich fragen, wo ich bin. Ruf mich an, okay? Oder ich rufe dich an. Telefonieren sollten wir unbedingt, entweder du rufst mich an, oder ich rufe dich an.»
«Klar.» Er lässt die Hand sinken. «Ich rufe dich an.»
«Ich muss mich beeilen. Ich bin spät dran.»
Und dann renne ich los in die entgegengesetzte Richtung.
Feigling , sagt die nörgelnde Stimme in meinem Kopf. Du solltest mit ihm reden. Solltest dir anhören, was er zu sagen hat.
Was, wenn er sagt, wir gehören zusammen?
Tja, dann musst du eben irgendwie darauf reagieren. Besser, als einfach davonzulaufen.
Ist es nicht eher ein Gehen in schnellem Tempo?
Wie du meinst.
Ich streite mich mit mir selbst. Und ich ziehe dabei den Kürzeren.
Kein gutes Zeichen.
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Geheimnisse anderer Leute
Mama kommt aus ihrem Arbeitszimmer, kaum dass sie meine Schritte an der Haustür hört.
«Hallo», sagt sie. «Wie war die Schule?»
«Alle haben über meine Haare geredet, aber es war schon okay.»
«Wir können ja noch mal versuchen, sie zu färben», schlägt sie vor.
Ich zucke mit den Schultern. «Das bedeutet doch sicher irgendwas, oder? Gott will, dass ich in diesem Jahr blond bin.»
«Sicher», meint sie. «Willst du einen Keks, Blondie?»
«Was für eine Frage!» Ich trotte ihr hinterher in die Küche, wo ich sofort rieche, dass etwas Wunderbares im Ofen ist. «Schokochips-Kekse?»
«Natürlich.» Der Backofen meldet sich mit einem Summton, und sie zieht einen Topfhandschuh über, nimmt das Blech mit den Plätzchen aus dem Ofen und stellt es auf der Küchentheke ab. Ich ziehe mir einen Stuhl ran und setze mich ihr gegenüber. Es fühlt sich so normal an, dass es mir schon fast unheimlich erscheint, nach allem, was passiert ist, der ganzen Aufregung und dem Kampf um mein Leben und dem ernsthaften Seelesuchen und jetzt … Kekse.
Am Abend des Waldbrands bin ich nach Hause gekommen und habe angenommen, wir hätten jetzt die ganz große Aussprache, und alles würde klar und deutlich, nachdem nun die Dinge aus meiner Vision eingetroffen waren. Aber als ich nach Hause kam, hatte Mama schon geschlafen, geschlafen, am wichtigsten Abend meines Lebens, und ich habe sie nicht geweckt, hab ihr keine Vorwürfe gemacht, denn in dem Moment waren wir beide, ganz buchstäblich, ausgebrannt, und sie war angegriffen worden, wäre beinahe gestorben und das alles. Aber trotzdem. Ganz so hatte ich mir den Ausgang meiner Aufgabe nicht vorgestellt.
Es ist ja nicht so, als hätten wir gar nicht geredet. Geredet haben wir schon, wenn wir im Grunde auch nur kurz durchgegangen sind, was passiert war. Keine neuen Informationen. Keine Enthüllungen. Keine Erklärungen. Schließlich habe ich gefragt: «Und was passiert jetzt?», und sie hat geantwortet: «Ich weiß nicht, Herzchen»,
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