Ungezaehmtes Verlangen
einströmen. Lyon hockte sich auf die andere Seite des Tigers, streichelte mit seiner Hand das Fell seines Freundes und beobachtete Kara mit grimmiger Miene.
»Fühlst du etwas?«, fragte er.
»Nein. Es tut sich … nichts.« Sie presste so viel Energie in Tighe, bis ihr der Schweiß die Schläfen hinunterlief. Aber er reagierte noch immer nicht.
»Seht, wen ich gefunden habe«, sagte Jag, und als sie aufsah, standen Wulfe, Kougar, Foxx und der echte Hawke vollständig bekleidet hinter ihm. Wulfe blinzelte, als wäre er gerade aus tiefem Schlaf erwacht. Hinter ihnen stolzierte Pink mit ihrem vogelartigen Gang herein.
Stirnrunzelnd sah Hawke zu Tighe hinüber. »Was ist passiert?«
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Jag. Zu Lyon sagte er: »Wulfe scheint jetzt, da er die andere Hälfte seiner Seele zurückbekommen hat, wieder ganz normal zu sein. Ich habe Kougar, Hawke, Foxx und Pink auch in den Gefängniszellen gefunden. Die Hexe wollte wohl kein Risiko eingehen.«
»Und wo ist Zaphene?«, fragte Foxx.
Kara verzog das Gesicht und hatte mit dem jungen Krieger Mitleid. Sie hoffte, dass die Hexe seine Gefühle nur gelenkt hatte und er nicht ernsthaft in sie verliebt war. Andernfalls wäre er jetzt sehr verletzt.
Jag legte eine Hand auf Foxx’ Schulter und führte ihn von den anderen weg, um mit ihm zu reden.
Tighe reagierte überhaupt nicht auf Karas Hände. Sie ließ die Strahlung verglühen und hob eine Hand. »Ich brauche ein Messer.«
»Nein«, sagte Lyon. »Sein Blut ist vergiftet. Du darfst es nicht mit deinem mischen.«
Selbst als sie ihn nun mit ruhiger Bestimmtheit ansah, floss ihr Herz noch vor Liebe über. »Meine Bestimmung ist es, die Krieger mit Kraft zu versorgen und sie zu heilen. Tighe gehört mir. Ihr gehört mir alle. Ich liebe dich sehr, Lyon, aber halt mich bitte nicht von der Erfüllung meiner Pflichten ab.«
Er starrte sie eine ganze Weile an, dann verfinsterte sich seine Miene. »Du bist … herrisch.«
Sie grinste ihn an. »Deshalb bin ich ja auch so sicher, dass wir zusammengehören.«
Er verzog den Mund zu einem Lächeln, das den besorgten Blick allerdings nicht aus seinen Augen vertrieb. »Mach die Schnitte nicht tiefer als unbedingt nötig.«
»Nein.«
Lyon presste die Lippen zusammen, zog jedoch ein Klappmesser hervor und schnitt in Karas ausgestreckte Handflächen. Dann drehte er sich zu Tighe um und stieß die Klinge an der Schulter in das Fell des Tieres.
Schweigen legte sich über den Raum, als Kara ihre blutigen Hände auf die frische Wunde des Tigers presste. »Komm zu uns zurück, Tighe.« Sie zögerte, bevor sie das Feuer entflammte, und stellte sich ihr Ziel vor Augen: einen so starken Energieschub herzustellen, dass Tighe gesund und lebendig aufstehen würde. Kara atmete tief ein und zog kräftig die Energie in sich hinein.
Mit überwältigender Wucht strömte die Kraft durch ihren Körper und ging in das Tier unter ihren Händen über. Mehr. Und noch mehr .
»Verdammt«, murmelte hinter ihr jemand.
Schließlich bewegte sich Tighe und nahm genau wie Lyon und Jag vor ihm die Energie in sich auf. Als Tighe dann auf die Füße sprang, packte er sie mit kräftigem Griff und stieß sie zurück. Er schüttelte sich wie eine große Katze, die gerade aus dem Schlaf erwacht war, nahm seine menschliche Gestalt an und bedeckte augenblicklich seine Augen. Anders als die drei anderen Katzen hatte Tighe seine Kleidung anbehalten, während er sich verwandelt hatte, und sah jetzt seltsamerweise ganz so wie immer aus.
»Kann jemand mal das Licht ausmachen oder mir meine Sonnenbrille geben?«, knurrte er.
Kara lachte erleichtert und voller Freude, ließ die Strahlung erlöschen und glitt in Lyons Arme.
Auf einmal nahm Tighes Gesicht einen wütenden Ausdruck an. »Kara, geh weg von ihm! Das ist ein Klon.«
Lyon hielt den freien Arm hoch und zeigte ihm seine Handfläche mit den frisch verheilten Narben. »Die Klone sind tot, Tighe.«
Kara nickte. »Du hast einiges verpasst.«
Paenther trat zu ihnen. Er hatte sich eine Hose übergezogen und hielt noch zwei weitere in der Hand. Eine warf er Jag zu, die andere Lyon, dann drückte er seine Faust auf Tighes Schulter.
»Willkommen daheim.«
»Hast du Vhyper gefunden?«, fragte Lyon.
»Er ist verschwunden und sein Wagen auch.«
»Verdammt!«
Tighe schüttelte den Kopf und starrte immer noch Lyon an. »Ich hab gesehen, wie du gestorben bist.«
Lyon ließ Kara los, als Tighe auf ihn zutrat, seine Arme um Lyon schlang
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