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Ungezogen

Ungezogen

Titel: Ungezogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
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meiner Seite und passte sich meinem Tempo an.
    »Du hast eine Studienfinanzierung, zahlst deine Studiengebühren und Kreditkarten. Und dein Teilzeitjob in der Bibliothek reicht gerade mal für eine Tütensuppe.«
    Ich blieb abrupt stehen. Sein Schwung trieb ihn noch ein paar Schritte weiter.
    »Und woher nimmst du all dieses Wissen?«
    »Weil ich dich mag und mehr über dich wissen wollte.«
    »Du spionierst also meine finanzielle Situation aus? Wie romantisch!«
    »Ich musste wissen, ob du offen für ein Arrangement sein könntest.«
    »Arrangement.« Ich ging schnell weiter.
    Er nickte.
    »Ich bin keine Hure.«
    »Das weiß ich«, antwortete er fast entschuldigend, als ob er ahnte, wie aufgebracht ich gleich sein würde. »Seitdem du eingeschrieben bist, hast du nur einen Freund gehabt. Er war dein Schatz von der Highschool. Du hast mit ihm Schluss gemacht, nachdem er eine gemeinsame Freundin geschwängert hat.«
    Mir fehlten die Worte. Das meinte er doch wohl nicht ernst. Er sah mich abwartend an. Ich schüttelte den Kopf und ging schnell weiter. Ich wollte auf mein Zimmer. Bloß weg von dieser blöden Nuss. Er riss mich am Arm herum. Ich stolperte, aber er fing mich auf und hielt weiter meinen Arm fest.
    »Es mag aufdringlich erscheinen, aber ich musste es wissen. Ich wollte sicher sein. Ich habe über dich und meinen Vorschlag lange nachgedacht ..., ich meine, ich kann an nichts anderes mehr denken, seitdem ich dich in der Bibliothek gesehen habe. Aber gib mir eine Woche Zeit, vielleicht gelingt es mir, mich wieder von meinen Gedanken zu befreien.«
    Ich drehte mich weg, aber er hielt mich weiter fest.
    »Leyda?«, es klang wie ein Stöhnen.
    Ich sah auf die Hand, die meinen Arm umfasste. Er ließ mich los, und ich ging weiter.
    »Niemand erfährt etwas.« Er holte mich mit seinen langen Beinen schnell ein.
    »Eine Woche«, sagte er. »Zehntausend Dollar.«
    Meine Schritte wurden ein wenig unsicher, aber ich setzte meine Flucht vor ihm fort.
    Er drängte weiter.
    »Nichts geschähe gegen deinen Willen, denn ich würde dich beschützen. Aber ich werde dich auf die Probe stellen.«
    Ich blieb nicht stehen.
    »Ich gebe dir die Hälfte des Geldes im Voraus.«
    Ich bin gewiss keine geldgierige Person. Aber wenn du keinen Wecker stellen musst, weil du dich darauf verlassen kannst, dass dich die Geldeintreiber wecken und der Minilohn deines Teilzeitjobs weder deine Ausgaben noch deine Kreditkartenrechnung deckt, dann beginnst du über jedes Angebot nachzudenken, selbst ein unmoralisches. Wir waren vor dem Studentenwohnheim angekommen.
    »Ich muss darüber nachdenken«, beschied ich Leonard und versuchte, die schwere Tür des Vordereingangs aufzudrücken.
    Er griff erneut nach meinem Arm und hielt mich zurück. Er hatte eine eher schlanke, hochgewachsene Statur und war stärker, als er aussah.
    »Dann sehen wir uns Mittwoch im Seminar?«, fragte er.
    »Jaaa, wir sehen uns im Kursus.«
    Er nickte und ließ mich gehen.
    Am folgenden Mittwoch wirkte Leonard geradezu zahm. Er saß einige Stühle weiter, hörte andächtig dem Vortrag über Körpersprache zu und machte sich sogar Notizen. Ich erwischte ihn nicht dabei, ein einziges Mal zu mir hinüberzustarren. Ich ließ ihn vor mir die Klasse verlassen und packte in aller Ruhe meine Unterlagen zusammen. Ich unterhielt mich und lachte mit anderen Studenten, als wir aus dem Seminarraum drängelten. Leonard wartete aber nicht - wie ich vermutet hatte - im Vorraum. Komisch, dass ich ein wenig enttäuscht war und darüber sinnierte, ob er seine Meinung geändert habe. La vida es extrano, das Leben ist seltsam, dachte ich und flüchtete in die Sonne.
    »Leyda?« Es war Leonard. Wieder ganze der Alte, wie in der Vorwoche.
    »Was müsste ich denn tun?«, fragte ich.
    Er lächelte, nahm mir meine Bücher ab und trug sie zusammen mit seinen.
    »Du müsstest ausschließlich für mich da sein und tun, was auch immer ich dir sage.«
    »Aber nichts Versautes.« Ich beobachtete seine Augen.
    Er wich meinem Blick nicht aus, sondern sah lächelnd auf mich herab.
    »Ich bin in nichts Unanständiges verwickelt.«
    »Wann willst du anfangen«, sagte ich und nickte zustimmend.
    »Du musst heute Abend arbeiten. Ich schlage vor, dass wir fürstlich zu Mittag essen und dann morgen beginnen.«
    Er fuhr einen klassischen Mustang, rot, Schiebedach und fast neuwertig. Ich schmunzelte. Er passte so sehr zu ihm und auch wiederum nicht. Ich meine, dieses Fossil konnte ich ja noch verstehen, aber es war

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