Ungleiche Paare
auf den Falten der Tücher.
»Relax!«
Ich spürte, wie sie die Schleife der Bänder am Hinterkopf aufzog und die Maske behutsam vom Kopf hob. Ich schloss die Augen aus Angst vor dem Übermaß an Helligkeit. Ich hörte, wie sie das schützende Antlitz des Pestdoktors ablegte, sehr behutsam; für den nächsten Kandidaten, schoss es mir durch den Kopf. Und nun störte kein Schnabel mehr, als sie meine Beine sanft zusammenschob, nicht zu eng, nur so, dass sie sich rittlings daraufsetzen konnte, ganz sanft, ganz langsam, sehr vorsichtig. Ich spürte den weichen Ring des Widerstands, dann das aufatmende Gleiten in einen dichter gespannten Raum als bei Hannah. »Du wartest«, flüsterte sie dabei.
»Nicht bewegen!«, beschwor ich sie. Ihr Körper glänzte weiß in der Nachmittagshelle. Er fühlte sich fest und geschmeidig an, straffer als Hannahs, auch entschlossener. Ich tastete erkundend nach ihr, im Versuch einer Ablenkung, um die empfindliche Balance zu halten. Hannahs Brüste wogen schwer in den Händen, Kims waren leicht und straff, mit einer glitzernden Schweißbahn im Tal und mit Brustwarzen wie bei einem Knaben. Sie entwand sich gleich wieder. Also bewegte sie sich doch, wenn auch nur ihren Oberkörper, wie eine schlangenhafte Tänzerin.
Und das war schon zu viel. Ich hatte sie gewarnt. Hannah war weich und nachgiebig, zögernd und Raum gewährend. Ein gewisses Maß an Warten hatte ich bei ihr gelernt. Kim packte zu und war eine entschlossene Kriegerin. Sicher fürchtete sie, sie käme zu spät, und so war es auch. Der Countdown hatte zu lange getickt, das Magma hatte sich zu sehr erhitzt in der unterirdischen Höhle. Das Reservoir reichte nicht mehr für die Ausdehnung, die Gischt schoss nach oben, und gleich auf dem Höhepunkt kippte ich ins Winseln. Was für ein erbärmlicher Guide, der seine Touristengruppe zu spät an den Geysir bringt. Sie bekommt den weltberühmten Moment nicht mehr mit.
»Gott, bist du schnell!«, schrie Kim, ihre Hand schnellte vor Ärger und Lust auf meinen Schenkel. Dann musste sie lachen. »Und ich denke, Hannah hat dir was beigebracht!«
»Du bist zu sexy, daran liegt es«, ächzte ich.
»Nein, nein, nein. So einfach kommst du mir nicht davon.« Jetzt war sie streng und ließ nichts mehr durchgehen. »Und ich gebe dir mal einen Tipp fürs Leben: Du musst mehr onanieren. Immer wieder, aber immer nur bis zur Grenze. Bis dahin und nicht weiter. Das ist Übungssache. Immer wenn du denkst, du kannst die Spannung nicht mehr ertragen, dann hörst du auf. Kapierst du das?«
»Ich glaube, ja.«
»Nein, das kapierst du nicht. Und damit du es begreifst und ein für alle Mal abspeicherst, üben wir das jetzt. Wir werden einen wunderbaren langen Nachmittag haben.«
So war es. Und ungefähr so soll es nach Auskunft von Cherilyn Sarkisian, genannt Cher, auf der Upper East Side zugegangen sein zwischen ihr und Tom Cruise, als sievierzig war, er schüchterne zwanzig. Oder zwischen Kim Cattrall und dem zwei Jahrzehnte jüngeren Alan Wyse in einem erdbebensicheren Haus auf den Hamptons. Und in Las Vegas zwischen Sheryl Crow und dem zehn Jahre jüngeren Lance Armstrong. In Santa Monica zwischen Cameron Diaz und Justin Timberlake; der Unterschied betrug lediglich neun Jahre.
Meine Gothaer Tante wusste noch, dass der sechsundzwanzigjährige Goethe wunderbare lange Nachmittage in Weimar verbracht hatte, abwechselnd mit der zehn Jahre älteren Anna Amalia und der sieben Jahre älteren Charlotte. Lange gehalten haben diese Paarungen nicht. Man besuchte sich ein paar Jahre lang, vorzugsweise im Sommer, und einigte sich dann auf Freundschaft.
Wenn dergleichen Partnerschaften länger halten, muss der jüngere Mann sich ein paar Antworten zurechtlegen. Gegenüber seinen Eltern, seinen Altersgenossen, vielleicht auch gegenüber wohlmeinenden Freundinnen. Man wird ihn fragen, wie er sich das denn vorstelle, später, wenn die Frau an seiner Seite im Rentenalter wäre, er selbst aber in den besten Jahren. Von der unknackigen Erotik mal abgesehen, ob er dann das Geld verdienen wolle? Oder vielleicht doch noch Sehnsucht nach Kindern entwickeln werde? Und natürlich wird er nach seiner eigenen Kindheit gefragt: ob er da von seiner Mutter vernachlässigt worden sei. Ob er überhaupt das Mütterliche mehr suche als das Erotische.
»Das Mütterliche ist das Erotische!«, versicherte Salvador Dalí. Ehefrau Gala war zehn Jahre älter. Nach eigener Einschätzung versah sie erzieherische Aufgaben: »In Dalí
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