Unguad
machst du hier? Du versteckst dich, oder? Vor was?«
»Mann, stellst du ‘ne Menge Fragen. Geht dich das was an, eh?«
Jetzt zuckte Linus mit den Schultern. Sie schwiegen. Klack. Das
Licht war aus. Linus wusste inzwischen, wo er hinlangen musste. Hell. Sie
feixten sich an.
»Willst ein Bier?«
»Klar.«
Florian schaltete die Leuchtröhre im Raum an, gab den Weg frei.
Linus betrat den Heizungskeller und schloss die Tür hinter sich.
Dreiundzwanzig Uhr vierundvierzig
Tibor stierte auf die Metalltür des Aufzuges und schüttelte den
Kopf. Was hatte der Junge denn jetzt wieder vor? Sollte er abermals zu ihm
hinunterfahren? Konnte er ihn allein lassen? Was sollte schon passieren. Linus
war fünfzehn. In diesem Alter hatte Tibor ganz andere Abenteuer bestehen
müssen. Dagegen war der Keller von Haus Sonnenhügel der reinste Spielplatz. Und
falls sich dort unten der junge Kerl von gestern versteckte? Na ja, so
gefährlich würde es schon nicht werden. Tibor hatte nicht mehr die Kraft,
irgendetwas zu unternehmen. Er war froh, wenn er es bis in sein Zimmer
schaffte.
Fünfter Stock. Die Metallwand glitt zur Seite. Tibor stieg aus,
schaute sich um und schlurfte zu seinem Schlafzimmer. Keine weiteren
Vorkommnisse.
Montag, den 22. Juni
Null Uhr sieben
Im Heizungsraum war es warm und stickig. Riesige Tanks für das
Warmwasser füllten den Raum bis fast unter die Decke aus. Die Anlage brummte
und gluckerte vor sich hin. In der einzigen freien Ecke gleich neben der Tür
hatte sich Florian ein Lager gemacht. Einige Wolldecken mit dem Emblem von Haus
Sonnenhügel lagen verdreckt auf dem Betonboden. Die aufgerissene Chips-Tüte
schien schon leer zu sein. Im Plastikgerippe der Sixpack-Halterung steckten
noch zwei Dosen Bier. Florian schmiss sich auf die schmuddelige Unterlage und
hielt Linus eine Bierdose hin. Der nahm sie und ließ sich langsam nieder.
»Okay.« Das »Danke« der jungen Generation.
Die beiden tranken und schauten sich prüfend über den Aluminiumrand
der Dosen hinweg an.
»Schön hast du’s hier.«
Florian verzog breit grinsend den Mund. »Echt chillomillo.«
Linus nickte anerkennend. Trank. »Und jetzt ohne Schmarrn. Was
machst du hier?«
»Geht dich doch nichts an, Mann.«
»Na ja.«
»Also.«
Sie nahmen beide einen Schluck. Florian entspannte sich.
So schnell wollte Linus allerdings nicht aufgeben. Irgendwie musste
er das Gespräch am Laufen halten. »Hast du was zum Rauchen?«
»Was willst denn damit sagen, he?« Sofort war der andere wieder auf
hundertachtzig.
»Chill mal. Was hast denn für ein Problem? Ich hab dich doch nur
gefragt, ob du was zum Rauchen hast. Ist das verboten?«
Florian stierte auf die fleckige Decke. Linus schaute ihn
nachdenklich an. Da ging ihm ein Licht auf.
»Du warst beim Lucki dabei, als die Bullen gekommen sind. Oder?« Da
der andere ihn wütend anblickte, redete er weiter. Er war auf der richtigen
Spur. »Dich ham’s nicht erwischt. Der Tobi hat so was gemeint. Aber er wollt
nicht rauslassen, wer das war.«
»Ja und, hast was dagegen, Spießer?« Florian schob seine Unterlippe
grimmig nach vorne und funkelte ihn provozierend an.
»Eh ned.« Linus hatte sich am »Spießer« erschrocken. Er rückte etwas
ab.
»Was saftest dann rum?« Der Junge zerdrückte die leere Bierdose und
pfefferte sie unter einen Heizungskessel. Sie klackerte über den Boden, schlug
ein paarmal gegen das Metall und blieb endlich still liegen.
Auch die zwei schwiegen eine ganze Weile. Da fiel Linus etwas auf:
»Warum versteckst dich überhaupt, wenn keiner weiß, dass du dabei warst? Ist
doch Schwachsinn.«
Florian schnellte vor und setzte zu einer weiteren bissigen
Bemerkung an. Diesmal dachte er aber flotter, ehe er den Mund aufmachte. Er
hielt inne. Ließ sich an die Wand zurückfallen, an der er sich angelehnt hatte.
»Wollt erst warten, ob das auch so bleibt«, war die magere
Gegenwehr, die ihm dazu einfiel.
»Na, dann kannst ja jetzt rauskommen.«
Florian kratzte gedankenverloren einen Pickel an seinem Kinn auf und
steckte sich die tote Hautschicht in den Mund. Angeekelt wandte Linus seinen
Blick ab.
»Mhm.«
»Sicher. Wenn sie bis jetzt dichtgehalten haben. Waren denn die
Bullen bei dir zu Haus und haben dich gesucht?«
»Na. Des hätt der Wolfi mir gesimst. Mein Bruder.«
»Ja dann …«
Florian lächelte Linus schief an. »Vielleicht hast recht.«
»Bestimmt.« Linus gähnte und schaute auf seine Uhr. Es war halb
eins. Jetzt musste er eine Mütze Schlaf kriegen.
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