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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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meine alte – izé – alte Leberentzündung sein, die sich wieder macht
bemerkbar.«
    »Sie haben eine Leberentzündung?«
    »Ja, seit der Flucht damals sechsundfünfzig. Hatte mir verletzt und
im Lager hatten sie wohl nicht genug – izé – wie
heißt das? – izé – sterile Instrumente. Da ist es
dann passiert. Hepatitis C.« Er winkte ab. »Aber sprechen wir nicht mehr
davon.«
    »Du bist ja aus einem anderen Grund hier, Béla. Nun kannst du gleich
selbst mit ihr reden«, schaltet sich mein Vater ein. Er hatte nicht sein
freundlichstes Gesicht aufgesetzt. Anscheinend passte ihm etwas nicht an dem,
was jetzt kam. Nun war ich aber gespannt.
    Herr Szabó kratzte sich am Unterarm. Ich sah, dass er das wohl öfter
machte, denn manche Fahrer hatten sich schon entzündet.
    Ich deutete auf die roten Striche. »Das müssen Sie sich von Schwester
Marion verbinden lassen! Das schaut nicht gut aus«, sagte ich besorgt.
    »Ja, Schwester Marion.« Er blickte unschlüssig zu meinem Vater.
Dieser zog seine Stirn in Unmutsfalten. Szabó ließ sich davon aber nicht
abhalten. »Das ist meine kleinste Problem. Also es ist so: Ich meine, dass die
Schwester mir – izé – mir Tabletten gibt.«
    Mein Vater stieß einen verärgerten Schnaufer aus. Ich hatte es noch
nicht kapiert.
    »Aha. Das ist ja auch ihre Aufgabe.« Ich schaute von einem zum
anderen. Keine Ahnung, was hier los war.
    » Biztos . Aber sie gibt mir auch welche,
die der Doktor nicht – izé – nicht verordnet hat.«
    Mein Vater mit lauter Stimme. »Das denkst du!«
    »Úgy van, Tibikém!«
    »Um was für Tabletten handelt es sich denn?«
    »Es sind so kleine gelbe mit eine – izé –
eine Aufdruck.«
    »Können Sie mir die zeigen?«
    » Biztos, Szabóné . Ich hab welche
gesammelt. Gehen wir in meine Zimmer.« Ich warf meinem Vater einen
entschuldigenden Blick zu. Er sah ihn jedoch nicht, weil er missmutig aus dem
Fenster blickte. Neugierig folgte ich Herrn Szabó. Als wir schon fast aus der
Tür waren, rief Tibor mir noch hinterher: »Aber komm wieder, ich muss dir
einiges erzählen!«
    »Muss ich mir Sorgen machen?« Diese Dringlichkeit verunsicherte
mich.
    »Nein, nein.« Er winkte ab. Mich hatte er allerdings nicht beruhigt.
    Szabó rollte mit neuem Elan den Gang entlang. Am Schwesternzimmer
vorbei. Schwester Marion schaute uns nach. Ich verzog keine Miene.
    In seinem Zimmer angekommen, wollte ich am liebsten sogleich das
Fenster aufreißen. Die Luft hier drin hätte dringend einen Austausch gebraucht.
Aber das erschien mir zu unhöflich, so gut kannten wir uns doch nicht.
    »Hier müssen irgendwo sein.« Er kramte in der Kommodenschublade. Ich
schaute mich in seinem Zimmer um. Aufräumen wäre auch mal wieder angesagt
gewesen. Eine typische Junggesellenbude.
    »Itt van!« Damit ließ er mir triumphierend
drei kleine Tabletten in die aufgehaltene Hand kullern. Für mich sahen sie ganz
normal aus, aber es kam ja auf die Inhaltsstoffe an.
    »Und warum meinen Sie, dass Sie die eigentlich gar nicht nehmen
sollten?«
    »Weil der Doktor sie nicht – izé – nicht
verordnet hat für mich.«
    »Nun, weshalb fragen wir nicht einfach Schwester Marion?«
    » Nem , nem , das
hab ich schon. Sie sagt: ›Das sind Ihre Tabletten, Herr Szabó.‹ Mehr nicht.« Er
legte seine Hand auf meinen Arm und beugte sich zu mir. »Ich will, Szabóné , dass du zu deine Ehemann gehst und die – izé – Tabletten zeigst. Er soll sagen, für was die sind.
Dann wissen wir.«
    »Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass mein Mann das weiß.« Ich
schaute in sein verknittertes Koboldgesicht. »Aber versuchen werde ich es.« Da
nahm er meinen Kopf in seine knorrigen Hände, zog ihn so schnell und kräftig,
dass ich mich gar nicht dagegen wehren konnte, zu sich hinunter und drückte mir
zwei feuchte Küsse auf die Wangen. » Köszönöm szépen,
Szabóné. Das ist alles, was ich möchte!«
    Ich richtete mich geschwind auf. »Dann werde ich mal wieder gehen.
Machen Sie es gut, Herr Szabó, und schonen Sie sich.«
    Gerade als ich meine Hand auf die Türklinke legte, wurde sie nach
einem lauten Klopfen schwungvoll nach unten gedrückt. Ich musste flott von der
Tür wegspringen, sonst hätte sie mich erwischt. Frau Kommissarin Langenscheidt
mit ihrem Braun platzte herein.
    »Pardon. Frau Schneider. Warten Sie doch bitte draußen.«
    Ich schaute sie verdutzt an. »Ich wollte sowieso gerade gehen.« Die
Tabletten fest in meiner Faust verstaut, schloss ich die Tür hinter mir. Und
verharrte.

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