Unheil
abgehackt wirkenden
Bewegung um, verlieà den Wagen auf dem gleichen Weg, auf dem er gekommen war,
und warf die Tür unnötig laut hinter sich ins Schloss. Nur einen Augenblick
später hörten sie, wie er gegen die Fahrertür klopfte und der Motor angelassen
wurde.
»Keine Sirene«, seufzte Conny, als sich der Wagen in Bewegung
setzte. »Schade.«
Trausch sah sie einen Atemzug lang mit undeutbarem Ausdruck an,
stand dann auf und nahm auf der unbequemen Notbank auf der anderen Seite Platz,
auf der Eichholz gerade noch gesessen hatte. »Halten Sie es wirklich für eine
gute Idee, ihn zu provozieren?«
Wenn schon nicht durch seinen plötzlichen Stimmungswechsel, so
fühlte sich Conny spätestens durch diese Frage irgendwie ⦠verraten. »Halten Sie es für klug, ihn zu belügen?«, gab sie in weit
spröderem Ton als beabsichtigt zurück.
»Belügen?« Trausch legte fragend den Kopf auf die Seite.
»Hören Sie auf!«, fauchte Conny. »Wir sind allein. Niemand hört uns
zu ⦠es sei denn, Sie sind verwanzt oder haben ein Aufnahmegerät in der Tasche.«
Trausch machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten,
wofür Conny ihm im Stillen dankbar war. »Regel Nummer eins für professionelle
Lügner: Wenn Sie lügen, dann glauben Sie an das, was
Sie sagen. Sie müssen selbst davon überzeugt sein. Nur so können Sie auch alle
anderen überzeugen. Ich dachte, Sie wüssten das.«
»Er wird es herausfinden«, beharrte Conny, ohne auf seine Worte
einzugehen. Möglicherweise hätte sie sonst zugeben müssen, dass er recht hatte.
»Warum zum Teufel sollte ich nicht sagen, was wirklich passiert ist?«
»Damit Eichholz erfährt, dass dieser Milchbubi mich niedergeschlagen
hat und ich hilflos auf den Rücken gelegen habe, während Sie ganz allein die
bösen Jungs fertiggemacht haben?«, erwiderte Trausch mit übertrieben gespielter
Verblüffung. »He, wo kommen wir denn da hin? Ich bin ein Mann! Ich will den
ganzen Ruhm allein einheimsen!«
Conny blieb ernst. »Diese beiden Jungen sind tot! Es waren noch
halbe Kinder! Warum nehmen Sie die Verantwortung für ihren Tod allein auf
sich?«
»Möchten Sie Eichholz erklären, wie Sie ganz allein mit diesen
beiden Kerlen fertig geworden sind?«, antwortete Trausch. »Verdammt, ich bin
ganz bestimmt kein Schwächling, aber der Kerl hat mich niedergeschlagen, als
wäre ich ein Schulkind! Und Sie haben sie beide fertiggemacht! Möchten Sie das Eichholz erklären?«
Nein, das wollte sie nicht. Sie hatte es ja nicht einmal ihm erklärt ⦠und wie konnte sie auch?
»Nein«, gestand sie leise.
»Sehen Sie«, sagte Trausch. »Und selbst wenn Sie es könnten, wäre es
vermutlich nicht besonders clever. Nicht in Ihrer Situation.«
»In meiner Situation?«
»Sylvia war ihre Freundin«, erinnerte Trausch. »Eine gute Freundin.«
»So gut nun auch wieder nicht«, begann Conny, aber Trausch sprach
völlig unbeeindruckt weiter: »Sie kennen sich seit mehr als zwanzig Jahren. Vor
ein paar Wochen hat Aisler ihre Tochter umgebracht. Derselbe Aisler, den Sie zur Strecke gebracht haben. Und jetzt tauchen zwei
durchgeknallte Gruftis auf, die sich aus irgendeinem Grund für seine Jünger
oder Erben oder was weià ich halten, und töten auch noch Ihre Freundin, auf
bestialische Weise und vor ihren Augen ⦠und Sie erledigen die beiden. In
Notwehr, gut, aber glauben Sie wirklich, dieses kleine Detail interessiert
irgendjemanden?« Er beantwortete seine eigene Frage mit einem Kopfschütteln und
einem abfälligen Schnauben. »Ganz bestimmt nicht!«
Sie stimmte ihm niedergeschlagen in Gedanken zu. Aber wieso hatte er
sie eigentlich bisher mit keinem einzigen Wort gefragt, was wirklich passiert war?
Conny sah ihn einen Augenblick lang ausdruckslos an und hob dann die
Schultern. Was sollte sie ihm antworten? Die Wahrheit? Lächerlich. »Es ging
alles einfach ⦠zu schnell. Aber es war nicht ganz so dramatisch, wie Sie
vielleicht glauben.«
»Ich glaube gar nichts«, antwortete Trausch. »Ich frage .«
»Wahrscheinlich habe ich nur Glück gehabt«, antwortete Conny. Sie
wich seinem Blick aus. »Mit dem Kerl, den Sie angeschossen haben, habe ich
nichts zu tun. Er ist einfach zusammengebrochen. Vielleicht hat er sich zu
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