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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Unglauben und kaltem Entsetzen, wie sie ihm nachsetzte, mit einem
einzigen, gewaltigen Sprung neben ihm war und die Hand in sein langes Haar
krallte, um ihn derb herumzuzerren. Frank wimmerte. Sein zerschnittenes Gesicht
war endgültig zu einer Fratze geworden, nur dass es jetzt eine Grimasse der
Furcht war, grenzenloser, nackter Panik, beherrscht von Augen, die schwarz vor
Angst waren, und in denen das Wissen um den bevorstehenden Tod stand, und eine
grenzenlose Furcht davor.
    Diese Furcht entzückte Conny.
    Sie schlug ihm den Handrücken quer über das Gesicht, und die Wunden,
die Vlads Degen ihm zugefügt hatten, platzten weiter auf. Mehr süße Furcht
erschien in seinen Augen, mehr Blut lief über seine Wangen und sein Kinn,
besudelte seine Kleider und Connys Hand, und es war diese Berührung, diese
lebendige Wärme, der Geruch, der endgültig und alles
änderte. Die entsetzte Stimme in ihren Gedanken, die sie zurückzuhalten
versucht hatte, verstummte. Da war kein Unglauben mehr, kein Entsetzen vor
ihrem eigenen Tun, sondern nur noch Zorn. Sie wollte sein Blut. Sein Leben .
    Frank versuchte schützend die Hände vor das Gesicht zu heben, aber
Conny fegte seine Arme achtlos zur Seite und schlug noch einmal zu, diesmal mit
der geballten Faust und aller Kraft. Blut spritzte, und die Furcht des Jungen
explodierte zu etwas, das sie mit der Gewalt eines Orgasmus durchfuhr und jeden
einzelnen Nerv in ihrem Leib in Brand zu setzen schien. Alles verschwamm vor
ihren Augen in einem rötlichen Meer. Da war plötzlich eine Stimme, die ihren
Namen schrie, vielleicht die Vlads oder eines der Mädchen, vielleicht ihre
eigene, aber das spielte keine Rolle mehr. Nichts war wichtig, außer seinem
Blut, dem Leben, das sie aus ihm herausreißen und sich aneignen wollte.
    Frank sank mit einem würgenden Laut auf die Knie und krümmte sich,
und Conny riss seinen Kopf in den Nacken und schmetterte ihm das Knie ins
Gesicht. Sie spürte, wie irgendetwas in seinem Schädel zerbrach. Frank kippte
nach hinten, riss die Arme hoch und begann mit plötzlich heller, winselnder
Kinderstimme zu weinen. Conny setzte nach, trat ihm in die Seite und hörte mit
grimmiger Befriedigung ein Geräusch, das sich wie das Brechen eines trockenen
Zweiges anhörte. Weinend wälzte sich der Junge auf die Seite, zog die Beine an
den Leib und verbarg das blutende Gesicht zwischen den Armen, und Conny trat
noch einmal zu und brach ihm eine weitere Rippe, vielleicht zwei, riss ihn dann
brutal an den Haaren in die Höhe und holte mit der freien Hand zu einem noch
härteren Schlag aus. Ihre versteiften Finger zielten auf seinen Adamsapfel.
    Â»Aufhören!«
    Dann würden seine Augen an der Reihe sein. Conny würde ihm die
Finger in die Augen rammen, sie herausreißen und in blutige Höhlen verwandeln,
ihm Schmerz zufügen, denselben Schmerz, den er ihr
zugedacht hatte, nur hundertmal schlimmer, hundertmal süßer, und eine übermenschlich starke Hand packte ihren Arm und stieß sie gleichzeitig
so heftig herum, dass sie strauchelte und auf die Knie fiel. Es tat weh, und da
war plötzlich ein Schatten, riesig und drohend, der sich zwischen sie und den
gestürzten Jungen schob und ihn mit seinem eigenen Körper beschützte. Vlad.
Egal. Conny sprang hoch, versuchte ihn wegzustoßen und wieder nach Frank zu
treten, und diesmal stieß Vlad sie nicht einfach weg, sondern versetzte ihr
eine Ohrfeige, die sie gleich mehrere Schritte zurückstolpern ließ.
    Â»Aufhören, habe ich gesagt!«, fauchte er. »Sind Sie verrückt
geworden? Der Junge hat längst genug! Wollen Sie ihn umbringen?« Sein Gesicht
loderte vor Zorn, und seine gewaltigen schwarzen Schwingen flatterten erregt,
zu reiner Drohung geronnene Schwärze, die den unterirdischen Dom von einem Ende
zum anderen auszufüllen schien. Aber etwas stimmte damit nicht. Irgendetwas war … nicht
so, wie es sein sollte.
    Â»Conny! Hören Sie mich?«
    Conny blinzelte ein paarmal, hob benommen die Hand ans Gesicht und
registrierte erst jetzt, wie fest er zugeschlagen haben musste: Ihre Wange
brannte wie Feuer, und ihr Kiefer tat weh. Vlad starrte sie noch immer aus
brennenden Augen an. Seine gewaltigen Fledermausschwingen bewegten sich
unruhig, und der Degen in seiner Hand deutete abwechselnd auf sie und das
wimmernde Bündel am Boden, das er nach wie vor mit seinem eigenen

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