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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Körper
beschützte.
    Dann, von einem Sekundenbruchteil auf den anderen, fiel sie in die
Wirklichkeit zurück. Vlads Fledermausschwingen schrumpften zu einem schäbigen
Trenchcoat zusammen, der Degen verwandelte sich in etwas Kleineres und
Tödlicheres, und aus Vlads Antlitz wurde ein anderes, viel vertrauteres, aber
nicht weniger besorgtes Gesicht.
    Â»Ist alles wieder in Ordnung?«, fragte Trausch.
    Conny wollte antworten, aber ihre Stimme versagte. Sie fand sogar
noch die Zeit für den Gedanken, dass das ja wohl die dämlichste Frage war, die
sie seit langer Zeit gehört hatte, dann versagten ihre Knie und den Bruchteil
einer Sekunde später auch ihr Bewusstsein.
    Alles wurde schwarz.

Kapitel 17
    Später.
Conny wusste nicht, wie spät. Draußen, vor den bis auf schmale Schlitze
geschlossen Jalousien, war die Sonne untergegangen, aber sie wusste nicht,
wann, ob vor einer Stunde oder zwei oder erst vor wenigen Minuten, und es
spielte auch keine Rolle; nicht in jener finsteren Ecke des Universums, in die
sie gestürzt war und aus der sie vielleicht nie wieder herausfinden würde. Man
hatte ihr Fragen gestellt, und sie erinnerte sich an blitzende Lichter und das
Wimmern zahlloser Sirenen, an Uniformen und Stimmen und noch mehr Fragen, die
sie vielleicht beantwortet hatte, vielleicht nicht; es interessierte sie nicht.
    Eichholz räusperte sich übertrieben, um ihre Aufmerksamkeit zu
erwecken – zum zweiten oder dritten Mal –, und Conny wandte vorsichtig den Kopf
und sah zuerst ihn, dann Trausch, dann wieder Eichholz an. Es war wie eine
getreuliche Wiederholung der Szene vom Anfang. Dieselbe Besatzung, dachte sie
matt, sogar dasselbe Zimmer und dieselbe Armesünderbank, auf die man sie
gesetzt hatte. Nichts hatte sich verändert.
    Außer ihr.
    Eichholz räusperte sich noch einmal und zwang ein dünnes Lächeln auf
seine Lippen. »Also, ich fasse zusammen«, sagte er. Conny fragte sich, was er
damit wohl meinte. Erst dann erinnerte sie sich wieder, dass sie schon eine
geraume Weile hier saßen und redeten. Sie erinnerte sich nicht, worüber.
Wahrscheinlich hatte ohnehin nur Eichholz geredet, und Trausch und sie hatten
zugehört. Oder wenigstens Trausch. »Sie lehnen es nach wie vor ab, ins
Krankenhaus gebracht zu werden, und sie möchten auch sonst keinerlei ärztliche
Hilfe, obwohl ich Sie ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass Sie diese
Entscheidung auf eigenes Risiko treffen.«
    Neben ihm blinzelte ein winziges rotes Auge im Rhythmus seiner
Worte. Er zeichnete das Gespräch auf; selbstverständlich. Nicht aus Misstrauen – natürlich nicht –, sondern nur zu ihrem eigenen Schutz. Man konnte ja nie
wissen. Wahrscheinlich, dachte sie spöttisch, ließ er sich auch eine Verzichtserklärung
unterschreiben, bevor er mit seiner Frau schlief, und zeichnete die ganze Show
vorsichtshalber auch noch auf Video auf, damit ihm hinterher niemand vorwerfen
konnte, er hätte irgendetwas falsch gemacht. Conny versuchte sich allerdings
vergebens zu erinnern, wann er das letzte Mal irgendetwas richtig gemacht hatte. Diesmal ließ sie ganz bewusst zwei oder drei Sekunden
verstreichen, bevor sie nickte. Mal sehen, wie sein geliebter Digitalrekorder das aufzeichnete.
    Â Â»Nur der Ordnung halber und
mit Kommissar Trausch als Zeugen«, fuhr Eichholz ungerührt fort, »Sie fühlen
sich also in der Lage, meine Fragen zu beantworten?«
    Conny reagierte auch darauf nur mit einem wortlosen Nicken und einem
Blick, der geradewegs durch Eichholz hindurch ins Leere ging, und Trausch
schien plötzlich alle Mühe zu haben, ein schadenfrohes Grinsen zu unterdrücken.
Als er allerdings sprach, klang seine Stimme kein bisschen amüsiert, sondern
sehr ernst und entschieden.
    Â»Ich bezweifle, dass Frau Feisst in der Lage ist, irgendwelche
Fragen zu beantworten«, sagte er betont. »Meiner Meinung nach steht sie unter
Schock. Ich schlage vor, die Befragung auf morgen zu verlegen.«
    Eichholz schenkte ihm einen bösen Blick, beließ es darüber hinaus
aber bei einem Schulterzucken und zog eine halb volle Packung aus der Tasche,
um ihr eine Zigarette anzubieten. Conny lehnte mit einem stummen Kopfschütteln
ab.
    Â»Ich habe Ihren Einwand zur Kenntnis genommen, Herr Trausch«, sagte
er ruhig. »Und glauben Sie mir, nichts wäre mir lieber, als Ihrem Wunsch
nachzukommen und Frau Feisst ein bisschen von der

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