Unheil
sich so schnell, dass seine Bewegungen
zu einem flieÃenden Tanz zu werden schienen, denen das bloÃe Auge kaum noch zu
folgen vermochte, doch was seinem Gegner an Geschick und Eleganz fehlte, machte
er durch Rücksichtslosigkeit und Brutalität wieder wett. Vlad wurde langsam,
aber unerbittlich zurückgedrängt, und wenn es Aisler erst einmal gelungen war,
ihn in die Enge zu treiben, dann würden ihm auch seine Schnelligkeit und
Beweglichkeit nichts mehr nutzen. Ein weiteres Leben, dachte Conny bitter, das
durch ihre Schuld in Gefahr geriet und möglicherweise ausgelöscht wurde.
Mirjam reagierte mit Verspätung auf ihren warnenden Schrei, machte
einen stolpernden Schritt zur Seite und verlor das Gleichgewicht, sodass Conny
sie gerade noch auffangen konnte, bevor sie fallen und sich möglicherweise auf
dem mit Schutt und scharfkantigen Trümmern übersäten Boden verletzte. Ihr
Aufprall brachte die Ermittlerin um ein Haar selbst aus dem Gleichgewicht.
Irgendwie blieb sie nicht nur auf den Beinen, sondern bewahrte auch Mirjam vor
einem üblen Sturz, aber weitere, kostbare Zeit war verloren, und als wäre das alles
noch nicht schlimm genug, ging Tess einfach weiter, wie ein Aufziehspielzeug,
das man in eine bestimmte Richtung losgelassen hatte. Conny zerbiss einen Fluch
auf den Lippen, torkelte hinter dem Mädchen her, so schnell sie konnte, und
schlang sich Mirjams Arm um die Schulter. Hinter ihnen steigerten sich die
Schreie des verletzten Jungen zu einem schrillen Kreischen, das kaum noch wie
etwas klang, das aus einer menschlichen Kehle stammte, aber auch die
Kampfgeräusche wurden lauter. Sie glaubte nicht, dass Vlad sich noch lange
halten würde. Wie sollte er auch einen Feind überwinden, der nicht zu töten
war?
All diese irrationalen Ãberlegungen hinderten sie nicht daran, unter
Mirjams Last ächzend, hinter Tess herzustolpern und sie nach ein paar mühsamen
Schritten zurückzureiÃen; vielleicht in letzter Sekunde. Der bleiche Schein der
Taschenlampe reichte nicht mehr bis hierher, doch sie spürte einfach, dass da
irgendetwas GroÃes und Gefährliches in der Dunkelheit vor ihnen lauerte.
»Wo bist du, du verdammte Schlampe?«, kreischte Franks Stimme
irgendwo in der Dunkelheit hinter ihnen. »Lauft ruhig davon! Ich krieg euch
trotzdem! Ihr entkommt mir nicht!«
Ein Krachen. Das Geräusch von brutalem Eisen auf scharf
geschliffenem, zerbrechlichem Stahl, und dann das ReiÃen von Stoff und ein
keuchender Schmerzenslaut. Conny erlaubte sich nicht, auch nur zurückzusehen,
aber sie vergaà auch noch ihre letzten Hemmungen, krallte die Finger in Tessâ
Schulter und zerrte sie grob herum, ganz egal wohin, nur fort von diesen schrecklichen
Geräuschen und dem flackernden Licht, das mehr denn je zu ihrem Feind geworden
war.
»Lauf ruhig davon!«, kreischte der verletzte Junge hinter ihr. »Du
entkommst mir nicht! Ich krieg dich!«
Was vermutlich stimmte, wenn kein Wunder geschah und sie nicht in
den nächsten paar Minuten hier herausfand. Nahezu verschluckt von Franks
Geschrei und dem immer noch anhaltenden Kreischen seines Freundes hörte Conny
weiter die Geräusche eines verbissenen Kampfes, aber ihr war auch klar, dass es
letzten Endes nur eine Frage der Zeit war, bis Vlad dieses ungleiche Duell
verlor. Halb blind vor Angst und wachsender Verzweiflung stolperte sie weiter,
prallte gegen ein Hindernis und lieà Tessâ Schulter los, um sich mit klopfendem
Herzen umzusehen. Irgendwo hinter ihnen war ein hin- und herrollendes Licht;
die Taschenlampe, die sich aus irgendeinem Grund immer noch bewegte und
tanzende Schatten und unheimliche Formen aus der Dunkelheit riss, doch alles
andere ringsum bestand aus Schwärze und verschwommenen grauen Schemen, die
alles oder auch nichts bedeuten konnten. Verzweifelt versuchte sie sich zu
erinnern, aus welcher Richtung sie gekommen war und wie lange sie gebraucht
hatte, aber ihr Kopf war mit einem Male wie leer gefegt. Sie konnte nur hoffen,
in die richtige Richtung zu gehen und nicht noch tiefer in dieses unterirdische
Labyrinth hinein.
Aber das Wunder geschah: Beinahe eher, als sie zu hoffen gewagt
hatte, fand sie die Treppe wieder und stolperte hinauf, doch natürlich lieÃ
sich das Schicksal diese kleine GroÃzügigkeit umso teurer bezahlen. Auf der
Hälfte der Treppe kam Tess zu dem Entschluss, dass es genug sei, und riss sich
so plötzlich los, dass
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