Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
– für
Connys an Fertiggerichte und Pizza gewohnte Geschmacksnerven ein wahres
Festmahl, bei dessen bloßem Geruch ihr schon das Wasser im Mund zusammenlief.
Ihr Magen tat ein Übriges und knurrte ein paarmal hörbar, was ihr ziemlich
peinlich war, von Trausch aber nur mit einem fast väterlichen Grinsen
kommentiert wurde.
    Darüber hinaus ließ er sich nicht im Geringsten aus der Ruhe
bringen, sondern hantierte mit der Gewissenhaftigkeit und Geduld eines
Virtuosen mit Töpfen, Pfannen und Messern, und das mit sichtlichem Spaß. Conny
bereitete es mindestens ebenso großes Vergnügen, ihm dabei zuzusehen;
vielleicht, weil sie zum ersten Mal das Gefühl hatte, Trausch bei etwas zu
beobachten, das ihm wirklich Vergnügen bereitete.
Natürlich tat er alles, was er tat, mit der ihm
eigenen Gewissenhaftigkeit und Präzision, aber das hier war … etwas anderes. Sie
redeten und scherzten die ganze Zeit, belangloses Geplapper und Albernheiten
zumeist, die zumindest von ihrer Seite aus keinem anderen Zweck dienten, als
die Zeit totzuschlagen (und vielleicht die sonderbare Anspannung zu mildern,
die plötzlich wieder von ihr Besitz ergriffen hatte). Dabei blieben seine
Bewegungen präzise und sicher wie die eines Chirurgen. Obwohl ihm das wiederholte
Knurren ihres Magens klargemacht haben musste, wie hungrig sie war, ließ er
sich nicht im Geringsten hetzen und zauberte aus Dingen, von denen Conny nicht
einmal gewusst hatte, dass man sie essen konnte, ein nicht nur köstlich
duftendes, sondern auch beeindruckend aussehendes Drei-Gänge-Menü, bei dem sie
schließlich eine halbe Stunde vor Mitternacht zusammensaßen.
    Conny war kurz zuvor noch einmal ins Bad gegangen, um sich frisch zu
machen, und als sie – nach deutlich weniger als drei Minuten – zurückgekommen
war, hatte sie ernsthaft zu argwöhnen begonnen, dass Trausch irgendwo in diesem
riesigen Haus eine Kolonie Heinzelmännchen beherbergte: Der kleine Tisch im
Studio, an dem sie vorhin Kaffee getrunken hatten, war jetzt festlich gedeckt.
Kerzen brannten, und er hatte eine Flasche Wein – dunkelrot wie Blut und so
schwer, dass sein Bouquet das ganze Zimmer erfüllte und sogar den
allgegenwärtigen Farbgeruch überdeckte, aber ohne Etikett – geöffnet und
bereits zwei Gläser eingeschenkt. Irgendwie, fand sie, empfing er sie mit einem
sonderbaren Blick.
    Â»Es ist angerichtet, Mylady«, sagte er nicht nur lächelnd, sondern
war sogar Gentleman genug, aufzustehen und um den kleinen Tisch herumzueilen,
um ihr den Stuhl zurückzuziehen. Er setzte sich erst wieder, nachdem sie Platz
genommen und ihm ebenso spöttisch wie gönnerhaft zugenickt hatte.
    Â»Lassen Sie es sich schmecken.« Trausch griff nach seinem Weinglas,
prostete ihr zu und nippte vorsichtig an der dunkelroten Flüssigkeit, und Conny
tat – sehr behutsam – dasselbe. Einen Moment später verstand sie, warum er nur
einen so winzigen Schluck genommen hatte. Sie war ungefähr so weit davon
entfernt, eine Weinkennerin zu sein wie Eichholz von einem netten Menschen,
doch sie konnte zumindest sagen, dass sie noch niemals zuvor auch nur etwas Ähnliches getrunken hatte. Der Wein schmeckte so schwer,
wie er aussah, und hatte eine schon fast sirupartige Konsistenz, ein wenig
bitter, aber fruchtig. Und sie konnte spüren, wie stark er war.
    Behutsam stellte sie das Glas wieder ab und wurde sich erst dann der
sehr aufmerksamen Blicke bewusst, mit denen Trausch sie maß.
    Â»Schmeckt er Ihnen?«
    Â»Ja«, antwortete Conny impulsiv. »Köstlich.« Dann lächelte sie
leicht verlegen. »Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. Ich bin keine
Weinkennerin.«
    Â»Das muss man auch nicht sein, um zu wissen, ob einem etwas schmeckt
oder nicht«, antwortete Trausch lächelnd. »Ich verstehe auch nichts davon.«
    Conny maß die unbeschriftete, sichtlich alte Flasche mit einem
zweifelnden Blick, während Trausch nur den Kopf schüttelte.
    Â»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was das ist«, behauptete er.
»Ich habe das Zeug zusammen mit dem Haus geerbt. Der ganze Keller ist voll
davon. Alles, was ich weiß, ist, dass man sich damit nach Herzenslust betrinken
kann, ohne Angst vor Kopfschmerzen und einem Kater am nächsten Morgen haben zu
müssen.«
    Â»Dann muss es ein guter Wein sein«, vermutete Conny. »Sie sollten
ihn schätzen lassen. Wer weiß,

Weitere Kostenlose Bücher