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Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Titel: Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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herum, Würfel und Walzen und abgeplattete Kugeln, männlich-leger angeordnet.
    Sonnenblume sagte: Am besten setzen wir uns erst mal.
    Aber da sah ich zur Seitenwand, und die schien aus dickem Glas zu sein, aus bemaltem oder glaskünstlerisch gestaltetem Glas. Hinter ihr wurde anscheinend auf eine raffiniert plastische Art etwas Chemisch-Experimentelles dargestellt. Eine Versuchsanlage sollte das vielleicht sein mit gläsernen Kugeln, Kolben, Schlangen und Kochern, in denen farbige Brühen brodelten, stagnierten oder sanft wellten. Die Farben erinnerten mich an die farblichen Überraschungen, die Alberna mir immer bereitet hatte. Da kochte auch was Fuchsienrotes und was Si l bertürkisenes, aber ein Gelb war zum Beispiel dabei, dessen Leuchtkraft übertraf alle Alberna-Erinnerungen.
    Ich sagte anerkennend zu Sonnenblume, eine bildende Kunst haben Sie hier oben auch. Natürlich war es nicht der letzte Schrei. Wir hatten solche beweglichen Darstellungen eines Naturprozesses, solche lebe n den Bilder mit dynamisch-transparenten Vorgängen schon öfter gehabt.
    Es war immer mal wieder modern geworden, eine chemische Formel dynamisch-transparent darzustellen. Die irdische Kunst war dabei sogar so weit gekommen, daß sie die Vorgänge in den Molekülen durchleuc h tete und ganze Häuserwände mit transparent-molekular-dynamischer Ornamentalik versah. Eine Zeitlang verzichtete sie überhaupt auf die Einbeziehung von Menschen. Der Mensch innerhalb solcher Vorgänge wurde allgemein als kitschig bezeichnet. Der Mensch, so lernten wir es noch in der Schule, hat dabei überhaupt nichts zu suchen, denn wo sah man in der Wirklichkeit bei solchen automatisierten Naturvorgängen ein menschliches Individuum? Aber kurz bevor wir abflogen, war es modern geworden, ganz unmotiviert und überhaupt nicht der Wirklic h keit entsprechend Menschen in die Vorgänge einzumontieren. Zum Beispiel Filmstücke von welchen, die sich neben diesen molekularen Geschehnissen küßten, auch Leute, die in farbigen Wassern plantschten oder in Zeppelinen flogen oder in einer Raumkapsel ein Stück Käse aus der Assiette pellten. Kurz bevor ich abflog, lernte mein kleiner Bruder in der Schule, daß es Kitsch wäre, einen Naturvorgang ohne Menschen darzustellen.
    Nun sah ich, diese neue Richtung kannten die auf Omega elf auch schon. Ich entdeckte plötzlich zwei künstlerische Darstellungen von Menschen, in Farbe. Erst dachte ich, es wären einfache ornamentale Menschengestalten, Abziehbilder gewissermaßen, dann schienen es mobilornamentale Figuren auf Filmbasis zu sein, aber dann merkte ich, daß die Künstler es so weit getrieben hatten, und darin waren sie der Erde voraus, lebensechte oder sogar, wenn mich nicht alles täuschte, lebende Menschen in das Kunstgebilde einzubauen.
    Ich sagte zu Elektra, das ist doch wohl nicht möglich, daß sie hier Menschen in eine glaskünstlerische Darstellung sperren, um einen E f fekt zu erzielen. Wann essen denn diese Figuren? Wann erledigen sie ihre sonstigen Bedürfnisse? Was passiert, wenn sie krank werden, a l tern, sterben? Ich dachte, soweit sollte man die dynamische Darstellung von Naturvorgängen unter Einbeziehung des Menschen, wie es bei uns so schön hieß, nicht treiben. Das ging mir schon ins Makabre.
    Als Elektra verstört auf diese Darstellung blickte und kein Wort sagen konnte, fragte ich Sonnenblume, meinen Sie nicht auch, daß es ein bi ß chen unmenschlich ist, die zwei in ein Kunstwerk zu sperren?
    Sonnenblume sagte, es handelt sich nicht um Menschen. Und um ein Kunstwerk auch nicht. Sie sehen hier, liebes Ehepaar Erdenson, einen Arbeitsplatz jener Existenzen, die unseren Vorfahren damals mißlungen sind. Zwei sogenannte Prudenten. Sie arbeiten gerade, das heißt, arbe i ten würde ich es nicht nennen. Sie überwachen gelegentlich die Vo r gänge in den Apparaturen. Sonst sind sie hier auch nicht vordergründig vorhanden, aber da Sie den Wunsch äußerten, einige von ihnen ke n nenzulernen, haben sie sich hierherbemüht, allerdings mehr aus Ne u gier als aus Gefälligkeit. Das können Sie mir glauben. Da sind sie also. Sie dürfen sie jetzt genau betrachten. Wenn Sie wirklich die eine oder andere Frage an sie richten wollen, sagen Sie es mir.
    Ich wußte überhaupt nicht, wie ich mich nun verhalten sollte.
    Elektra ging es genauso.
    Wir können doch hier nicht die ganze Zeit sitzen und die beiden b e gutachten, sagte ich.
    Elektra sagte, ich glaube, sie begutachten uns. Merkst du nicht, wie sie uns

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