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Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay

Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay

Titel: Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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gleichermaßen echt und tief ist. Kurze Erzählungen wie »Avatar«, »Der Fuß der Mumie« und »Clarimonde« zeigen Bilder verbotener Anblicke, die verzaubern, quälen und manchmal Angst und Schrecken erwecken, während die ägyptischen Visionen, die in »Eine Nacht der Kleopatra« heraufbeschworen werden, von größter und expressivster Kraft zeugen. Gautier hat die innerste Seele eines von Äonen beschwerten Ägyptens mit seinem unterirdischen Leben und seiner zyklopischen Architektur eingefangen, und endgültigen Ausdruck hat er dem ewigen Grauen gegeben, das in Ägyptens Unterwelt der Katakomben herrscht, wo bis zum Ende aller Zeiten Millionen von starren, einbalsamierten Leichnamen mit glasigen Augen ins Schwarze aufstieren werden und einen furchteinflößenden und unaussprechlichen Ruf erwarten. Gustave Flaubert führte die Tradition Gautiers in Orgien poetischer Phantasie wie der VERSUCHUNG DES HEILIGEN ANTONIUS vortrefflich fort, und wäre da nicht seine starke realistische Ader gewesen, so hätte er womöglich zum Meisterschöpfer des ausgeschmückten Schreckens werden können.
    Später dann sehen wir, wie der Strom sich teilt: auf der einen Seite bringt er sonderbare Dichter und Phantasten der symbolischen und dekadenten Richtung hervor, deren düstre Interessen sich in Wirklichkeit auf die Abnormitäten des menschlichen Denkens und Fühlens konzentrieren und nicht auf das eigentlich Übernatürliche; und auf der anderen Seite subtile Erzähler, deren Reize ganz direkt von den nachtschwarzen Quellen kosmischer Unwirklichkeit stammen. In der erstgenannten Klasse jener »Künstler in Sünde« stellt der berühmte Dichter Baudelaire, stark von Poe beeinflusst, den überragenden Vertreter dar, während der psychologische Romancier Joris-Karl Huysmans, ein echtes Kind der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts, Summe und Finale in einem ist. Die andere Klasse, die rein erzählerisch tätig war, wird fortgeführt von Prosper Merimee, dessen VENUS VON ILLE in knapper und überzeugender Prosa dasselbe alte Thema der Statuen-Braut gestaltet, das schon Thomas Moore in »The Ring« in Balladenform gegossen hatte.
    Die Horrorerzählungen, die der kraftvolle und zynische Guy de Maupassant schrieb, als ihn der Wahnsinn endgültig übermannen wollte, bilden eine Klasse ganz eigenständiger Art; es sind eher die morbiden Ergießungen eines realistischen Geistes in pathologischem Zustand, als dass sie gesunde literarische Produkte einer Vision sind, die von Natur aus der Phantasie gegenüber offen und für die normalen Illusionen des Unsichtbaren empfänglich ist. Trotzdem sind sie in ihrer Trefflichkeit von brennendstem Interesse, deuten sie doch mit wunderbarer Kraft die drohende Gefahr namenlosen Schreckens an und schildern, wie ein unglückseliges Individuum unbarmherzig gehetzt wird von grässlichen und bedrohlichen Vertretern der schwarzen Mächte des Alls. Von diesen Erzählungen gilt DER HORLA gemeinhin als das Meisterwerk. Berichtet wird darin von der Ankunft eines unsichtbaren Wesens in Frankreich, das sich von Milch und Wasser nährt, in den Köpfen der Menschen einnistet und die Speerspitze einer Horde außerirdischer Organismen zu sein scheint, die auf die Erde gekommen sind, um sich die Menschheit Untertan zu machen; diese spannende Geschichte ist in ihrer Gattung vielleicht ohnegleichen, wenn sie auch in Einzelheiten der Beschreibung dessen, was die Anwesenheit des unsichtbaren Ungeheuers sich bemerkbar macht, sehr viel einer Erzählung des amerikanischen Autors Fitz-James O'Brien verdankt. Weitere Werke düsterer Kraft aus der Feder Maupassants sind »Wer weiß«, »Das Gespenst«, »Er«, »Tagebuch eines Wahnsinnigen«, »Der weiße Wolf«, AUF DEM WASSER und die grusligen Verse mit dem Titel »Horror«.
    Das Autorengespann Erckmann-Chatrian bereicherte die französische Literatur um viele gespenstische Phantasien, darunter etwa »Der Wolfsmann«; hier erfüllt sich ein vererbter Fluch in der Szenerie eines traditionellen gotischen Schlosses. Ihr Vermögen, eine schaudernde Mitternachtsatmosphäre zu erschaffen, war ungeheuer, trotz ihrer Neigung zu natürlichen Erklärungen und wissenschaftlichen Wundern. Nur wenige Geschichten enthalten größeres Grauen als »Das unsichtbare Auge«: ein böses, altes, hexenhaftes Weib wirkt des nachts an hypnotischen Zauberformeln, die einen Bann über die Bewohner eines gewissen Gasthauszimmers ausüben, so dass sie sich der Reihe nach am Fensterkreuz aufhängen. »Das

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