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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groff Conklin
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Blick zu. »Oh, nein.«
    »Sicher! Seit Jahrtausenden ausgestorben. Hier, eine andere Sorte.«
    Claire verliert die Übersicht. Da gibt es kupferhäutige, helle, gelbliche; einige nackt, andere in kunstvollen, durchwirkten Gewändern. Wie sie zwischen ihnen geht, fühlt sich Claire plötzlich titanenhaft, wie ein Muttertier zwischen ihrem Wurf. Ihr Interesse ist mit absurder, degradierender Zärtlichkeit gemischt.
    »Was ist ihnen passiert?«
    »Sie sind gestorben; alle!«
    Danach nimmt sie ein kleiner, kühler Raum auf, in dem nur ein Pult und zwei Stühle stehen. Die gewölbte Decke ist mit runden Abbildungen versehen, von denen jede in unterschiedlichen Mustern gegen einen farblosen Hintergrund flammt.
    »Sie sind nicht leicht zu verdauen, ich weiß«, sagt Benarra. »Wahrscheinlich halten Sie sie für Fälschungen.«
    »Nein.« Diese verrunzelten und doch so ausdrucksvollen Gesichter konnten nicht nachgebüdet sein. Irgendwo, irgendwann hatten sie gelebt.
    Der Gedanke läßt sie nicht mehr los. »Was war mit unseren Ahnen? Wie sahen die aus?«
    Benarra schaut sie ernst an. »Sie werden es nicht glauben wollen, das waren unsere Vorfahren.«
    »Diese – diese Absurditäten da drinnen?« Sie senkt trotzig den Kopf. »Aber Sie haben doch eben gesagt, sie wären alle gestorben.«
    »Das sind sie auch. Haben Sie geglaubt, daß unsere Rasse immer unsterblich war?«
    »Warum …« Sie ist vollkommen verwirrt.
    »Von uns – Unsterblichen ist niemand älter als höchstens zweitausend Jahre. Das ist nicht sehr viel … Was denken Sie?«
    »Aber wie hängt das alles zusammen? Wie ist es so gekommen?«
    »Es ist nicht gekommen. Wir taten es. Wir haben uns selbst erschaffen.« Er zeigt auf die Abbildungen über ihrem Kopf. »Wissen Sie, was das ist?«
    »Ich habe noch nie solche Entwürfe gesehen. Wären hübsche Stoffmuster.«
    Er lacht. »Ja, sie sind hübsch. Es sind vergrößerte Photographien von mikroskopisch kleinen Lebewesen. Sie gerieten in die Blutbahn, und die Leute starben meistens. Das hier ist die Beulenpest …« – blaue und purpurne Flecken, die sich mit größeren, rosa Scheibchen abwechseln. »Und das hier Tetanus.« – Blaue Stäbchen und rote Punkte. »Das hier Lepra« – dunkelblau gefärbte Rauten mit kleinen, roten Balken dahinter.
    »Was da wie ein Pfauenrad aussieht, ist ein parasitischer Pilz namens streptotrix actinomyces. »Das«, er deutet auf ein zartes, hellblaues Muster mit dunkelblauen Tupfen, ist ein besonders bösartiges Ödem.«
     
    *
     
    Sie ist entschlossen, ihren Ekel nicht zu zeigen. »Und was ist mit ihnen?«
    »Nichts. Die Planer ließen Bazillen Bazillen sein und änderten lieber uns. Fast alle Literatur ist in den zwei Jahrtausenden verlorengegangen, und wir kennen auch keine medizinische Wissenschaft in ihrem Sinne mehr. Ich bin kein Biologe, nur Historiker. Aber eines wissen wir mit Sicherheit. Sie machten unseren Körper immun gegen Infektionen. Diese Dinger«, er reckt seinen Kopf gegen die Decke, »sind für uns völlig ungefährlich geworden. Es gibt sie noch; ich habe Kulturen an lebenden Tieren gesehen. Aber sie sind nur noch eine Kuriosität. Unsere Körperchemie, unser Stoffwechsel ist sehr widerstandsfähig geworden. Gifte, die unsere Vorfahren sofort getötet hätten, tun uns nichts mehr. Dann sind da die paraphysikalischen Veranlagungen, die der Homo sapiens nur noch potentiell besaß. Levitation, Überwindung der Schwerkraft, Regeneration verlorener Organe. Unser Körper ist homostatisiert, das heißt, sein Funktionszyklus kehrt immer wieder zur Norm zurück. Die kumulativen Prozesse, die die Körperfunktionen beeinträchtigten, entwickeln sich erst gar nicht, die ›Matrix‹ verdichtet sich nicht, und progressive Dehydration ist ausgeschlossen. Aber das alles verzögert nur den Tod; die Abnutzungsschäden hebt es nicht auf. Die Hauptsache ist doch … haben Sie jemals Tabellen gelesen … das hier.«
    Die Tabelle stellt sich als eine unästhetische Kurve auf einem kleinkarierten Karton heraus. »Ein schematischer Weg, das Wachstum eines Organismus darzustellen. Diese steil ansteigende Kurve repräsentiert die höherstehenden Tiere. Sie sehen, der Organismus wird geboren, wächst, erreicht bald seine volle Größe; die Kurve rundet sich, läuft fast linear weiter; dann fällt sie ab, hört auf, und das Tier stirbt. Diese weite, sanfter verlaufende Kurve repräsentiert den früheren Menschen. Das auffallendste Unterscheidungsmerkmal ist die sehr lange, juvenile

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