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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
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immer die Mittel. Und wahrhaftig, wenn man Ulysses’ Begegnungen mit Kane in der Vergangenheit betrachtete, erschien es als durchaus möglich, dass dieser dachte, je mehr unschuldige Tote es gab, desto effektiver würde sein reaktionärer Hieb auf die führenden Klassen von Magna Britannia und die Anhänger des britischen Throns ausfallen.
    Die meisten Passagiere verlangten nun, aus dem emporfahrenden Fahrstuhl aussteigen zu dürfen, denn die Gerüchte und die halbwahren Informationen übten bereits ihre wirre Magie auf sie aus, und sie begannen anzunehmen, dass es nun ebenso unsicher auf den höheren Etagen sein musste, wie dort unten bei den Dinosauriern. Der Aufzug knackte sacht, als er erneut anhielt. »Alle Fahrgäste zur Bakerloo-Linie-Süd bitte aussteigen«, kündigte der Fahrer freudig an. Das Tor des Lifts öffnete sich in bester Ziehharmonika-Manier und Ulysses preschte aus der Kabine auf die Plattform hinaus. Hier oben lag die Station auf gleicher Höhe mit den Spitzen der Dächer der großen Stadthäuser, die in den Straßen entlang des Regent’s Parks aneinander angrenzten. Trotz ihrer luftigen Höhe wirkte sie dennoch zwergenhaft gegen die gewaltigen Wolkenkratzer des Finanzviertels im Herzen der Stadt, das weiter im Süden lag.
    Unglaublicherweise war die Bakerloo-Bahn noch immer in Betrieb. Doch andererseits hatten die Zugunglücke, der Ausbruch aus dem Zoo und die Verfolgung seines alten Feindes nicht mehr als fünf Minuten gedauert.
    Ein einzelner Zug wartete an der Station, Dampf zischte zwischen seinen Radkolben hervor. Jene, die ausstiegen, sahen sich verwirrt um, blickten in den Rauch, der von den zerstörten Zügen unter ihnen aufstieg, oder spähten über die Sicherheitsgeländer auf das Chaos hinab, das sich auf der Prince Albert Road entfaltete.
    Etwas pfiff. Der Zug war zur Abfahrt bereit und da entdeckte Ulysses seinen Kontrahenten, als er drei Waggons weiter die Plattform hinunterstürmte. 
    »Stop!«, brüllte Ulysses just in dem Moment, als die Pfeife ertönte und der Zugführer eine gewaltige zischende Dampfwolke aus dem Boiler entließ. Er schrie erneut, doch außer den Reisenden, die ihm am nächsten standen, nahm niemand Notiz davon, manche blickten ihn sogar empört an. Die Ohrrezeptoren der automatischen Stationsschaffner waren taub für seinen Schrei, sein verzweifelter Ruf ging in dem Lärm des Zuges unter. Die Flagge wurde geschwenkt, zum Zeichen, dass er nun sogleich losfahren würde.
    Inmitten aufgeschreckter Reisender rannte Ulysses die Plattform hinunter, dem ausfahrenden Zug hinterher, wühlte sich seinen Weg durch die Massen, die ihn zurückwarfen und an der Verfolgung hinderten. Er konnte nicht mehr verhindern, dass er in eine großgewachsene, matronenhafte Dame prallte, die zwei große Taschen mit sich schleppte, und brachte gerade noch ein »Pardon, Madam!«, heraus, während die arme Frau auf ihrem gut gepolsterten Hinterteil landete und sich ihre Einkäufe überall um sie herum verteilten.
    Endlich passierte er den letzten Reisenden und vor ihm lag der Bahnsteig wie ein übersichtlich ausgestreckter Eisensteg, zum Greifen nahe war der sich entfernende Zug. Die Matrone hinter ihm ließ gerade eine Schimpftirade über diesen unverschämten Fatzke los, wie sie ihn nannte, da setzte Ulysses zu einem Spurt an, während ihm das Adrenalin durch den Körper jagte.
    Gerade als der letzte Wagen parallel zum Ende des Bahnsteiges lag, sprang Ulysses ab und hievte sich auf den Zug. Er bekam die Griffe links und rechts der hintersten Tür zu fassen und seine Füße fanden auf einem schmalen Steg Halt. Noch immer den Gehstock in den Fingern, zerrte er die Tür auf und schwang sich in den Zug – um sogleich von aufgeschrecktem Keuchen und überraschten Ausrufen empfangen zu werden.
    »Verzeihen Sie bitte, Ladies und Gentlemen«, sagte er lässig und bahnte sich seinen Weg durch die sitzenden Passagiere. »Es gibt nichts, um das Sie sich sorgen müssten. Wenn Sie mir jedoch den Weg freimachen würden, wüsste ich das überaus zu schätzen.«
    Sein Weg öffnete sich, gerade, als der Zug weiter an Fahrt aufnahm. Er wusste genau, dass Kane ihm nur drei Wagen voraus war. Am anderen Ende des Waggons öffnete Ulysses die Tür zum nächsten Abteil, der Wind zerrte an seinem Haar und seinem Mantel. Darauf bedacht, zumindest mit einem der beiden Wagen ständig verbunden zu sein, tat er einen Schritt über die Kluft dazwischen. Als er so das Ende des dritten Wagens erreichte, noch immer

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