Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
Vom Netzwerk:
noch immer in Betrieb und die Verantwortlichen der Bakerloo-Station nach wie vor ahnungslos, was den Unfall oder die Sabotage – oder was auch immer geschehen sein mochte – betraf.
    Schon fuhr ein neuer Zug ein. Das Kreischen der Bremsscheiben machte deutlich, dass der Lokführer erst jetzt die aufsteigenden Rauchsäulen und das klaffende Loch in den Schienen wahrnahm, und da der Zug mit hoher Geschwindigkeit unterwegs war, bestand keine Hoffnung, dass er rechtzeitig stoppen würde. Der vollbesetzte Personenzug raste über das gebrochene Gleis und rauschte direkt hinab in den Zoo. Die Lok schlug mit tödlicher Kraft auf dem Asphalt auf. Ihr gusseiserner Dampfkessel zerriss und der Schornstein ging in Flammen auf.
    In einem Umkreis von dreißig Metern wurden all jene, die nicht direkt unter dem fallenden Zug zu Tode gekommen waren, verbrüht von dem kochend heißen Dampf, der dem Kessel entströmte, oder sie verbrannten bei lebendigem Leib in dem Inferno, welches unmittelbar danach folgte.
    Allerdings hielt der Zug noch immer nicht an. Er pflügte weiter durch die Anlage, vorangeschoben von den zehn anhängenden Waggons. Mauern barsten wie bei einem Kometenschauer unter der brennenden Lokomotive, Gitterstäbe verbogen sich und Stahl riss wie dünnes Papier. Während der Zug funkensprühend weiterbrauste und die Waggons auf die Seite kippten, schrien die im Inneren gefangenen Passagiere, als das Feuer durch das Wrack tobte. Weitere Dinosaurierpferche wurden durchbrochen, die Gehege der Fleischfresser niedergerissen und das Gehäuse der Pterosaurier zertrümmert. Schlussendlich verwüstete das Zugwrack die Wasseranlage der Apatosaurier und tötete dabei eine junge Frau, als es durch die elektrische Barriere preschte und eine riesige Furche in die Rasenanlage pflügte, die an das Wasserloch der Herde grenzte. Die Waggons stauten sich wie ein metallener Berg hinter der Lok auf. Ulysses sah, wie ein weiterer Zug durch den Himmel über ihm und Geneviève geschleudert wurde. Für einen Atemzug erblickte er flüchtig die von Schrecken gezeichneten Gesichter der Insassen hinter dem geborstenen Glas der Fenster, als die Lok mitsamt ihren Anhängseln scheppernd durch die Luft trudelte. Dann krachte sie in die hochgezogene Mauer, die rund um den Zoo verlief, und glatt hindurch – durchbrach in einer Wolke aus Mörtel und Ziegelstaub die einzige Barriere, die sich zwischen der vorgeschichtlichen Welt der Gehege und der realen Welt dort draußen befand.
    Unter dem erneuten Kreischen von Bremsen und dem ohrenbetäubenden Lärm der Kollision, als weitere Waggons in den Durchgang jenseits der Abgrenzung des Zoos pflügten, meinte Ulysses plötzlich, die Hupe eines Autos herauszuhören.
    Die Menschen flohen in Panik und mit ihnen die wertvollen Exponate des Zoos; die Dinosaurier brachen aus ihrer langjährigen Einkerkerung aus! Einer der Wärter rief nüchtern, dass der elektrische Zaun nicht mehr funktionierte.
    »Wir sollten hier schnellstmöglich verschwinden«, brüllte Ulysses Geneviève über die Schreie der fliehenden Menschenmasse und das Geröhre der Dinosaurier hinweg zu, während er sie auf die Füße zerrte. Geneviève war zu schockiert, um zu antworten und stolperte mehr oder weniger hinter ihm her. Er zerrte sie durch das Chaos, dabei hielt seine Hand die ihre so fest umschlossen, dass sie fürchtete, sein harter Griff würde ihre Finger zerquetschen. 
    Die ersten Velociraptoren rannten bereits durch die Umzäunung. Ihrem Instinkt folgend ergriffen sie die Gelegenheit, in dieser allumfassenden Verwirrung auf die Jagd zu gehen. Aus dem Augenwinkel verfolgte Ulysses, wie eine der geschmeidigen Echsen von dem Dach eines Kiosks, in dem wohl Eis verkauft wurde, auf ein Kindermädchen hüpfte und mit seinen rasiermesserscharfen Reißzähnen nach dem Baby schnappte, welches sie verzweifelt an sich presste.
    Geneviève wimmerte neben ihm. Sie rannten weiter. Falls sie es bis zum Ausgang schaffen würden, wusste Ulysses, dass Nimrod dort auf sie warten würte; bereit, sie sogleich außer Reichweite der Gefahr zu bringen. 
    Ulysses strauchelte, als er ein knirschendes Geräusch hinter sich vernahm und sich der Boden unter seinen Füßen plötzlich wellte. Auch Geneviève stolperte. Während sie zu Boden ging, rutschte ihre Hand aus Ulysses verschwitztem Griff. Er kam schlitternd zum Stehen und drehte sich sogleich zu ihr um, nur um direkt auf die schreckliche Gestalt des Megasaurus Rex zu blicken, der sich in diesem Moment

Weitere Kostenlose Bücher