Unsanft entschlafen
können. Ich erwarte,
daß Sie sich regelmäßig melden. Das wär’s, Boyd.«
»Danke«, sagte ich und stand
auf. »Kein Händedruck und keine guten Wünsche, bevor ich mich in den Kampf
stürze?«
»Miss Soong hat die Unterlagen,
Boyd«, sagte Hurlingford eisig. »Wenden Sie sich an sie.«
Ich schloß die Teakholztür
hinter mir und ging zu dem Schreibtisch hinüber, an dem die Privatsekretärin
saß. Der Schlitz in ihrem chinesischen Kleid gewährte mir den erfreulichen
Anblick ihres Beines bis zum Oberschenkel. Als ich näher kam, blickte sie hoch
und lächelte.
»Wie ist die Besprechung
verlaufen, Mr. Boyd?« erkundigte sie sich. »Hat alles geklappt?«
»Bestens«, sagte ich. »Was ißt
Ihr Chef eigentlich zum Frühstück? Kleine Kinder?«
»Mr. Hurlingford neigt dazu,
bisweilen etwas diktatorisch zu sein«, sagte sie gleichmütig. »Aber er hat ein
ausgeprägtes Verantwortungsgefühl.«
»Seine Anzüge sind wirklich
eine Wolke«, stimmte ich ihr zu. »Allein die Anproben müssen nervenaufreibend
sein.«
»Ich habe die Unterlagen für
Sie fertig, Mr. Boyd«, sagte sie nur.
Sie nahm einen Aktendeckel und
schob ihn in einen großen Umschlag. »Der Ordner enthält alles Material, das wir
bis jetzt über Irene Mandell besitzen.«
»Auch Ihre Telefonnummer?«
»Wie bitte?«
»Mr. Hurlingford war sehr
präzise«, erklärte ich ernsthaft. »Er sagte, ich dürfe mich in dieser
Angelegenheit nur mit ihm oder seiner Privatsekretärin in Verbindung setzen. Auch
solle ich notfalls den Kontakt Tag und Nacht aufrechterhalten. Ist er also
einmal unterwegs — wo kann ich Sie dann erreichen?«
Sie lächelte, so daß sich
Grübchen in ihren Wangen bildeten. »Ich verstehe, Mr. Boyd«, sagte sie
zuvorkommend. »Ich schreibe Ihnen die Nummer auf den Umschlag.«
»Sie sollten sich besser auch
meine Nummer notieren«, sagte ich hoffnungsvoll. »Man kann nie wissen,
vielleicht fällt Ihnen mitten in der Nacht etwas besonders Wichtiges ein.«
»Das halte ich für ziemlich
unwahrscheinlich, Mr. Boyd. Falls mir etwas einfällt, sage ich es Mr.
Hurlingford, und der wird sich dann umgehend mit Ihnen in Verbindung setzen.«
»Ja, sicher«, stimmte ich ihr
zu. »Mr. Hurlingford weiß, was ein Dollar wert ist.«
»Er hat eine sehr heftige Art«,
sagte sie zurückhaltend, »aber sein Bellen ist schlimmer als sein Beißen.«
»Das klingt ja, als sprächen
Sie aus eigener Erfahrung«, sagte ich. »Benutzt er Sie als Versuchskaninchen?«
»Sollten Sie nach Ihrer
Unterredung etwas Selbstbestätigung brauchen, Mr. Boyd«, sagte sie eisig,
»wenden Sie sich bitte an unsere Empfangsdame.«
»Hier ist eine Verschwörung im
Gange, mich mit der Empfangsdame zu verkuppeln. Wirke ich tatsächlich derart
stupide?«
»Vielleicht könnte man es so
formulieren: Sie beide würden ein ideales Paar abgeben«, meinte sie.
»Sie und ich, wir beide würden
besser zusammenpassen«, beharrte ich. »Was halten Sie von dem Vorschlag, heute abend mit mir essen zu gehen?«
»Unmöglich«, sagte sie fest.
»Sie müssen arbeiten. Guten Morgen, Mr. Boyd. Und bemühen Sie sich nicht weiter
wegen Ihres Profils. Ich habe es bereits von allen Seiten bewundert.«
2
Er saß auf einem
zurückgekippten Stuhl, beide Füße auf dem Schreibtisch, eine Zigarre im
Mundwinkel, den Hut in den Nacken geschoben, und hätte ich ihn nicht mit meinen
eigenen Augen vor mir gesehen, wäre es mir schwergefallen, an seine Existenz zu
glauben. Ich wartete darauf, daß er sein Telefongespräch beendete.
»...Kindchen!« flehte er mit rauher , heiserer Stimme. »Ich sage dir doch, das ist nichts
für dich. Hat dir Barney Meekers schon mal einen falschen Rat gegeben? Dieser
Regisseur — das ist eine viel zu schmeichelhafte Bezeichnung für den Kerl — ist
nicht gut für dich. Und die Gage ist doch geradezu lächerlich. Kümmere dich
nicht mehr um die Sache, sondern überlasse alles dem alten Barney, ja? Ich rufe
dich morgen an.«
Er legte auf, rollte die
Zigarre langsam in den anderen Mundwinkel und sah mich an.
»Sie sind also Privatdetektiv?«
sagte er gereizt. »Warum belästigen Sie mich? Von Ihrer Sorte habe ich schon
aus dem Fernsehen genug.«
»Und Sie sehen aus, als
stammten Sie aus einem alten Stummfilm«, erwiderte ich. »Außerdem passen Ihre
Socken nicht zu Ihrem Anzug.«
»Na und?« Er zuckte die
Schultern. »Sind Sie hergekommen, um mich zu beleidigen?«
»Ich suche nach einer
Schauspielerin«, sagte ich. »Sie ist...«
»Sind Sie
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