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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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fünfzehnte Stockwerk, wo sich die Büros der Verlagsleitung befanden. Im
Gegensatz zu der ziemlich protzigen Aufmachung des Empfangs wirkten die oberen
Räume ausgesprochen gediegen. Zierliche antike Möbel waren effektvoll mit
chintzbezogenen Sitzgruppen kombiniert, was elegant und repräsentativ wirkte.
    Miss Soongs Vorzimmer konnte
sich mit dem Büro eines Generaldirektors messen. Ich folgte ihr an ihrem
Schreibtisch vorbei bis zu einer Teakholztür. Sie klopfte einmal, öffnete, trat
zur Seite, um mich Vorbeigehen zu lassen und sagte: »Hier ist Mr. Boyd, Mr.
Hurlingford.«
    Ich trat ein, und die Tür
schloß sich leise hinter mir. Der Raum sah aus wie die Bibliothek eines
exklusiven Jagdklubs. Hinter einem Schreibtisch mit lederbezogener Platte saß
ein breitschultriger Mann in einem Anzug, der ein Meisterwerk aus der Londoner Savile Row zu sein schien.
    »Ich bin Francis Hurlingford«,
sagte er in kultiviertem, jedoch auf Distanz bedachtem Tonfall. »Nehmen Sie
Platz, Boyd.«
    Bevor ich mich niederließ,
betrachtete ich anerkennend den Lederbezug des Besuchersessels. »Ich mag diese
Möbel«, sagte ich. »Sind die Bezüge aus dem Fell gemacht, das Sie Ihren Autoren
über die Ohren ziehen?«
    Er lächelte amüsiert, wobei er
große weiße Zähne entblößte, die leuchtend von seinem wettergegerbten,
sonnengebräunten Teint abstachen. »Sie lassen sich nicht leicht beeindrucken,
Boyd.«
    »Nur von Frauen«, bekannte ich.
»Aber ich gerate leicht in Versuchung — vor allem, wenn man mir mit einem
Termin einen Scheck über zweitausend Dollar ins Haus schickt.«
    »Ich dachte, das würde die
Angelegenheit vereinfachen«, sagte er. »Ich habe mich in den letzten Tagen ein
bißchen nach Ihrem Ruf erkundigt. Geld stinkt nicht — ist das eine faire
Interpretation?«
    »Sie haben mich doch wohl kaum
bezahlt, um meine Lebensphilosophie zu hören, so faszinierend sie auch sein
mag«, erwiderte ich. »Was gibt’s also?«
    Hurlingford lehnte sich
behaglich in seinem Stuhl zurück und steckte sich eine Zigarette an. »Wir
bereiten ein neues Magazin vor«, sagte er. »Eine Monatszeitschrift, die sich
nicht an die breite Masse, sondern an einen repräsentativen Querschnitt der
anspruchsvolleren Leserschaft wenden soll, intelligent, aufrichtig, ohne den
ganzen literarischen Kram.«
    »Sind Buchrezensionen nicht
billiger zu haben als Originalbeiträge renommierter Autoren?« erkundigte ich
mich unschuldsvoll.
    »Wir wollen ungewöhnliche
Tatsachenberichte bringen«, fuhr er fort, ohne meinen Einwand zu beachten.
»Themen von allgemeinem Interesse, die sorgfältig dokumentiert werden müssen.«
    »Meine Lebensgeschichte?«
fragte ich hoffnungsvoll. »Sind Sie bereit, eine Beschlagnahme der Auflage zu
riskieren?«
    »Sparen Sie sich diese
Albernheiten für meine Empfangsdame, Boyd«, sagte er kurz. »Sie weiß es zu
schätzen, wenn sich jemand auf ihr Niveau begibt. Ich habe einen
ausgezeichneten Journalisten auf eine Story angesetzt«, sprach er weiter, »aber
er ist während der vergangenen sechs Wochen nicht einen Schritt vorangekommen.
Daher habe ich mich entschlossen, für diese Story keinen Schreiber, sondern
einen Detektiv zu engagieren.«
    »Mich?« fragte ich.
    »Sie.« Er nickte langsam.
»Vielleicht haben Sie die nötige Dreistigkeit, um dort weiterzukommen, wo unser
Reporter auf der Strecke geblieben ist.«
    »Wenn’s drauf ankommt, spucke
ich den Leuten sogar ins Gesicht«, sagte ich. »Ob uns das aber weiterhilft?«
    »Vielleicht«, sagte er kühl.
»Übernehmen Sie den Job?«
    »Solange Sie nicht von mir
erwarten, daß ich die Story auch noch selber schreibe«, erwiderte ich.
    »Sie sollen lediglich die
Wahrheit in Erfahrung bringen«, brummte er. »Das übrige lassen Sie nur meine
Sorge sein. Die zweitausend Dollar betrachten Sie bitte als Vorschuß. Wenn Sie
Ihre Nachforschungen erfolgreich abgeschlossen haben, bekommen Sie noch einmal
zweitausend.«
    »Aber wenn ich nun Wochen damit
zubringe?«
    »Das ist Ihr Risiko«, sagte er
kurz. »Sie können ja ablehnen.«
    »Ich akzeptiere«, sagte ich
schnell, bevor er es sich anders überlegen konnte.
    »Es gibt noch einige
Bedingungen. Sie dürfen mich oder den Verlag unter keinen Umständen als Ihren
Auftraggeber nennen, ganz gleich, in welche Situationen Sie geraten.
Verstanden?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Über Ihre Fortschritte
berichten Sie entweder mir persönlich oder meiner Privatsekretärin, Miss Soong.
Niemand sonst im Verlag darf wissen, was Sie tun

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