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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Schönheitsflecken
waren unverwechselbar.«
    Lorraine drückte ihm sanft ein
Glas in die Hand und kam dann zu mir herüber, um mir ebenfalls eines zu
bringen.
    »Vielen Dank«, sagte ich.
    »Das können wir alle
gebrauchen«, erwiderte sie und kehrte wieder zur Bar zurück. In ihrem Gesicht
war keine Spur der sinnlichen Begierde mehr, die sie noch vor fünf Minuten so
unverhüllt gezeigt hatte, so daß ich einen Augenblick lang zweifelte, ob ich
mir das alles nicht vielleicht nur eingebildet hatte. Doch fühlte ich noch
jetzt den auffordernden Fingerdruck, mit dem sie meine Hand über ihren Körper
geführt hatte.
    »Prost«, sagte ich gedämpft und
nahm einen Schluck von dem Whisky, den sie mir gebracht hatte.
    Lowell trank schweigend, wobei
ein Ausdruck in sein Gesicht trat, als distanziere sich sein Geist von unserer
Unterhaltung. Vielleicht fühlte er sich jetzt, nach dem Bekenntnis seiner
Mitschuld, geläutert und erlöst. Das durfte ich keinesfalls zulassen.
    »Damit wären wir aber erst beim
Fall Eva«, sagte ich. »Wie steht es denn nun aber mit Irene? Williams
behauptet, er habe sie zum letztenmal gesehen, als er
sie an jenem Sonntag gegen Mittag vor ihrem Hause abgesetzt hat.«
    »Ich habe Irene auch nicht
wiedergesehen«, erwiderte er beinahe träge. »Sie hat sich in Luft aufgelöst.
Nach einer gewissen Zeit schien es, als hätte sie nie wirklich existiert.
Merkwürdig, nicht wahr? Aber ich kann mich nicht einmal mehr erinnern, wie
Irene Mandell ausgesehen hat.«
    »Über Irene habe ich eine
Theorie«, sagte ich, »und zwar folgende...« Ich sprach sehr schnell, um keinem
von beiden eine Möglichkeit zu geben, mich zu unterbrechen. »An jenem Sonntagmorgen,
als Williams auf der Erde hinter der Bar lag und Hurlingfords und Kestlers Gespräch belauschte, hörte er auch, wie
Kestler Hurlingford riet, den anderen Gästen zu sagen, daß Eva schon früh
aufgebrochen und nach New York zurückgefahren sei. Hurlingford wandte ein, daß
Lowell ihm diese Geschichte niemals abnehmen würde, es brauche mehr als ein
Wort von ihm, Hurlingford, um Lowell zu überzeugen. Daher schlug Kestler nun
vor, Irene einzuweihen und ihr klarzumachen, daß sie am Tod ihrer Schwester genauso
schuldig sei wie Hurlingford. Sie solle die Aufgabe übernehmen, Lowell zu
beruhigen. >Falls sie sich weigert<, sagte Kestler, >drohen Sie ihr,
Mannie und ich würden beschwören, daß sie die ganze Geschichte mit voller
Absicht eingefädelt hat!<«
    »Mein Gott«, brach es aus
Lorraine hervor. »Müssen Sie sich immer wieder im Kreis drehen?«
    »Halt den Mund«, fuhr Lowell
sie in plötzlichem Zorn an. »Zum erstenmal, seit Boyd hier ist, interessiert
mich, was er sagt.«
    »Meine Theorie ist, daß Irene,
als sie wieder zu Hause in New York war, von kalter Angst gepackt wurde. Falls
Kestler und Karsh Lust verspürten, ihre Drohung wahrzumachen, mußte sie
gemeinsam mit Hurlingford des Mordes angeklagt werden. Blieb die Sache jedoch
geheim, bedeutete Irene eine ständige Gefahr für Hurlingford, und er konnte in
Versuchung geraten, ihr den Mund für immer zu schließen. Außerdem war da noch
Kestler im Hintergrund, dessen Schweigen Hurlingford viel Geld kosten würde. Es
bestand jederzeit die Gefahr, daß er seine Erpressungen auch auf Irene
ausdehnte und sie für den Rest ihres Lebens zahlen ließ.«
    »Warum schreiben Sie eigentlich
kein Buch?« erkundigte sich Lorraine mit spröder Stimme. »Dann könnten wir es
lesen, statt hier zu stehen und uns Ihre Tiraden anzuhören.«
    Lowell beugte sich mit
gespannten Muskeln in seinem Stuhl vor. »Ich höre, Boyd«, sagte er
ausdruckslos.
    »Ich vermute, daß sie die
Flucht ergriff und sich in den ersten Wochen irgendwo auf dem Land versteckte«,
fuhr ich fort. »Ihre Garderobiere nahm sie mit. Aber sie kehrte zurück. Nach
dem Säureattentat kam sie zu Ihnen und versicherte, daß sie Sie noch immer
liebe und heiraten wolle. Ihre Blindheit spiele dabei keine Rolle. Sie habe Sie
immer geliebt und würde Sie immer lieben.«
    »Sie sind in der Wahl Ihrer
Worte erstaunlich genau«, sagte Lowell leise. »Was sonst noch?«
    »Sie hatte entsetzliche Angst,
daß Eva ihr das gleiche antun könnte wie Ihnen. Sie fuhren nach Vermont, um
sich operieren zu lassen. Wie Lorraine mir sagte, konnte man zwar für Ihr
Augenlicht nichts tun, jedoch wenigstens Ihr Gesicht wiederherstellen. Irene
begleitete Sie und nahm, wie üblich, ihre Garderobiere mit. Während Sie
operiert wurden, ließ sie auch bei sich eine

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