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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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absolut ungebührliche Unterstellung«, gab ich zurück. »Ebensogut könnte ich Sie fragen, ob Sie Bestechungsgelder nehmen.«
    Wieder einmal legte Bryant sich mit wohlkalkulierter Plumpheit, die mich wütend machen sollte, ins Mittel. »Verzeihen Sie ihm, Mr Cranmer, Sir, Oliver ist noch jung.« Er faltete die Hände wie zum Gebet. »Mr. Cranmer, Sir – bitte – dürfte ich vielleicht, Sir –«
    »Ja, Mr. Bryant?«
    »Ich denke, wir sind mal wieder vom Thema abgekommen, Sir. Darin sind wir ziemlich gut, wie ich feststelle. Wir reden vom Telefon, und auf einmal sind wir mitten in einer zwei Jahre alten Geschichte. Was ist denn mit jetzt , Sir? Wann hat Ihr letztes Telefongespräch mit Dr. Pettifer stattgefunden, um es einmal so auszudrücken. Inhalt oder Thema interessieren mich nicht, sagen Sie nur: wann. Nur das will ich wissen, und es kommt mir allmählich so vor, als ob Sie mir aus irgendeinem Grund keine klare Antwort geben wollen; und deshalb ist der junge Oliver eben ein wenig unwirsch geworden. Sir?«
    »Ich denke nach.«
    »Lassen Sie sich nur Zeit, soviel Sie wollen.«
    »Das ist wie mit seinen Besuchen. Man vergißt sie einfach. Er ruft immer an, wenn man grade schwer beschäftigt ist.« Zum Beispiel, wenn man mit Emma schläft, damals, als es wirklich noch Liebe war. »Habe ich diesen oder jenen Artikel in der Zeitung gelesen – habe ich diesen oder jenen Dummkopf im Fernsehen das Blaue vom Himmel runterlügen hören? So ist das nun mal mit Studentenfreundschaften. Was vor fünfundzwanzig Jahren reizvoll war, ist heute eine Plage. Man wird erwachsen. Die Freunde werden es nicht. Man paßt sich an. Sie bleiben sich immer gleich. Sie werden alte Kinder, die nur noch langweilen. Und dann schaltet man ab.«
    Lucks finsteres Gesicht gefiel mir ebenso wenig wie Bryants anzügliches Schnurrbartgrinsen.
    »Ist das wörtlich zu nehmen, Sir?« fragte Bryant. »Das Telefon? Man läßt das Telefon abstellen? Ich glaube nämlich, genau das haben wir am vorigen 1. August getan, Mr. Cranmer, Sir, und erst volle drei Wochen später den Kontakt zur Außenwelt wiederhergestellt. Und zwar mit einer neuen Nummer.«
    Ich muß darauf gefaßt gewesen sein, denn ich parierte den Angriff sofort, nach beiden Seiten.
    »Inspektor Bryant. Sergeant Luck. Jetzt reicht es mir aber langsam. Erst erkundigen Sie sich nach einem Vermißten. Und plötzlich kommen Sie mir mit irgendwelchem irrelevanten Unsinn von wegen zweifelhafter Kontakte, die ich als Beamter gehabt haben soll, fragen nach meiner politischen Einstellung, ob ich ein Sicherheitsrisiko bin und warum ich nicht mehr im Telefonbuch stehe.«
    »Und? Warum?« sagte Luck.
    »Weil ich belästigt wurde.«
    »Von wem?«
    »Jemand, der für Sie nicht die geringste Bedeutung hat.«
    Bryant übernimmt wieder. »Nun, wenn das so war, Sir, warum haben Sie dann nicht die Polizei verständigt? Sie sind doch sonst kein so scheues Wesen? Bei Telefonterror helfen wir sehr gern, gleichgültig, ob es sich um Drohungen oder Obszönitäten handelt. Selbstverständlich in Zusammenarbeit mit der britischen Telecom. Sie hätten nicht drei Wochen lang die Verbindung zur Außenwelt abschneiden müssen.«
    »Die Anrufe waren mir unerwünscht, aber es waren keine Drohungen oder Obszönitäten.«
    »Ach? Was denn dann, Sir, wenn ich fragen darf?«
    »Das war kein Fall für Sie. Und ist es auch jetzt nicht.« Ich fügte eine zweite Rechtfertigung hinzu, wo eine durchaus genügt hätte: »Außerdem sind drei Wochen ohne Telefon die reinste Erholung.«
    Bryant griff in eine Innentasche. Er zog einen schwarzen Notizblock hervor, entfernte das Gummiband und schlug ihn auf dem Schoß auf.
    »Nur, verstehen Sie, Sir, ich und Oliver, wir haben uns mit den Telefonaten des Doktors gründlich beschäftigt, und zwar während der gesamten Zeit seines Aufenthalts in Bath«, erklärte er. »Wobei uns überaus hilfreich war, daß der Doktor eine durch und durch schottische Vermieterin hat, die den Anschluß mit ihm teilt. Jedes von dort geführte Gespräch wurde mit genauer Zeitangabe notiert. Begründet hat diese Tradition ihr verstorbener Mann, der Marinekommandant. Mrs. Macarthur führt sie fort.«
    Bryant feuchtete den Daumen an und schlug eine Seite um.
    »Angerufen wurde der Doktor zahllose Male, oft von weit entfernten Orten, dem Klang nach zu urteilen, und nicht selten wurde das Gespräch mittendrin abgebrochen. Ziemlich häufig hat der Doktor dabei auch diese Sprache benutzt, mit der sie nichts

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