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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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war eine dreistrahlige Halogenleuchte angebracht. Auf der Fensterbank waren mehrere Pflanzen. Butcher konnte einen Blick auf den kleinen Garten erhaschen. Der Holzfußboden knarrte bei jedem Schritt unter den Flickenteppichen.
    » Wissen Sie, ich habe mich nur ein wenig hingelegt und bin wohl eingeschlafen, da muss Jule abgehauen sein, weil ich vergessen habe, die Haustür abzuschließen. Aber nehmen Sie doch bitte Platz. Ich schmeiß nur schnell die Kaffeemaschine an. «
    Jule sah Butcher, der sich noch ein wenig umschaute, eine Weile an, bis sie fragte: » Wie heißt du? «
    » Werner. «
    » Und wo kommst du her? «
    » Aus einem kleinen Ort nicht weit von hier. «
    » Und wie heißt der Ort? «
    » Lass mich überlegen «, sagte Butcher und machte ein nachdenkliches Gesicht. » Ich glaube, der heißt Taka-Tuka-Stadt. Warst du schon mal dort?«
    »Nö.«
    » Schade, ist sehr schön. Vielleicht zeig ich ’ s dir mal. Dort gibt es bunte Kühe und fliegende Pferde und lauter Sachen, die es hier nicht gibt. «
    » Das glaub ich nicht. « Sie blickte ihn zweifelnd an .
    » Es ist aber so. Du kannst mich ja gerne mal besuchen kommen. «
    » O ja. Aber Mama muss mitkommen. «
    » Natürlich, ist doch Ehrensache. «
    Jules Mutter kam zurück, deckte den Tisch und holte ein Schälchen mit Gebäck aus der Küche. Danach brachte sie auf einem Tablett die Kaffeekanne und Milch und Zucker. Sie setzte sich zu Jule auf das Sofa und schenkte ein. » Zucker, Milch? «, fragte sie.
    Sie hat schöne Hände, dachte Butcher, sehr schöne Hände .
    Und diese Augen, sie liebt Jule bestimmt über alles.
    » Sie haben es schön hier «, sagte er und nickte anerkennend .
    » Danke für das Kompliment. Ich hab die Möbel und auch das meiste andere behalten dürfen, wenn Sie verstehen. «
    » Sicher. Was machen Sie beruflich, wenn ich fragen darf? «
    » Ich bin Krankenschwester. Jule, gehst du ein bisschen in dein Zimmer spielen? Ich würde mich gerne mit Herrn … «
    » Carstensen. «
    » Ich würde mich gerne mit Herrn Carstensen allein unterhalten. «
    » Ach nö. «
    » Bitte. Ich komm auch gleich nach, wenn Herr Carstensen wieder weg ist. «
    Jule erhob sich murrend und stapfte mit über der Brust verschränkten Armen aus dem Zimmer.
    » Sie ist manchmal nicht zu bändigen. Es tut mir leid, wenn wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet haben, aber sie wächst ohne Vater auf. Der hat es nämlich vorgezogen, sich direkt nach ihrer Geburt eine andere zuzulegen. Ich weiß nicht mal, wo er sich heute rumtreibt, jedenfalls habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Ich vermute, er ist im Ausland, damit er keinen Unterhalt zu zahlen braucht. Seine Eltern wollen mir auch nicht verraten, wo er sich aufhält, angeblich wissen sie ’ s nicht. Na ja, wer ’ s glaubt. «
    Die redet ja wie ein Wasserfall, aber es geht mir nicht auf die Nerven, dachte Butcher und nahm einen Schluck von dem heißen Kaffee. Wahrscheinlich hat sie sonst niemanden, mit dem sie quatschen kann. Außerdem mag ich ihre Stimme .
    » Und wie schaffen Sie das, ich meine, Jule und Ihre Arbeit? Haben Sie wenigstens eine neue Beziehung? «
    Sie schüttelte den Kopf. » Das klappt schon. Ich habe einen festen Dienstplan. Ich arbeite entweder von sieben bis drei oder von neun bis fünf. Etwas ungewöhnlich für eine Krankenschwester, aber Jule geht in den Krankenhauskindergarten, und es gibt noch einige andere alleinerziehende Mütter bei uns, die dieses Privileg genießen. Das heißt, ich muss keinen Nachtdienst schieben und, na ja, wie gesagt, es geht schon. Ich frag mich nur, was werden soll, wenn Jule übernächstes Jahr in die Schule kommt. Sie ist gerade vier geworden, und da klappt das noch, aber später? Ich muss mir da echt was einfallen lassen. «
    » Da wird sich bestimmt auch eine Lösung finden, Frau … «
    » Niehus, Sie können mich aber ruhig Carina nennen. «
    » Werner. Ich hab Jule nach ihrem Nachnamen gefragt, und si e h at Nieslu gesagt … Tja, war nett, mit Ihnen zu plaudern, aber ich denke, ich sollte Sie besser wieder allein lassen. Vielleicht begegnen wir uns ja mal wieder. Es heißt ja, man trifft sich immer zweimal im Leben. Und schließen Sie in Zukunft die Tür ab, wenn Sie nicht wollen, dass Jule auf Ausflugstour geht. «
    » Ich werd ’ s mir merken. Wollen Sie nicht doch noch eine Tasse mit mir trinken, oder wartet Ihre Frau auf Sie? « Sie sah ihn bittend an, und er merkte, wie sehr sie sich freute, jemanden zu haben, mit dem sie reden konnte.

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