Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
nicht erkennungsdienstlich behandelt wurde. Andererseits, wenn ich mir vorstelle, dass auch unser Mann in diese Extremgruppe fällt … Weit hergeholt, ich weiß, aber im Moment halte ich nichts für unmöglich. «
    Harms stand auf, ging in sein Büro und holte zwei Flaschen Wasser und Gläser. » Ich brauch jetzt was zu trinken. Wenn ’ s hier Bier oder Schnaps gäbe, würde ich mir einen hinter die Binde kippen. « Er schenkte sich ein und prostete den andern zu. Nachdem er ausgetrunken hatte, sagte er: » Warum um alles in der Welt bist du nicht früher damit rausgerückt? Warum? «
    » Hab ich doch vorhin schon erklärt. Ich hatte Angst, ihr würdet mir nicht glauben. Ich zweifle doch selber hin und wieder noch daran, ob das alles wahr sein kann. Aber die Fakten sprechen für sich, und jedes Mal, wenn ich mir das ganze Zeug anschaue, werde ich sicherer mit meiner Vermutung. Irgendwann wäre ich damit schon gekommen. Ihr habt es allein Lisa zu verdanken, dass es heute schon so weit ist. Und es hat auch ein bisschen was mit dem Tod von Miriam Hansen zu tun. «
    Friedrichsen fragte: » Wie kommst du darauf, dass er auch für die diversen Vermisstenfälle verantwortlich sein könnte? «
    » Ganz einfach, sie haben sich alle nach einem ähnlichen Schema abgespielt. Nehmen wir zum Beispiel Alexander aus Visselhövede. Seine Leiche wurde zwar inzwischen gefunden, aber der Junge steht stellvertretend für die meisten der von mir genannten Personen, auch die Vermissten. Alexander, acht Jahre alt, wird am Samstag, dem 21. September 2002 von seinem Vater zum Zigarettenautomaten geschickt. Es ist halb sieben am Abend, die Sportschau läuft. Der Zigarettenautomat befindet sich in unmittelbarer Nähe des Hauses auf de r g egenüberliegenden Straßenseite. Nur ist ausgerechnet an diesem Abend der Automat kaputt. Also geht der Junge zwei Straßen weiter zum nächsten Automaten. Er wird noch von einer Nachbarin gesehen, die dem Jungen begegnet. Sie wechselt ein paar Worte mit ihm, fragt ihn, wo er hingeht, und er antwortet, Zigaretten holen für seinen Vater. Die Nachbarin geht weiter, der Junge aber kommt nicht nach Hause. Nach etwa zwanzig Minuten wundert sich der Vater, wo sein Sohn bleibt, macht sich aber noch keine großen Gedanken, denn Alexander ist bekannt dafür, dass er gerne trödelt und die Zeit vergisst. Es vergeht eine Stunde, die Sportschau ist längst zu Ende, der Junge aber noch immer nicht zurück. Die Eltern beginnen sich Sorgen zu machen, auch, weil es bald dunkel wird .
    Sie suchen nach ihm, telefonieren mit Freunden von Alexander, doch keiner hat ihn gesehen. Der Junge ist wie vom Erdboden verschluckt. Nach seiner Begegnung mit der Nachbarin scheint es, als wäre er in einem schwarzen Loch verschwunden. Einfach so. « Henning schnippte mit den Fingern .
    » Die Polizei wird eingeschaltet, eine großangelegte Suchaktion gestartet, doch erfolglos. Am 24. Oktober 2002, also gut einen Monat später, wird seine Leiche etwas mehr als hundert Kilometer entfernt bei Meldorf gefunden, in der bereits bekannten Lage. Der Junge ist nackt, seine Unterhose ist das einzige Kleidungsstück, das fehlt. Er wurde erwürgt, aber nicht missbraucht. Was ich damit sagen will, ist, dass vermutlich noch einige Vermisste irgendwo in Deutschland liegen. In einem Wald, in einem See oder einem Fluss oder einem verlassenen Keller. Und was bei allen Fällen auch übereinstimmt, die Opfer verschwanden urplötzlich und wurden in der Zeit ihres Verschwindens von niemandem gesehen, zum Beispiel, als sie in ein fremdes Auto stiegen oder gar, wie dieses Auto aussah. Nichts, aber auch rein gar nichts wurde bemerkt .
    Manche verschwanden um die Mittagszeit oder am Nachmittag, manche von ihnen an stark frequentierten Plätzen, und doch gibt es nicht einen einzigen Hinweis. Ihr könnt die Akten durchwälzen, es gibt keinen Eintrag unter Zeugen. Wer immer auch dahintersteckt, er hat das Glück auf seiner Seite, auch wenn das höhnisch klingt. «
    Lisa Santos erhob sich und lief im Zimmer auf und ab wie eine Tigerin in einem Käfig. Nach einigem Überlegen fragte sie leise und doch eindringlich, als könnte sie noch immer nicht begreifen, was sie eben erfahren hatte: » Warum ist bis jetzt noch kein anderer auf die Idee gekommen, dass diese Fälle zusammenhängen könnten? Ich meine, allein die fehlenden Kleidungsstücke hätten doch schon die Aufmerksamkeit von zumindest einigen Kollegen erregen müssen. «
    Henning lachte trocken auf. » Ganz

Weitere Kostenlose Bücher