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Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen

Titel: Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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passiert?«
    »Sollte man mit hundertdreißig nicht ein klein wenig gelassener sein?«, fragte Adam spöttisch. Er wusste, dass er seinen Boss mit dieser kleinen Stichelei mehr beruhigte, als wenn er ihm dreimal versichert hätte, dass alles in Ordnung war.
    »Hunderteinunddreißig, Adam. Aber wer zählt schon?
    Also, was ist los?«
    Adam rieb sich den Nacken und schaute sich prüfend um. Er durfte nichts vergessen. Hier im Wohnzimmer verrieten nur das Handy und eine offene Scotchflasche aus der Minibar, dass er hier gewesen war.
    »Alles in Ordnung, ich habe das Medaillon. Aber es gibt Komplikationen. Ich muss einen anderen Fluchtweg finden.«
    »Wie können wir helfen?«, fragte William sofort. Wie bei allen Mitgliedern des House of Order stand für ihn die Pflicht an erster Stelle.
    »Ein Boot. Schickt es zum Cigran Palast auf dem Bosporus. In zwei Stunden.«
    Kurze Stille, dann: »Wohin willst du?«
    »Nach Athen. Von dort brauche ich ein Flugzeug nach Washington.«
    »Alles klar. Sybil wird dir unseren Jet schicken; morgen früh ist er dort. Und um das Boot kümmere ich mich persönlich. Alle weiteren Einzelheiten erfährst du in wenigen Minuten. Bis bald, mein Freund.«
    Adam legte auf, dann nahm er ohne weitere Verzögerungen seinen Pass und seine Brieftasche vom Nachtkästchen und schob sie zusammen mit dem kostbaren Medaillon in die Innentasche seiner Jacke. Er griff sich seine schwarze Reisetasche und verließ die Suite. Er wollte auschecken und sich ein paar Blocks vom Hotel entfernt ein Taxi nehmen - falls die Behörden seine Spur bis zum Hotel zurückverfolgen sollten. Dann würde er wieder zurückkommen und vom Park aus den herrlichen Ausblick über den nächtlichen Bosporus genießen, bis das Boot eintraf.
     

1. Kapitel
     
    Edinburgh, Schottland, Oktober 2009
     
    Adam warf einen bewundernden Blick auf das beleuchtete nächtliche Edinburgh Castle, das sich vor dem schwarzen Himmel abhob. Er stand auf der Royal Mile, der schmalen Straße, die sich den Burghügel hinab bis vor die Tore des Holyrood Palace zog.
    Sein Blick glitt über die zahlreichen kleinen Bars und Geschäfte, die die kopfsteingepflasterte Straße säumten: Kilt-Boutiquen, Andenkengeschäfte, Whisky-Bars, Coffee-Shops und Teeläden, dazwischen schmale, finstere, von steinernen Torbögen überdachte Gässchen. Er liebte die malerische Altstadt von Edinburgh mit ihrer immer noch etwas düsteren Atmosphäre, die hohen, schmalen Steinhäuser und ihre noch immer ein wenig rußigen Fassaden - obwohl die Zeiten längst vorbei waren, in denen in jedem Haushalt ein Kohlefeuer gebrannt hatte und dunkle Rauchsäulen aus den zahlreichen Kaminen in den Himmel gestiegen waren, zerteilt von den stürmischen schottischen Winden. Auld Reekie, hatte man die Stadt damals genannt, Old Smokey auf Neuenglisch. Adam spürte, wie sehr er seine Heimatstadt, die Stadt, in der er zur Welt gekommen war, vermisst hatte - so sehr sie jemand, der seit fast einhundertdreißig Jahren mehr oder weniger ununterbrochen unterwegs war, nur vermissen konnte. Ja, die Stadt berühmter Dichter und ebenso berühmter Morde hatte die ersten fünfundzwanzig Jahre seines Lebens geprägt. Genauso geprägt, wie sich die lilafarbene Knetmasse formen ließ, die er für seine Schwester Helena gekauft hatte.
    Lila war Helenas Lieblingsfarbe - sie war ganz verrückt nach allem, was lila war. Adam hatte die Knetmasse in einem Dutyfree-Shop am Frankfurter Flughafen entdeckt und gedacht, sie wäre ein passendes Geschenk für das Oberhaupt der schottischen Vampire. Seine Schwester war zwar nur ein paar Jahre älter als er, hatte aber gute Aussichten, das neue Oberhaupt des Nordclans zu werden. Aber er fand, sie war viel zu ernst. Sein Geschenk würde sie, so hoffte er, ein wenig zum Lachen bringen.
    Adam schob seine Hand in die linke Brusttasche seiner Jacke, tastete kurz nach dem Päckchen mit der Knetmasse und setzte sich dann den Hügel hinab in Bewegung. Ja, Edinburgh hatte ihn geprägt und übte noch immer großen Einfluss auf ihn aus. Er gab der Stadt die Schuld an seiner Schwäche für komplexe, vielschichtige Frauen - dieser komplexen, widersprüchlichen Stadt mit ihrer Vielschichtigkeit. Er mochte Frauen, die viele Facetten hatten, die sich nicht auf den ersten Blick einordnen ließen.
    Es war ein kalter Oktobertag, aber Adam spürte die Kälte kaum, ganz im Gegensatz zu den Menschen, die sich mit hochgezogenen Schultern in Pub-Eingängen drängten und an Zigaretten lutschten.

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