Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
»Cem soll sich sofort darum kümmern. Sie darf diesen Raum nicht verlassen, Helena.«
Helena ging sofort los. Adam beschloss derweil, nach Lea zu sehen. Eine böse Vorahnung stieg in ihm auf.
»Geht's besser?«
Diana drehte den Wasserhahn ab und schüttelte ihre nassen Hände über dem Waschbecken. »Ja, danke, schon viel besser.«
Lea riss ein paar Papierhandtücher aus dem Spender und reichte sie der Frau. »Tut mir leid, Diana, ich wollte wirklich nicht...«
»Ach, Sie wollten nur nett sein, ich weiß«, lächelte Diana und warf die benutzten Papiertaschentücher in den Abfalleimer neben der Tür. »Sie sind schon immer eine nette Person gewesen.«
»Wie bitte?«, fragte Lea verwirrt. Etwas im Ton der Frau bereitete ihr Unbehagen.
»Sie waren viel zu nett für David, das hab ich ihm auch gesagt«, fuhr Diana ungerührt fort. »Aber er war dickköpfig. Wollte einfach nicht mit Ihnen Schluss machen.«
Wie betäubt schaute Lea zu, wie Diana ihr Haar im Spiegel zurechtzupfte und dann wieder ihre Abendhandschuhe überstreifte, die am Beckenrand lagen. Leas Blick fiel auf die Tätowierung am Handgelenk der Blondine, und sämtliche Alarmglocken begannen zu schrillen.
»Wie nett«, sagte sie lahm. Mit einem angespannten Lächeln versuchte sie, sich zur Türe hin zu schieben. »Aber ich glaube, ich gehe jetzt lieber wieder nach oben.«
Diana vertrat ihr den Weg. »Aber Sie können doch jetzt nicht gehen, wo ich Ihnen das Beste noch gar nicht erzählt habe! Ich habe diesen Drogensüchtigen dafür bezahlt, dass er Sie umbringt.«
Lea erstarrte.
»Ups, das ist mir jetzt so rausgerutscht, aber was soll's!«
Sie zuckte mit den Schultern und lachte wie ein kleines Kind. »Der Idiot hat's natürlich vermasselt, aber am Ende hat es doch geklappt, weil David danach mit Ihnen Schluss gemacht hat.«
»Ja, geklappt hat es«, wiederholte Lea dumpf.
»Aber das stimmt leider nicht ganz, wie sich herausgestellt hat. Ich dachte, es wäre nicht wichtig, dass Sie am Leben geblieben sind, aber jetzt haben ein paar Freunde von mir ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen.« Diana sagte es beinahe entschuldigend.
»Ich würde uns nicht gerade Freunde nennen.«
Lea kannte die Frau nicht, die nun die Damentoilette betrat, obwohl ihr ihre Stimme irgendwie bekannt vorkam. Erst als sie die Maske abnahm, wusste Lea, wo sie sie schon mal gesehen hatte. Es war die Frau, die bei Adam gesessen hatte, als sie ins Whighams gekommen war, um mit Victoria zu reden. Aber Lea hätte schwören können, dass sie damals ein wenig anders ausgesehen hatte.
»Ach komm, Jaqueline, ich war dir doch eine gute Freundin, oder?«, sagte Diana schmollend. »Tolle Perücke übrigens, und diese krumme Nase steht dir auch ausgezeichnet.«
Jaqueline lächelte, aber es sah eher aus wie ein Zähnefletschen. »Ach ja?«
Sie packte die Blondine beim Kopf. Ein Ruck, ein hässliches Knacken, und sie ließ den leblosen Körper zu Boden fallen.
»Ich mag's nicht, wenn man sich über mich lustig macht«, bemerkte sie schulterzuckend, als sie Leas entsetzten Blick auffing.
Lea sah sich panisch um. Sie musste raus hier! Aber der einzige Weg nach draußen war die Türe, und davor stand Jaqueline.
»Ganz richtig.« Die Vampirfrau trat einen Schritt auf sie zu. »Es gibt keinen Ausweg. Also sei jetzt schön brav, dann verspreche ich dir auch, dass ich dich nicht umbringen werde. Noch nicht.«
28. Kapitel
Lea hörte gedämpfte Stimmen, als sie wieder zu Bewusstsein kam. Sie spürte, dass sie auf einem kalten Steinboden lag, und die Luft roch abgestanden und säuerlich. Sie wollte die Augen aufschlagen, aber ihr Kopf tat so weh, dass sie den Gedanken gleich wieder aufgab.
»Sie ist aufgewacht.«
»Ist sie nicht!«
»Armes Ding.«
Das Getuschel war immer lauter geworden.
»Bitte, mein Kopf!«, stöhnte Lea.
»Ah gut, du bist wach.«
Beim Klang dieser Stimme riss Lea erschrocken die Augen auf. Jaqueline kniete neben ihr, ein zufriedenes Lächeln auf den blutrot geschminkten Lippen. »Guten Morgen, Sonnenschein.«
»Ist es schon Morgen?«, sagte Lea. Sie war völlig desorientiert, ihr Mund war wie ausgedörrt, und ihr Schädel hämmerte, als würde ihn jemand mit Eispickeln bearbeiten. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, ihre Umgebung aufzunehmen. Überall Tische und Stühle - man hatte sie ein wenig gegen die Wände gerückt, vor und hinter ihr -, und war das dahinten nicht ein Bartresen? Spiegel über den Stühlen ... irgendwie passte das alles nicht
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