Unsterbliche Liebe
übernehme ich wieder“, sagte Tyran, der schon vor der Türe auf die beiden wartete, bereit, seine Schicht anzutreten. Als Mylan sich entfernt hatte, sagte er zu Ayla: „Du bist wirklich eine Schande für mich und unsere Brüder, weißt du das? Komm mir bloß nicht auf die Idee, dich wegzuschleichen, sonst kann ich dir für nichts mehr garantieren. Bändelt mit einem Vulpari an, das gibt's doch einfach nicht!“
Ayla stampfte in ihr Zimmer und schloss wütend die Türe hinter sich. Was ging nur in Tyran vor, sie so zu beschimpfen? Er war es, der Schande über sie brachte, mit seiner engstirnig en Einstellung. Keiner ihrer Brüder hatte Eliya je kennengelernt, aber sie bildeten sich ein, alles über ihn und seine angeblich vorgetäuschten Gefühle für Ayla zu wissen. Warum war das alles nur so unfair? Ayla ließ sich schwerfällig auf ihr Bett fallen und betrachtete die Zimmerdecke.
Was Eliya jetzt wohl gerade machte?
Eliya! Er wusste ja gar nichts von all dem, was passiert war!
Sie hatte ganz vergessen, wie sie bei ihrer letzten Begegnung auseinandergegangen waren. Er hatte ihr ge beichtet, der Sohn des Vulparianführers zu sein. Zudem hatte er ihr seine Liebe gestanden. Ayla war zu überwältigt gewesen, um in diesem Moment etwas zu entgegnen, aber sie musste Eliya unbedingt sagen, dass sie ihn auch liebte! Wahrscheinlich hatte er heute den ganzen Tag auf die gewartet und sich gefragt, wo sie steckte. Vielleicht kam er sogar auf den abwegigen Gedanken, dass Ayla absichtlich nicht aufgetaucht war, weil sie ihn jetzt, da sie Bescheid wusste, nicht mehr sehen wollte. Das durfte auf keinen Fall passieren! Ayla musste so schnell wie möglich in den Wald und zu Eliya! Aber wie um Himmels willen sollte sie das nur anstellen mit ihren Brüdern, die mit Argusaugen über sie wachten?
D er nächste Tag gestaltete sich nicht viel anders als der vorherige. Ayla stand unter der ständigen Überwachung durch ihre Brüder und verbrachte den größten Teil des Tages in der Bibliothek. Abends, wenn sie alleine in ihrem Bett lag, kreisten die Gedanken nur so in Aylas Kopf.
Was sollte sie bloß tun? Mit jedem Tag, der verging, ohne dass sie Eliya wieder sah, würde er sich mehr Sorgen machen und bezweifeln, dass Ayla je zu ihm zurückkommen würde. Aber konnte sie das denn überhaupt je wieder? Es musste einfach gehen!
Auch wenn es furchtbar riskant war, Ayla musste versuchen, sich erneut in den Wald zu schleichen. In einer Stunde würden ihre Brüder sich gegenseitig an ihrem Wachposten ablösen. Soweit Ayla wusste, war nachher Kylan an der Reihe. Im Gegensatz zu den anderen ließ er ihr noch ein wenig Luft zum Atmen und streckte nicht jede Stunde seinen Kopf zur Tür herein. Ayla fühlte sich schlecht bei dem Gedanken, ihren geliebten Bruder zu hintergehen, aber Eliya liebte sie auch, und wenn sie ihn nicht bald wiedersähe, würde sie ihn am Ende noch verlieren.
A ls Tyran sich mit Kylan abtauschte, sah er noch kurz herein, um ihr gute Nacht zu wünschen. Ayla tat so, als läge sie schon seit einer Stunde lesend im Bett und wünschte ihm viel Vergnügen beim Babysitten. Ayla konnte erkennen, dass er ein Schmunzeln unterdrückte. Wenigstens er hatte seinen Humor noch behalten!
Ayla wartete eine halbe Stunde, bevor sie leise unter ihrer Decke hervorkroch und sich so geräuschlos wie möglich anzog. Dann schlich sie zum Fenster und versuchte abzuschätzen, wie schwierig sich ihr Unterfangen gestaltete. Es war nicht das erste Mal, dass Ayla sich hausarrestbedingt aus dem Fenster davonschlich, aber das war schon länger her. Glücklicherweise war der Efeu inzwischen noch dichter gewachsen und es sollte für sie kein Problem sein, daran herabzuklettern. Mit angehaltenem Atem stieg Ayla auf den Fenstersims und hoffte, dass Kylan ni chts von ihrer Aktion mitbekam.
Sie packte eine dicke Ranke und zog fest daran, um deren Halt zu prüfen. Dann schlang Ayla beide Hände darum und stieß sich vom Fenster ab. Langsam kletterte sie am Gewächs hinab und gab sich dabei Mühe, so wenig Geräusche wie möglich zu erzeugen, was gar nicht so einfach war, denn diese Kletterpartie erforderte einigen Kraftaufwand. Ayla war schon ziemlich weit gekommen, als sich ihr ein neues Hindernis in den Weg stellte. Wenn sie weiter an dieser Ranke herunterkletterte, würde sie genau vor dem königlichen Speisesaal vorbeiklettern und womöglich von jemandem entdeckt werden. Sie musste also für den Rest des Weges auf eine andere Ranke
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