Unsterbliche Liebe
solange bis wir Näheres wissen, und was dieses Kerlchen hier betrifft …« Er ging zu Nummer zwei hinüber, die selbst mit Klebeband auf dem Mund weiterfluchte. Aber schon eine Berührung von Kits Hand auf seiner Schulter ließ ihn zusammensacken und brachte ihn zum Schweigen.
Sam hatte alles genau mitbekommen. Er saß da, mit weit aufgerissenen Augen, und staunte nur noch; dann blickte er in Stellas Gesicht und auf den roten Fleck auf ihrem nagelneuen Sweatshirt mit »Vampir-Paradies«-Aufschrift. »Mom«, sagte er. »Er hat dich erschossen. Ich hab’s gesehen.« Er legte seine Hand auf ihre Schulter.
»Ja, Liebling.«
Ihr Blick traf Justins. Es herrschte absolutes Schweigen. »Du kannst es nicht mehr länger geheim halten«, sagte er laut und deutlich.
Er hatte ja recht, aber …
Sam runzelte die Stirn. »Was ist denn nur los?« Seine grauen Augen sahen sie an. »Mom?« Seine Stimme bebte.
Sie bückte sich zu ihm hinunter, um ihm direkt in die Augen zu schauen. »Sam, hör gut zu, damit du auch glaubst, was ich dir jetzt sage.« Er nickte. »Du hast recht. Dieser Mann hat mich erschossen, aber er hat mich nicht verletzt. Hier, schau.« Zusammen mit dem T-Shirt zog sie ihr ruiniertes Sweatshirt über den Kopf.
»Mom.« Sam wirkte schockiert und klang auch so. Sich vor fremden Menschen auszuziehen, verletzte sein Anstandsgefühl.
»Denk dir nichts dabei, Sam«, sagte Justin. »Deine Mom will dir zeigen, wo die Kugel sie getroffen hat.«
Teile ihres BHs und der Träger waren blutgetränkt, von der Schusswunde jedoch war nur mehr ein verblassender roter Fleck zu sehen. Sam streckte die Hand zu ihrer Schulter und fühlte. »Mom, ich hab’s gesehen und gehört.«
»Ja, Liebling, das hast du.«
»Aber …« Er sah sie an.
Nun war es so weit. »Sam, erinnerst du dich noch daran, als ich vor einiger Zeit einmal ein ganzes Wochenende krank war und wir beide deshalb bei Dixie und Kit wohnten?«
»Klar. Kit und Justin sind mit mir ins Museum gegangen, weil du die Grippe hattest.«
»Das war keine Grippe, sondern nur eine Ausrede, um dir nicht die Wahrheit sagen zu müssen.«
»Du hast gelogen, Mom.« Seine jungen Augen blickten vorwurfsvoll.
»Sam«, sagte Justin, »du kennst nun einen Teil der Wahrheit. Lass dir jetzt den Rest erzählen.«
Sam wartete, währenddessen Stella wünschte, sie könnte tief Atem holen. Wozu jedoch? Sie war eine Vampirin. Auf Krücken, wie sie Sterbliche brauchten, konnte sie schließlich verzichten.
»An diesem Wochenende, am Freitagabend, als Justin mit mir ausgegangen war, hat mich jemand erschossen.« Sams Stirn legte sich in tiefe Falten, und seine Augenbrauen trafen sich beinahe in der Mitte. »Ich war tot.« Seine Augenbrauen schossen hoch. »Justin war klar, dass du ohne mich nicht leben kannst. Deshalb hat er mich in einen Vampir verwandelt. Er selbst ist auch einer.«
Das Brummen des Kühlschranks war das einzige Geräusch in der Küche.
»Du bist tot, Mom, und ein Vampir?«
»Ja.«
Der Kühlschrank wurde lauter. »Und Justin ist auch ein Vampir?«
»Ja.«
Er legte den Kopf schräg. »Du hast gesagt, in Wirklichkeit gibt es keine.«
»Da hab ich mich schwer getäuscht.«
»Mom.« Sam blickte in die Runde zu Kit und Tom und Angela und Dixie, die eben erst gekommen war und auf das Durcheinander starrte. »Willst du dich nicht wieder anziehen?«
Er hatte recht. Es war nicht ihr Stil, der örtlichen Kolonie einen blutverschmierten Büstenhalter zu präsentieren. »Da.« Justin reichte ihr seinen Kaschmirpullover.
»Der ist doch ruiniert, wenn ich ihn anziehe.«
»Wenn nicht, düpierst du deinen Sohn.«
Das sah sie ein. Der Pullover war zwar viel zu groß, aber wunderbar weich. »Besser so?«
Sam nickte. »Es ist sicher streng geheim, dass ihr beide, du und Justin, Vampire seid, oder?«
Justin antwortete ihm. »Ja, es ist ein Geheimnis, Sam. Ein sehr, sehr großes Geheimnis sogar. Außer uns darf nie jemand davon erfahren.«
»Ich werd schon nichts sagen!« Allein die Unterstellung war für ihn eine Beleidigung. »Ich bin doch kein Baby mehr. Und überhaupt, wer würde mir das denn glauben? Die würden mich auslachen. Ich sag kein Wort.« Er nahm Stella und Justin bei der Hand. »Es ist unser Geheimnis. Ich schwöre. Bei meinem Leben.«
In Sams Fall hatte diese Formel nichts von ihrem bitteren Ernst verloren. Dennoch konnte sich Stella eines Lächelns nicht erwehren. Sie hatte sich den Kopf zermartert, wie sie es ihm sagen solle, und er steckte es mir
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