Unter dem Banner von Dorsai
wie eine Explosion.
Ich erbrach mich und begann mich danach etwas wohler fühlen. Und allmählich wurde ich mir auch dessen bewußt, was um mich herum vorging. Ich war naß bis auf die Haut, weil der Regen, der sich zunächst im Laub der Bäume verfangen hatte, nun bis zu uns durchgedrungen war. Etwas weiter unter den Bäumen standen die Gefangenen und ihre Wächter in einer lockeren Gruppe, unter ihnen ein Neuankömmling, der die schwarze Uniform der Quäker trug. Es war ein Gruppenführer in mittleren Jahren, schlank und mit zerfurchtem Gesicht. Er hatte den Mann, der Greten hieß, beiseite gezogen, um mit ihm zu sprechen.
Über uns, in jenen kleinen Lücken zwischen den Zweigen, die der Riesenbaum beim Umstürzen verschont hatte, als er diese kleine Lichtung bildete, hatte sich der Himmel nach dem Gewitter aufgeklärt. Aber der Himmel war immer noch bewölkt, und die Wolken glühten im Farbenspiel der sinkenden Sonne. Vor meinen Augen, die immer noch von der Droge getrübt waren, schien das Abendrot herabzusteigen und umrandete die Umrisse der durchnäßten, graugekleideten Gefangenen und glitzerte auf den durchweichten schwarzen Uniformen der Quäker.
Rot und Schwarz, Schwarz und Rot – alles Gestalten, schemenhafte Gestalten wie in einem Kirchenfenster, über dem sich das Laubdach der Bäume wie ein Dom wölbte. Ich aber saß da, fröstelnd in meinen durchweichten Kleidern, und starrte auf die beiden Männer, die sich lebhaft unterhielten. Und allmählich drangen ihre Worte an mein Ohr, obwohl sie leise sprachen, um von den Gefangenen nicht gehört zu werden.
„Du bist ein Kindskopf!“ schnarrte der Gruppenführer. In seiner Erregung hob er den Kopf, und das rote Himmelslicht der Abenddämmerung beleuchtete sein Gesicht. Zum erstenmal konnte ich sein Gesicht deutlich erkennen, und seine Züge zeigten den gleichen herben und abstoßenden Fanatismus, den ich seinerzeit bei jenem Mann im Hauptquartier der Quäker gesehen hatte, der damals den Paß für Dave nicht unterzeichnen lassen wollte.
„Du bist wirklich ein Kindskopf!“ wiederholte er. „Du bist ein Grünschnabel! Was weißt du über den Kampf, den wir Generation für Generation auszutragen hatten, um auf unserer herben und steinigen Welt Fuß zu fassen? Was weißt du über Hunger und Not, wenn selbst die Frauen und die kleinen Kinder nichts zu beißen haben, wenn all diese Kinder Gottes hungern müssen? Was weißt du von den Absichten derjenigen, die uns ausgesandt haben, um zu kämpfen, damit unser Volk leben und gedeihen möge, in dem Wissen, daß alle anderen Menschen froh wären, wenn wir tot wären und unsere Hoffnung mit uns ins Grab sinken würde?“
„Eines weiß ich“, erwiderte der junge Soldat, wenn seine Stimme auch sein jugendliches Alter verriet und etwas zitterte. „Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen, wir haben auf die Söldnerkonvention geschworen und …“
„Halt den Mund, Milchbart!“ zischte der Gruppenführer. „Was gelten solche Gesetze vor dem Gesetz des Allmächtigen? Was gelten deine Schwüre, die du dem Gott des Krieges geleistet hast? Lo, dein Ältester vom Ältestenrat, der der Strahlende genannt wird, hat verkündet, daß dieser Tag für die Zukunft unseres Volkes entscheidend ist und daß wir an diesem Tag siegen müssen. Also müssen wir siegen – und sonst gar nichts!“
„Aber ich habe Ihnen bereits erklärt …“
„Du hast mir nichts zu erklären und nichts zu sagen! Ich bin dein Vorgesetzter! Und als solcher habe ich über dich zu befehlen! Unsere Befehle lauten, daß wir unsere Streitkräfte sammeln und zu einem neuen Angriff antreten sollen. Du und diese vier Mann dort müssen sich unverzüglich in der Zentrale melden. Ob
Weitere Kostenlose Bücher