Unter dem Banner von Dorsai
einem solchen Grund seinen Posten verläßt.“
„Dies hier dürfte ein Sonderfall sein.“
„Ist aber nicht vorgesehen.“
„Immerhin …“
„Ich habe dir gesagt, daß die Befehle so etwas nicht vorsehen!“ fuhr ihn der andere an. „Wir können nichts tun, bevor nicht ein Offizier oder ein Gruppenführer hier eintrifft!“
„Wird bald einer kommen?“ Der Obergefreite war durch die Vehemenz der Einwände des älteren erschüttert und bedachte mich mit einem unsicheren Blick. Und mir war, als hätte er bereits bereut, die Möglichkeit einer ärztlichen Hilfe für uns überhaupt erwähnt zu haben. Doch ich hatte den Mann anscheinend unterschätzt. Sein Gesicht war zwar bleich, doch er redete beschwörend auf den älteren ein.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte der andere.
„Dann werde ich zu eurer Meldezentrale gehen. Warte hier, Greten.“
Damit schulterte er sein Gewehr und ging fort. Wir haben ihn nie wiedergesehen.
Mittlerweile begannen der Zorn und das Adrenalin in meinem Körper, die mir geholfen hatten, die Schmerzen im Unterstand zu bekämpfen, die die Beine, die Kniescheibe, das Fleisch, die Nerven und die Knochen durchbohrten, zu verrauchen und zu schwinden. Ich spürte nicht mehr den immer wiederkehrenden, stechenden Schmerz, wenn ich versuchte, das Bein zu bewegen. Es war eher ein ständig anschwellender, stetiger Schmerz, der in den Oberschenkel ausstrahlte, und ich fühlte mich weniger benommen. Ich begann mich zu fragen, ob ich diesen Schmerz wohl aushalten konnte – und dann, plötzlich, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, so wie es einem ergeht, wenn er plötzlich erkennt, daß das, wonach er gesucht hat, in greifbarer Nähe liegt. Mir war mein Gürtel eingefallen.
An diesem Gürtel aber war, wie am Koppel eines jeden Soldaten, ein kleiner Feldverbandkasten befestigt. Ich mußte trotz meiner Schmerzen fast lachen, als ich jetzt nach dem Kasten griff. Ich klappte das Kästchen auf und holte zwei achteckige Tabletten heraus. Unter den Bäumen wurde es allmählich dunkel, so daß ich die rote Farbe der Pillen nicht erkennen konnte, doch ich konnte ihre Form ertasten, und das genügte. Die achteckige Form war zu diesem Zweck gewählt worden.
Ich zerkaute die Tablette und schluckte sie ohne Flüssigkeit herunter. Mir war, als würde ich aus der Ferne Daves Stimme erkennen, der sich immer noch ziemlich laut gebärdete. Doch die Pille begann sofort ihre betäubende, beruhigende Wirkung zu entfalten, die sich über meinen ganzen Körper ausbreitete. Der Schmerz war bereits verschwunden, ich aber fühlte mich intakt und wie neu geboren – und nichts kümmerte mich mehr außer dem Frieden und dem Wohlgefühl, das meinen Körper durchströmte.
Wieder hörte ich David rufen. Diesmal verstand ich ihn, doch das, was er sagte, störte mich nicht. Er sagte, er habe mir bereits die Schmerztabletten aus seinem Vorrat gegeben, als ich vorhin zweimal das Bewußtsein verloren hatte. Ich hätte also eine Überdosis geschluckt und würde dringend Hilfe brauchen. Ebenfalls, wie aus der Ferne, wuchs die Dunkelheit um mich herum, und ich vernahm ein Dröhnen wie Donnergrollen über mir, und dann, ebenfalls wie aus weiter Ferne, drang eine feine, angenehme Musik an mein Ohr, wie das Trommeln von Millionen Regentropfen, die auf das Laubdach über mir klatschen.
Dann entschwebte ich in ein angenehmes Nichts.
Als ich wieder zu mir kam, achtete ich sehr wenig auf das, was um mich herum vorging, da mir die Nachwirkungen der Überdosis zu schaffen machten. Mein Knie schmerzte nicht mehr, da ich es nicht bewegt hatte, doch es war geschwollen und steif wie eine stählerne Stange. Sobald ich aber das Knie bewegte, schoß der Schmerz in mir hoch und erschütterte mich
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