Unter dem Safranmond
hervorblitzte. »Ein hübsches Stück.«
»Hätte ich mir denken können, dass sie dir gefällt – das ist eine Münze aus Himyar. Ich habe sie aus Arabien mitgebracht.«
»Seltsam – in meiner Vorstellung trugst du immer dieses eine Medaillon um den Hals. Das, was du früher immer – «
»Ich trage es nicht mehr«, schnitt Maya ihm das Wort ab, und ein Schatten glitt über ihr Gesicht.
»Himyar«, nahm er den Gesprächsfaden wieder auf, ließ die Laute förmlich auf seiner Zunge zergehen. »Ich habe deine Bücher gelesen. Gut recherchiert und nett geschrieben, aber doch ein wenig sentimental.«
Mayas Augen blitzten auf, als sie ihn über den Rand ihrer Tasse hinweg ansah. »Sentimental, soso. Demnach ist sentimental für dich immer noch gleichbedeutend mit zu viel Gefühl? «
Richards Lippen unter dem Bart wölbten sich vor, bogen sich dann zu einem maliziösen Lächeln, doch er erwiderte nichts.
»Warum besuchst du mich nach all den Jahren?«, wollte Maya wissen, als sie ihre Tasse wieder abstellte.
Richards Lächeln verschwand, als er sie mit zusammengekniffenen Augen durch den Rauch betrachtete.
Es wäre ein günstiger Moment gewesen, um von Isabel zu erzählen, die in allem das komplette Gegenteil von Maya war: Üppig gebaut, mit rundem Gesicht und schmalen Lippen, rötlich blond und mit seelenvollen blauen Augen, stammte sie aus einer katholischen Familie mit langer Adelstradition. Was sie mit Maya gemeinsam hatte, waren Träume von Ferne und Abenteuer, grenzenloser Freiheit und von der großen Liebe – und die Weissagung einer Zigeunerin, die ihr verhieß: »Du wirst über das Meer fahren und in derselben Stadt mit deinem Schicksal sein, ohne es zu wissen. Hindernisse werden sich dir in den Weg stellen und eine Verbindung von widrigen Umständen, dass du allen Mut, alle Kraft und allen Verstand benötigen wirst, um diese zu überwinden … Du wirst einen Namen unseres Stammes tragen und stolz darauf sein. Du wirst sein wie wir, doch größer. Dein Leben wird das Vagabundieren sein, das Abenteuer. Eine Seele in zwei Körpern, im Leben wie im Tod, nie lange getrennt. Zeig dies dem Mann, den du zum Manne nehmen wirst.« Hagar Burton, so hieß die Zigeunerin, die Isabel dies prophezeit hatte. Und als sie eines Tages in den Ferien mit ihrer Familie in Boulogne weilte, begegnete sie ihrem Schicksal in Gestalt von Richard Francis Burton, der in jedem noch so kleinen Detail ihrem Traum von einem Mann entsprach und tatsächlich denselben Familiennamen wie die Zigeunerin trug.
»Dieser Mann wird mich heiraten«, flüsterte sie ihrer Schwester zu und richtete von nun an ihr ganzes Leben darauf aus, tatsächlich seine Frau zu werden – denn: »Wenn ich ein Mann wäre – so wäre ich Richard Burton. Aber da ich kein Mann bin, muss ich ihn heiraten.« Sie sammelte alles über ihn, Bücher, soweit es ihre Eltern gestatteten, und Zeitungsausschnitte, notierte in ihr Tagebuch prophetische Träume von ihm, die sie weiter ermunterten, ihr Ziel zu verfolgen. Außerdem stellte sie minutiöse Listen und Pläne auf, wie sie sich als seine Frau verhalten, was sie in seinem Leben alles bewirken würde. Wenn – wenn sie nur erst seine Frau wäre.
Er hätte erzählen können, dass er geschmeichelt war, als er nach seiner Rückkehr von der Krim Isabel und ihre Schwester in den Botanischen Gärten von Kew nahe London wiedertraf und Isabel alle seine Bücher kannte und jeden Schritt seiner Reisen. Wie sie ihn anhimmelte, den Boden anbetete, auf den er trat. Dass alles an ihr in Gesten, Blicken und Stimmlage ihn anflehte, ihr Gott zu sein, dem sie dienen wollte, bis dass der Tod sie schiede. Ja, sie war so gänzlich anders als Maya, die ihm die Stirn geboten hatte, ihm an Starrsinn und Freiheitswillen gleichkam. Isabel war die ideale Frau für das Leben, das er führte, bedingungslos ergeben, ihm den Rücken zu stärken, offene Rechnungen zu bezahlen, die Sachen zu packen und ihm zu folgen, wo immer er hinging.
So bat er sie um ihre Hand, wurde selbst in den vier Jahren heimlicher Verlobung nicht wankelmütig, bis Isabel volljährig wurde und ihn gegen den Willen ihrer Eltern heiratete. Richard liebte Isabel, aber es machte ihm auch Angst, wie sehr sie ihn mit ihrer abgöttischen Liebe überschüttete. Doch diese Angst schwand in dem Maße, wie er unter den Misserfolgen seines Lebens und den Strapazen seiner Reisen ausbrannte. Mittlerweile war Isabel die Stärkere, seine Stütze, seine Festung gegen die ihm so
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