Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
Vom Netzwerk:
und sieht eine Reihe von Flaschen an der Wand. Man sagt die da bitte und bitte zwei davon. Und schon kommen zwei Kisten auf dem Förderband angerollt. Und keineswegs langsam. Du mußt dich schon konzentrieren. Ich habe viel über Kanadier reden hören, Gutes wie Schlechtes. Aber wenn es ums Bier geht, wissen sie, worauf es ankommt.
    Mit zwei Kisten auf der Ladefläche fuhr ich zur Brücke zurück. Ich merkte, wie sich meine Stimmung besserte, als ich unter den Straßenlampen auf der Queen Street langfuhr. Ich zahlte noch mal den Dollar fünfzig Maut und wartete jetzt am US-Zollhäuschen. Als ich an der Reihe war, fuhr ich bis zum Schalter vor und begrüßte den Mann mit Hallo. Wieder ein vertrautes Gesicht. Er stellte mir die üblichen Fragen. Ich sagte, ich hätte zwei Kisten hinten drauf.
    »Sie wissen, daß Sie nur eine Kiste pro Fahrt einführen dürfen«, sagte er.
    »Können Sie mir das zum Vorwurf machen?« antwortete ich. »Wir sprechen von kanadischem Bier.«
    Er dachte einen Moment lang nach. »Los, machen Sie, daß Sie wegkommen«, sagte er schließlich. »Und passen Sie auf das Bier auf. Haben Sie es gesichert? Sie wollen doch nicht, daß die Flaschen kaputtgehen, oder?«
    »Bier ist bei mir immer sicher«, sagte ich. »Da können Sie sich drauf verlassen.«
    Ich fuhr durch Soo Michigan zurück. Dieselben Straßen, und jede Tour hier bei uns mindestens eine halbe Stunde. Kein Wunder, daß mein Laster über 350.000 drauf hatte. Der Schnee fiel jetzt dichter.
    Kaum hatte ich das Schild passiert (»Paradise. Schön, daß Sie es geschafft haben«), da schoß ein Schneemobil auf die Straße. Ich trat auf die Bremsen und hörte hinter mir die Flaschen rappeln. Der Fahrer saß unbeweglich da, wie ein Stück Rehwild, das von meinen Scheinwerfern gebannt war. Durch das Visier des Helms konnte ich sein Gesicht nicht erkennen.
    Wenn auch nur eine Flasche kaputt ist, sagte ich mir, dann ist die Hölle los. Ich hielt mich am Lenkrad fest und zwang mich, bis fünf zu zählen, dann öffnete ich die Tür. Das Schneemobil verschwand in einer weißen Wolke.
    Ich sah nach dem Bier und stieg wieder in den Wagen. Ich merkte, wie meine schlechte Laune zurückkehrte. Fahr ins Glasgow, Alex. Stell eine Kiste hinter den Tresen. Laß eine auf dem Wagen. Stell sie besser ins Führerhaus, damit sie nicht gefriert. Setz dich ans Feuer, zieh die Stiefel aus. Jackie macht dir was zu essen. Du sitzt da, du trinkst ein kaltes Kanadisches. Du wirst ein neuer Mensch sein.
    Ich nahm die Kiste und schob mich rückwärts durch die Tür. Das Lokal war voller Schneemobilfahrer. Ein Mann ging auf dem Weg zur Toilette an mir vorbei, den Anzug bis zur Hüfte offen, in schweren, polternden Stiefeln, und das glänzende Zeug an seinen Beinen machte bei jedem Schritt sip sip. Jackie hatte sich über den Tresen gebeugt und sprach mit einer Frau. Die Lichterkette an der Wand hinter der Theke blinkte in regelmäßigen Abständen, obwohl Weihnachten längst vorbei war. Ich setzte die Kiste ab, richtete mich auf und streckte meinen Rücken, wobei ich mich im Raum umsah. Viele fremde Gesichter, aber das war in dieser Jahreszeit normal. Die ganzen Kerle aus dem Süden des Staates, die den Raum mit ihren Geschichten, ihren blöden Witzen und mit Zigarettenrauch füllten.
    Der übliche Anblick. Und doch …
    Und doch was? Irgend etwas stimmte nicht. Ein bestimmtes Geräusch, oder das Fehlen eines bestimmten Geräusches. Ein Gefühl, als ob mich jemand beobachtete, obwohl mich niemand ansah. Nur ein Gefühl, daß irgendwas …
    Was? Was war das Problem? Ich konnte es nicht sagen. Ich dachte dann auch nicht weiter darüber nach. Ich schob es auf meine komische Laune an einem komischen Tag. Ich hörte nicht auf die Stimme im Hinterkopf, die leise Stimme, auf die ich mich als Polizist tagtäglich verlassen hatte. Ich hätte durch den Raum gehen können und jeden Mann betrachten, einen nach dem anderen, langsam und ganz beiläufig, ohne viel Aufhebens. Jedem in die Augen sehen, lächeln, nicken, weitergehen zum nächsten. Vielleicht hätte ich dann mein Vorgefühl auf den Mann, der allein in der Ecke saß, eingrenzen können. Oder auf den Mann am Fenster, der ständig nach draußen sah. Vielleicht hätte ich dann spüren können, daß in dieser Nacht noch etwas Schlimmes passieren würde, und vielleicht hätte ich sogar einen Weg gefunden, es zu verhindern.
    Aber das tat ich nicht. Ich wischte das Gefühl weg, genauso wie früher die Pitcher meine Signale

Weitere Kostenlose Bücher