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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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länglicher und sch m aler aus. E s ließ sie je m and e m ähneln, aber er kam nicht darauf, wem. Sie konnte besser tanzen als er, also führte sie eine W e ile, was ihre Verkleidung um so authentischer m achte, und das Bewußtsein, daß ihnen viele Blicke folgten, verursachte ihm eine prickelnde Befriedigung.
    » W as m einst du, wer von uns bek o mmt m ehr Anträge, bevor wir die Bar wie d er verlas s e n ? «
    Carla legte den Kopf s c hief. »Das kom m t darauf an, ob m e hr Sadisten o d er Masochisten hier sind!«
    Robert lachte und zog sie ein wenig näher.
    »Und wenn es gleich viel sind ? «
    »Dann m üs s en wir immer weiter t a nzen«, sagte Carla und ließ ihre Miene zu tragischem Entsetzen gefrieren, »de n n wenn wir aufhören, stürzt sich die Meute auf uns!«
    Ihre Rec h te, m it der s i e , Robert kurz loslassend, flüchtig auf ein paar völlig har m lose Barbesucher w i es, die sich angeregt unterhielten und nicht w eiter auf sie achteten, tau c hte in dem roten Licht wie ein verwundeter Vogel aus der dunklen Anzugjacke hervor, und Robert geriet für einen Mo m ent aus dem T a kt.
    »Das ist es! Cinna der P oet!«
    Hingeris s en sah er es vor sich, wie er die Szene zu gestalten hatte, auch wenn die ar m e Nina Rebendorf, die für die Beleuchtung zuständig war, wahrscheinlich einen A nfall haben würde. Carla begriff sofort, was er m einte. »Das eitle Schaf und die Wölfe ? «
    Deswegen bedauerte er, jenseits v o n aller Neckerei, daß s i e sich nicht zur Mitwirkung in seinem Theater überreden ließ. Nie m and verstand ihn so gut und so in s tinktiv schnell wie Carla.
    »Genau«, sagte er, und aus dem Überschwang und der Erleichterung heraus, sein großes Problem e n dlich gelöst zu haben, küßte er sie, e i n e r i h rer ü b lic h en geschwisterlichen Kü s se. Dann s a h er aus den Augenwinkeln heraus ein Paar, das ihn einiger m aßen schockiert betrachtete, und erkannte Peters S c hwester und ihren Mann, die zu den Investoren des neuen Her m es-Theater gehörten.
    Peters Abkanzlung in Sachen Schu l den und Investoren fiel ihm ein, und Robert erfaßte der rebellische, zerstörerische I m puls, der ihn als Kind dazu g ebrac h t hatte, lieber auf den Balkon zu k l ettern, als weiter auf dem elenden Klavier zu üben.
    »Ein paar G eldgeber sind da«, flü s t e rte e r Carla ins Ohr, »l a ß uns ihnen etwas bieten.«
    Ihre Hände glitten von seinen Schultern hoch zu seinem Hals, und sie zog sei n en Kopf zu sich herab. Dies m al geriet der Kuß de m onstrativ lang, hungrig, und Robert e n tdeckte m it einer Mischung aus Bestürzung und Entzücken, daß die eigenartige Stim m ung von neulich, in Carlas W ohnung, zurückgekeh r t war. Warum nicht, dachte er plötzlich, w arum eigentlich nicht?
    Die Musik endete, und sie lösten sich voneinander. Das nächste Lied, ein schneller Black Botto m , brachte eine warnende E r nüchterung m it sich. Er hatte immer gerne Grenzen überschritten, aber in Carlas Augen las er sein eigenes Zögern davor, diese spezielle Grenze zu überschreiten. Es wäre so… endgültig.
    »Laß uns gehen«, sagte Carla m it ihrer nor m alen Stim m e, und er nickte. T rotzdem fühlte er sich noch im m er hungrig, nur verlagerte sich der Hunger auf eine andere Ebene, und er schlug ihr vor, bei Pelzer zu dinieren, um herauszuf i nden, ob sie auch in einer langweilig-seriösen U m gebung als Mann durchgehen w ürde.
    »Die eine sichere Konstante im Universum ist«, sagte Carla, und ihre ge m i schten Gefühle über den Kuß m achten der Zuneigung Platz, die sie für ihn e m pfand, wenn er sie zum Lachen brachte, »daß du dir den Bauch vollsc h lagen willst.«
    Es war schon etwas spät, aber bei Pelzer fand sich in der Tat noch ein Tisch für sie. Carla erinnerte sich gerade noch rechtzeitig daran, daß ihr als Mann nie m and den Stuhl zurechtrückte, und nahm gleichzeitig m it Robert Platz. Als sie sich eine Zigarette anzündete, schnipste Robert m it den Fingern.
    »Jetzt weiß ich es!« sa gt e er. »Du imitierst Jean-Pierre!«
    Sie hatte eine beneidenswerte Gabe dafür, s i ch ander e r Le u t e Bewegungen und Tonfälle anzueignen, die er all m ä hlich als den Unterschied zwi s chen ihren beiden Art e n zu spielen erkannte. E r m achte die Personen, die er verkörperte, zu Varianten s einer s e lbst, angereichert h ier u nd da m it ein paar f r emden W esenszügen; sie versuchte, in fre m den Wesenszügen zu ver s chwinden und daraus neue Personen zu schaffen. Jetzt k l

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