Unter dem Zwillingsstern
und talentierte F r au, die sich in der hoffnungslosen L eidenschaft zu einem Mann m it einer ständigen Geliebten und einer scheidungsunwilli g en Ehe f rau ausbrannte. Reinhardts Se k ret ä rin, Gu s ti Adle r , W ienerin, Schulfreundin von Helene Thi m ig und dieser sehr ergeben, behandelte Eleonore von Mendelssohn so kühl, wie es im Rah m en der Höflichkeit gerade noch anging, und fragte ein m al spitz, während sich Schauspieler und Bühnentechniker an einer von Eleonore organisierten und bezahlten kleinen Zwisc h en m ahlzeit stär k t en und Max Reinhardt außer Hörweite war:
» W ollten Sie nicht nach Italien zie h en, Fräulein von Mendelssoh n ? Ich m ein, der Herr Toscanini hätte so was erwähnt.«
Das war ei n e gezielte Boshaft i gkeit, denn der w eltberüh m te Dirigent gehörte, was inzwischen dank des Theaterklatsches auch der let z te Neue im Ense m ble wußte, zu den e b e n falls verheirateten Ersatzpassionen Eleonores, m it denen sie sich über die Unerreichbarkeit i h res Idols g e trö s tet h a tte.
»Ja«, erwiderte E l eonore von Mendelssohn, ohne sich an der Feindseligkeit der Sekretärin zu stören, m it einer naiven Verwunderung, die m it einem mal trotz all des Schicks und des höchst weiblichen Körpers ein Kind aus ihr machte, »die Dinge, die wir uns m anch m al vorneh m en…«
Ihre Augen wanderten zu dem zurückkehrenden Max Reinhardt, und Carla, die den kurzen W ortwechsel m it angehört hatte, wußte, daß ihr ihre Helena geschenkt worden war.
»Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen,/ Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen«, sagte sie bei der n ächsten Pr o be m it der gleichen kindlichen Verwunderung über das Leben, die sowohl das Absurde wie auch das Tragische ihrer Lage er f aßte, und Max Reinhardt war es zufrieden.
Robert hatte keine Zeit, sich Gedanken um seine Darstellung als Brutus zu m achen. Er w ußte bereits, wer sein Brutus sein würde der Gedankenmensch, der Liberale in einem radikalen Zeitalter -, und benutzte während der P r oben m eistens Peters S ekretärin als Double für sich. Das Regieführen nahm ihn ganz und gar in Anspruch; er aß und schlief im Theater, wenn er n i cht für kurze Zeit verschwand, um Geld beim Rundfunk z u verdienen. Dabei ließen sich nicht alle seine Einfälle verwirklichen; er wollte ursprünglich keinen Geringeren als Kurt W eill d azu überre d en, die Bühnen m usik für die In s zenierung zu schreiben. A ls das nicht klappte, f a nd sich im m e rhin e in ar b eit s los e r junger Komponist aus der Fil m welt, den Peter We r m ut kannte; leider war der Mann sä m tlichen Auf m är s chen der Nazis bisher immer aus dem W eg gegangen, so daß Robert s e ine län g st vergesse n en m usikalischen Kenntnisse be m ühen m ußte, um ihm die Tro m peten, Hörner und Orgeltöne zu beschreiben, die er bei den Auf m ärschen und Massenszenen wünschte. Andere Hin t ergrundgeräusche, die ihn bei seiner Radioarbeit beeindruckt hatten und die er auch im Theater verwenden wollte, ließen si ch von den Grammophonen einfach nicht auf die vorhandenen Lautsprecher üb e rtragen; es klang nach einem fürchterlichen Gegurgel und m ußte fallengelassen werden.
Weite Teile der Bühne im Dunkeln zu lassen und nur Inseln aus Licht zu schaffen trug zwar zur g e wünschten A t m osphäre bei, aber es sor g te a u ch für viele Unfäll e . B ei einer der wenigen Proben, an denen er als Schauspieler teilnah m , trat Robert daneben und stürzte von der Rednertribüne drei Meter tief auf die Bühne. Doch sein Glück hielt an; er brach sich nichts und trug n o ch nicht ein m al eine Verstauchung davon.
» W irkliche Dolche«, sagte er, wäh r end er sich abklopfte und die übrigen Mitspieler ihn besorgt u m ringten, »wir brauc h en wirkliche Dolche, da m it sie das Licht einfangen. Die Attrappen bringen es nicht.«
Er kürzte und kürzte, vor allem a m z weiten Teil des Stückes. Seine alte Idee, nach dem dritten Akt a u fzuhören, ließ sich nicht verwirklichen, aber er strich die m eist e n der Octavius-Szenen und schloß m i t Antonius’ Nachruf auf den toten Brutus, »Dies war der beste Römer unter allen…«, statt mit Octavius’ Sch l ußworten. Der Komponist hatte ihn auf die Idee gebracht, die Menge chorisch und wie eine vielköpfige Hydra zu benutzen, und um noch m ehr Szenen m it der m anipulierbaren Masse zu bekommen, warf er den Streit zwischen Brutus und Cassius über die Besoldung der Legionen zugunsten einiger
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