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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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dieses kom m u nistische Machwerk verboten! W i r sind aufrechte Deutsche m it einer einw a ndfreien nationalen Gesinnung, lassen Sie sich das gesagt sein!«
    Er ging zu dem Klavier, auf d e m seit dem Tod der bedauernswerten Marianne gewiß kein Mensch mehr gespi e lt hatte, s e t z te sich auf den Hocker und schlug ein paar Tas t en an. Die Handgriffe, die er so un f reiwillig geler n t h a tt e , waren noch irgendwo in seinem Gedächtnis vorhanden, aber er zog es vor, m it zwei F i ngern eine Reihe von etwas verstimmten Tönen aneinan d erzufügen, die den Anfang der Habanera aus Carmen ergaben.
    »Ganz abgesehen davon, daß m ir Ihre Gastfreundschaft ewig un v ergessen b lei b en w ird, H err B ac h m aier, bin ich natürlich wegen eines Angebotes hier. W i e Sie z w eifellos wi s sen, unter st ehen wir Fil m schaff e nden einer Prüfstelle, und die Leute dort haben den Eindruck, daß unser neuer Kanzler seinerzeit nicht angetan von, wie nannten Sie es, m einer kleinen E s kapade war, obwohl ich wirklich nicht verstehe, weswegen. Schließlich war es mein Tribut an die gefallenen Helden der Bewegung.«
    Er schaute auf und sah, daß Philipp zum Fen s ter gegangen war. Der Mann trug wie immer einen tadellos geschnittenen Anzug, doch auf dem Revers saß sein Parte i abzeichen. Seine schwarzen Augen blieben auf Robert geheftet, während er das Band löste, das den Vorhang zurückhielt.
    »Mein Film ist verboten, und m ei n e Mitarbeiter haben noch weniger Vertrauen in die Fortdauer ihr e r Freiheit als ich«, sagte Robert, ohne in seinem Geklimper innezuh a lten. »Der Onkel meiner Frau, zugegeben ein etwas knorriger Cha r akter, scheint weniger und weniger geneigt zu sein, weiter seine schützende Hand über m i ch zu halten. Jedenfalls hat er m i ch schon hoffnungsvoll gefragt, ob ich denn nie m anden in der Partei kenne, der E influß habe. Er m einte nicht die DNVP.«
    »Mein lieber Robert«, sagte Phili p p a m üsiert, »ich habe Sie in m einen wohlwollendsten Mo m ent e n als unterhaltsa m e Landplage und ansonsten als Zu m utung für d i e Menschheit e m pfunden. Warum sollte ich m i ch für Sie einsetze n ?«
    Jetzt hatte er die korrekte Tonfolge gefunden. Ja, die Liebe hat bunte Flügel…
    » W eil die Alternativen Ihnen nic h t bieten, was ich Ihnen versprechen kann«, entgegnete Robert. »Es wäre zweifellos befriedigend für Sie, m i ch als Exilanten im Ausland oder Gefangenen im Inland zu wissen. Aber was ist schon die Befriedigung Ihrer persönlichen Abneigung gegen m ich i m Vergleich zu«, er drehte sich auf dem Klaviersche m el zu Philipp um, »Carlas Rückkehr ? «
    Ming Huan steh mir bei. Wenn ich diese Szene schmeiße, bin nicht nur ich erledigt, sondern wir alle. In Philipps Augen rührte sich nichts.
    » W arum sollte m i ch interes s ie r en, ob eine Frau in dies e s L a nd zurückkehrt, die m i r nichts bedeutet ? «
    Robert sch n alzte m ißbilligend m it der Zunge. »Sie waren schon m al überzeugender… Phil.« Er ents c hied sich, di e spöttische Attitü d e abzulegen und zu verständnisvoller Aufrichtigkeit überzuwechseln.
    »Es stim m t «, sagte er m it gesenkter Stim m e, »ich habe S ie ebenfalls nie gemocht, aber sehen Sie, ich wußte i m m er, was Sie für Carla e m pfinden. Anfangs w a r ich m i r nicht sicher, schließlich hätten Sie einfach nur der Typ sein können, der pubertierende Mädchen vorzieht, aber es war nicht Carlas Alter, es war Carla, und das wurde m it jedem Jahr deutlicher. Das m uß u n angenehm für Sie gewesen sein wer liebt denn schon gerne eine Fr a u, die so ganz offenkundig falsch für einen ist? Aber Sie tun es nun ein m al. Übrigens würde ich an Ihrer Stelle Ihre Frau ni cht auch n o ch überre de n, sich die Haare zu färben, es dürfte in München genügend Leute geben, die sich erinnern, daß Carla rothaarig ist.«
    Er hütete sich, durch einen Bli c k die W i rkung seiner W orte zu überprüfen. Z eit für einen erneuten Tonartwechsel.
    »Carla hat Ihren Ring noch, wußten Sie das ? « fragte er, drehte sich wieder dem Klavier zu und begann e r neut, einzelne Akkorde zu spielen. »Sie hat ihn sogar nach A m erika m itgenommen.« Mitten in die abgehackte, völlig f alsc h e M e lodie h inein sau s te auf ein m al der Kl a vierdeckel so schnell herab, daß er gerade noch rechtzeitig seine Finger wegzie h en konnte. P hilipp s tand neben ihm und starrte i h n an.
    »Selbst wenn etwas an dem wäre, was Sie behaupten«, stieß er zwischen zusam m eng

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