Unter Den Augen Tzulans
prachtvollen Säulen, die Decken waren mit Stuck, Blattgold und Malereien verziert.
Tokaro war beeindruckt und geblendet von dem herrschaftlichen Glanz.
Die Türen des großen Saales wurden geöffnet, und sogleich verkündete ein weiterer Livrierter die Ankunft des neuen Gastes. Tokaro wurde mit »der hoheitliche Reitmeister« angekündigt, und prompt wandten sich dem Neuling etliche Gesichter zu.
Der Junge stolzierte etwas ungelenk unter verhaltenem Beifall die Stufen in den Raum hinab und begab sich schnurstracks zum Büffet, wo er sich seinen Teller mit den Köstlichkeiten voll stapelte. Ohne weiter auf die Umgebung zu achten, machte er sich über das Essen her, das interessant, aber unbekannt schmeckte.
Ein Diener näherte sich ihm und überreichte ihm wortlos eine Notiz.
»Hey, du, nicht so schnell«, rief ihn Tokaro mit vollem Mund zurück, »lies mir das vor.« Er hob die dreckigen Finger. »Ich kann den Umschlag nicht öffnen.«
Pikiert kam der Mann der Aufforderung nach. »Komm in die kleine Umkleidekammer, neben dem Festsaal.« Eine Augenbraue wanderte in die Höhe. »Ich erwarte dich. Z.«
Puterrot wischte sich der Junge die Hände am Tischtuch ab und schnappte das Blatt, um es in den Kamin zu werfen. Er sprang auf und rannte zum angegeben Ort.
Dort herrschte Dunkelheit.
Im Schatten der Monde erkannte er die zahlreichen Mäntel und Capes, die von den Gästen stammen mussten. Ohne dass er darüber nachdachte, wühlte er im ersten Mantel und stieß tatsächlich auf eine kleine Börse. Sie glitt in seine Tasche.
»Tokaro, bist du da?«, wisperte es irgendwo aus der Dunkelheit.
»Zvatochna?«, sagte er leise, während er sich einen Weg durch die Garderoben bahnte, bis er schließlich das Mädchen vor sich stehen sah.
»Du bist fantastisch geritten, Tokaro«, hauchte sie ihm ins Ohr und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Das war dein Lohn. Nun bist du der berühmteste Junge in ganz Tarpol.«
»Und nun fehlt mir nur noch das Geld, dann werde ich Euch heiraten«, brach es aus ihm heraus, und er fasste ihre Hände. Wieder kribbelte es. »Aber ich bin dabei, reich zu werden. Es ist ganz einfach.«
»Du willst bei meinem Vater wirklich um meine Hand anhalten?«, meinte sie erstaunt, dann lachte sie glockenklar und süß. »O Tokaro, du bist wundervoll.«
»Wie viel Geld muss ich haben?«, wollte er begierig wissen. »Ich habe schon mehr als dreihundert Taler zusammen, und wenn ich ein paar Wetten auf mich abschließe, dann geht das ruckzuck.«
Wieder vernahm er ihr Lachen. »Du wirst aber noch mehr benötigen. Schon allein dieses Kleid, das ich trage, hat dreihundert Taler gekostet. Und als armer Schlucker brauchst du mir oder meinem Vater erst gar nicht unter die Augen zu treten.« Sie drückte sich an ihn. »Was wäre denn eine Tadca ohne eine standesgemäße Kleidung? Und du müsstest dafür Sorge tragen, dass ich immer etwas Neues im Schrank hätte.«
»Ich werde alles tun, damit das wahr wird«, versprach der Reiter aufgeregt.
Zvatochna machte einen Schritt rückwärts. »Dann werde ich warten, bis du reich bist. Aber ich gewähre dir höchstens noch ein Jahr. Du wirst mir einen Palast bauen, nicht wahr?«
In Tokaros Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wenn er bei jedem Rennen dreihundert Taler auf seinen Sieg setzen würde, müsste er bald zu einem Vermögen gekommen sein. Aber wie teuer war so ein Palast? Ein erster Zweifel meldete sich an dem Unterfangen, Zvatochna zur Frau zu nehmen.
»Ich werde Euch ein angemessenes Haus bauen«, antwortete er vorsichtig.
»Mit Dienern und Mägden und Köchen und Zofen und Pferden und Hunden?«, verlangte sie und schaute ihn bittend, ein wenig von unten herauf an.
Ein Mondstrahl fiel auf ihr Antlitz, und dem Knaben war mit einem Mal alles gleichgültig. Dieser betörenden Schönheit konnte er nicht widerstehen. »Alles, alles werde ich Euch erfüllen, wenn Ihr nur Ja sagt.«
Die Tadca gab ihm einen zweiten Kuss, der ein Prickeln in ihm auslöste. »Erfülle meine Bedingungen, und ich werde zu allem Ja sagen. Und nun muss ich wieder in mein Zimmer. Wir sehen uns gleich im Saal. Aber tu so, als wäre nichts zwischen uns geschehen. Wenn du unser Geheimnis verrätst, will ich dich nicht mehr.« Sie huschte davon.
Tokaro machte sich an die Arbeit und filzte die Garderoben der Gäste, was eine enorme Zeit in Anspruch nahm.
Er trug die Waslec in einem verborgenen Winkel der Garderobe zusammen, eine Brosche steckte er sich ein.
Sie wollte er später
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