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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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jammerte Tokaro unglücklich.
    Lodrik und sein Vetter tauschten einen wissenden Blick aus. »Diese Brosche ist nicht dein Eigentum, Tokaro. Auch die dreihundert Taler gehörten nicht dir, und den Anhänger meiner Tochter hättest du zurückgeben müssen.«
    »Aber sie hat ihn mir doch …«, wollte der Junge verzweifelt und den Tränen nahe unterbrechen, aber das Blau um die Pupillen des Herrschers wurde eisig.
    »Schweig!«, befahl er ihm. »Ich habe dir einen Hengst geschenkt, wie es keinen Zweiten mehr in diesem Land gibt, ich gab dir und deiner Mutter eine Bleibe und Wohlstand. Und so dankst du es mir?« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin enttäuscht. Maßlos enttäuscht, wie es dein Vater auch sein würde. Du stiehlst wie ein gewöhnlicher Dieb, du lügst mich sogar an, obwohl du überführt bist.«
    »Wie lautet Euer Urteil, Hoher Herr?«, erkundigte sich Nesreca, der sich prächtig zu amüsieren schien.
    »Er soll behandelt werden, wie man einen Dieb in seinem Alter behandelt.« Lodrik atmete laut aus. »Nein, hackt ihm nicht die Hand ab. Brennt ihm mein Siegel auf das Schulterblatt und werft ihn morgen Früh aus der Stadt. Wenn er sich je wieder in Ulsar blicken lässt, soll es ihm schlecht ergehen.«
    »Ich vermute, Euer Geschenk wird er ebenfalls los sein?«, meinte der Mann mit den silbernen Haaren abschätzend. Tokaro hasste den Konsultanten für den Hinweis auf Treskor abgründig.
    »Der Hengst wird in mein Gehöft gebracht. Für einen Dieb, und mag er noch so ein begnadeter Reiter sein, ist dieser herrliche Schimmel einfach zu schade.«
    »Hoheitlicher Kabcar, darf ich eine Bitte äußern?«, wagte der Junge seine Stimme zu erheben. Lodrik bedeutete ihm zu sprechen. »Ich möchte nicht, dass meine Mutter unter meiner Tat leidet. Darf sie weiterhin in Euren Diensten sein?«
    »Dorja Balasy ist eine tadellose Frau, und ich gedenke nicht, sie für ihren missratenen Sohn zu bestrafen«, erklärte der Kabcar. »Aber deine Sorge ehrt dich ein wenig. Ich kann dich beruhigen, sie wird weiterhin in dem Haus leben dürfen und erhält ihre Zuwendungen.« Seine blauen Augen nahmen einen betrübten Ausdruck an. »Du bist von nun an gebrandmarkt, Tokaro. Dabei hättest du eine so großartige Zukunft vor dir gehabt. Du hättest deinen Vater stolz machen können.« Er schien zunächst noch etwas sagen wollen, wandte sich dann aber um und kehrte zu seinen Gästen zurück.
    »Nun, junger Balasy, dann wollen wir dir einmal die Kerkerräume des Palastes zeigen«, sagte Nesreca freundlich und begleitete den Zug aus Wachen und Dienern durch die Korridore in die Katakomben des Regierungssitzes. »Du hast übrigens bemerkenswert blaue Augen«, sagte er unterwegs beiläufig. »Woher stammen sie?«
    Irgendein unbestimmtes Gefühl warnte den Jungen davor, zu frei zu sprechen. »Meine Mutter sagt immer, das liegt bei uns in der Familie«, log er.
    »So, so«, sagte der Konsultant und stieg als Erster in den Kerker hinab. »Welches Handwerk übt dein Vater aus?«
    »Er ist ein einfacher Tagelöhner, er ist mal hier, mal dort«, erfand Tokaro auf die Schnelle. Zwar kannte auch er seinen Vater nicht, aber das musste er dem Mann mit den silbernen Haaren und den wahnsinnigen Augen nicht auf die Nase binden. »Weshalb interessiert Euch das?«
    »Ihm wird sicherlich elend zu Mute sein, wenn er hören muss, dass aus dem berühmtesten Rennreiter innerhalb eines Tages ein gewöhnlicher Verbrecher geworden ist. Ob man ihm noch Arbeit geben wird?« Er schenkte dem Jungen ein kurzes, falsches Lächeln. »Ich finde es außerordentlich schade, dass wir uns nicht viel früher kennen gelernt haben, Balasy. Etwas an dir müsste dringend näher erforscht werden, wenn mich mein Eindruck nicht täuscht. Aber Geheimnisse sind dazu da, um entdeckt zu werden, nicht wahr?«
    Verunsichert schaute er auf den Schatten, den der Mann warf. Die Proportionen des schwarzen Umrisses passten nicht zu dem eigentlichen Körper. Der Knabe wollte plötzlich nur weg von diesem unheimlichen Berater.
    Sie waren in den großen, aus groben Steinen gemauerten Katakomben angekommen. »Ich werde meinen Vertrauten die Sache machen lassen. Echòmer, würdest du das bitte für den Kabcar und mich erledigen?«, befahl Nesreca leise, und aus dem Dunkel eines Gewölbebogens trat ein Angst einflößender Mann heraus. Selbst die Diener und Wachen wichen unwillkürlich vor der Gestalt in der nietenbesetzten, schwarzen Lederrüstung zurück, die eine Aura von Furcht vor sich herschob.

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