Unter Den Augen Tzulans
Festung war von allen Seiten eingeschlossen, nichts und niemand gelangte hinaus. Aber, sehr zum Leidwesen der versammelten Tzulandrier und Tarpoler, kam auch keiner hinein, was für sie die eigentliche Schwierigkeit war.
Checskotan stammte aus der Zeit der echten Kriege auf dem Kontinent, erhob sich massiv wie ein Fels aus der Landschaft und diente Arrulskhân IV. als letzter Stützpunkt.
Zwei stabile Mauerringe umzogen das Bollwerk, ein Wassergraben machte das Untertunneln der Anlage unmöglich. Die zweihundert Mann starke Besatzung reichte nicht aus, um wirklichen Schaden unter den Angreifern anzurichten, aber sie war gerade zahlreich genug, um die notwendigen Katapulte zur Abwehr der Erstürmungsversuche zu betätigen und Munition heranzukarren.
Das hatten die Befehlshaber der Belagerer nach hundertfünfzig Toten verstanden und von weiteren, sinnlosen Angriffen abgesehen.
Seit drei Wochen saß damit eines der zehn jeweils tausend Mann umfassenden Kontingente, die Borasgotan im Handstreich erobern sollten, vor den Mauern fest. Ausgelegt war die Strategie der Miniaturheere auf schnelles Vorwärtsstürmen, Zerschlagen jeden Widerstands der borasgotanischen Truppen und das Ausschalten der Garnisonen. In einer zweiten Welle würden die Gouverneure des Kabcar samt Gefolge anrücken, um die riesigen Länder im Namen des Herrschers zu verwalten.
Eine solch schnelle Kriegsführung war allerdings nicht auf das Transportieren von schwerem Belagerungsgerät ausgelegt, geschweige denn das Mitführen eines entsprechend großen Handwerkerheeres, das die notwendigen Katapulte, Ballisten und Onager, Sturmleitern, Rammböcke und Mauerbohrer fertigen könnte.
Zwar hätte man ungestört an Checskotan vorüberziehen können, doch eine ungestürmte Festung blieb immer ein Unsicherheitsfaktor. Sie diente dem Feind weiterhin als Sammel- und Versorgungspunkt, von hier aus könnte er neue Unternehmungen starten, im schlimmsten Fall den Tzulandriern und Tarpolern in den Rücken fallen.
Dieses Wagnis wollte keiner der Offiziere eingehen, also hatte man per Bote um Beistand durch einen Meisterstrategen gebeten, der einen schnellen Weg wusste, die Fortifikationen einzunehmen.
Die Belagerten machten sich derweil einen Spaß daraus, ihre nackten Hintern oder Geschlechtsteile auf den Zinnen zu zeigen, dabei Schmählieder zu singen oder eine Ladung Fäkalien mit einem Katapult in Richtung der Angreifer zu schießen.
Anfang der vierten erfolglosen Woche erschien Osbin Leod Varèsz mit einem gewaltigen Tross.
Zwanzig Wagen, die Räder drückten sich auf Grund der schweren Last tief in den Weg, rollten kurz nach Anbruch der Nacht heran, alle Ladeflächen waren mit Planen gegen die Blicke neugieriger Augen abgedeckt.
In aller Eile bauten fünfzig des tzulandrischen Kontingents ein riesiges Zelt auf, in das nach und nach die Karren hineingeschoben und abgeladen wurden.
Am nächsten Morgen entdeckte die Besatzung von Checskotan die merkwürdigen Vorbereitungen. Unruhe breitete sich auf der Brüstung des ersten Mauerrings aus, wo man eben noch die morgendliche »Afterballenund Knüppelparade« abhalten wollte.
»Lasst den Unsinn und zieht Eure Hosen hoch. Eure erbärmlichen Gesäßbacken will keiner sehen. Gib her.« Oberst Vrobloc, ein stattlicher Borasgotaner mit dichtem Wangenbart, schnappte sich das Fernrohr, um sich das Treiben der Belagerer näher zu betrachten.
Die zwanzig Wagen standen größtenteils entladen am Rand des Lagers, vier bugsierte man gerade unmittelbar neben das Zelt, während zwei weitere ganz abseits standen. Doch die Wachmannschaft, die sich drumherum scharte, war enorm.
»Eine Unterkunft wird das wohl nicht gerade sein, oder?«, erkundigte sich einer der borasgotanischen Soldaten bei dem Vorgesetzten, ein Arm locker auf die Brustwehr gelehnt. »Ein Küchenzelt?«
Vrobloc senkte die Sehhilfe kurz, runzelte die Stirn und setzte sie erneut an die Pupillen. »Es würde mich wundern, wenn sie einen Ofen zusammenbasteln. Und warum verbannen sie die anderen beladenen Wagen so weit weg vom Feldlager? Als hätten sie Angst davor.«
Am Zelt der Belagerer kam Bewegung auf. Vier Soldaten rannten zu den abseits stehenden Karren, hoben jeder ein kleines Fässchen unter der Plane von der Ladefläche herab und liefen zurück.
»Eine Schänke?«, meinte der borasgotanische Soldat. »Die haben sich Branntwein in den Fässern bringen lassen, die tarpolischen Säcke. Die saufen sich die Hucke voll.« Er formte mit den Händen
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