Unter Den Augen Tzulans
bereits um den Tisch versammelt. Die Wunden eines blutüberströmten Nimmersatten wurde im Hintergrund von Heilkundigen behandelt.
Pashtak erkannte ihn sofort als einen der Begleiter, die er den Kaufleuten mitgegeben hatte.
Eilig setzte er sich an seinen Platz und lauschte dem Bericht des Verletzten, der trotz der Schmerzen, die er angesichts der Wunden unweigerlich haben musste, eine einigermaßen verständliche Schilderung der Ereignisse lieferte.
Demnach war die Gruppe kurz vor dem Ende der bewaldeten Umgebung der Stadt, bei der ehemaligen Garnison, in der die turîtischen Truppen einst ihr Quartier hatten, von etwas attackiert worden, was an Schnelligkeit und Kraft den Nimmersatten weit überlegen gewesen war. Waffen schien der unbekannte Angreifer nicht geführt zu haben, die Wunden des Wächters sahen mehr nach der Wirkung von furchtbar scharfen Krallen aus. Über den Verbleib der Händler konnte der Nimmersatte nichts sagen. Sie waren sofort nach dem Auftauchen des Wesens geflüchtet. Ein Hinweis, wer für den Überfall verantwortlich war, fehlte.
»Was auch immer es war, es kann nur aus unseren eigenen Reihen stammen«, erhob Tzulani Boktor das Wort. »Und es kann nur die Absicht gehabt haben, unsere Bemühungen, mit den Ungläubigen friedlich zu leben, zunichte zu machen.«
»Es bleibt die Frage, was wir nun tun können.« Pashtak räusperte sich. »Wir wissen nicht, wo die Händler sind, wir wissen nicht, wer der Angreifer war. Selbst wenn die Nackthäute mit dem Leben davon gekommen sind, werden sie jemals mehr einen Fuß in unsere Stadt setzen?«
Die einsetzende Diskussion zog sich bis in die frühen Morgenstunden hin.
Das Gremium einigte sich darauf, am anbrechenden Tag eine Einberufung aller Bewohner vorzunehmen, um ein ernstes Wort an sie zu richten. Vermutlich würde man für zukünftige Vergehen dieser Art die Todesstrafe verhängen müssen, wenn alle Appelle an die Vernunft nicht fruchteten.
»Verzeiht mir mein Eindringen«, sagte eine angenehme weibliche Stimme vom Eingang her.
Die Köpfe der Versammlung wandten sich um und erblickten die Frau, deren Bekanntschaft Pashtak vor kurzem gemacht hatte.
Doch Lakastre hatte sich sehr verändert, sie wirkte frischer und lebendiger als vor wenigen Stunden. Ihre Haut schimmerte leicht sandfarben, ein paar bernsteinfarbene Augen blickten in die Runde.
»Ich hörte, dass die Versammlung hier tagt, und wollte höflichst um die Aufnahme in die Stadt bitten.« Sie verneigte sich, ihre schwarzen Haare bewegten sich sachte. Zu ihrem fast schon majestätischen Auftritt passte die zerfetzte Kleidung so gar nicht. Der Wirkung der Frau konnte sich keiner entziehen. Zumindest, so hatte Pashtak den Eindruck, keiner der Tzulani. »Mein Name ist Lakastre.«
»Schön, dich wieder zu sehen«, grüßte Pashtak. »Sie ist meine Lebensretterin.« In aller Kürze gab er sein Erlebnis der gestrigen Nacht wieder.
»Und was sollte eine Frau hier wollen, die genauso gut bei den anderen leben könnte?«, erkundigte sich der Vorsitzende.
Lakastre breitete die Arme aus. »Seht mich an. Meine Augen, meine Zähne machen es unmöglich, unter den normalen Menschen zu leben. Daher ziehe ich es vor, mich denen anzuschließen, denen das Äußere herzlich gleichgültig ist.«
»Und woher kommen diese Veränderungen?«, hakte der Tzulani nach. »Ich kann mich nicht erinnern, ein Sumpfwesen gesehen zu haben, das dir entfernt gleicht.«
»Ich bin die Letzte, die es erklären kann. Meine Eltern lebten als Torfstecher in der Nähe eines Moores.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wer weiß, was dort alles geschehen ist, meine Mutter war oft allein. Ich wuchs in aller Abgeschiedenheit auf, wurde von meinem Vater verstoßen und zog von Sumpf zu Sumpf, ohne mich wirklich jemals irgendwo niederzulassen oder die Sprache der Wesen zu lernen. Als ich von der Stadt hörte, wanderte ich hierher.«
»Du sagtest gestern, du wolltest noch auf die Jagd gehen«, erinnerte sich Pashtak plötzlich. »Ist dir etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Hast du etwas gehört, was dir seltsam vorkam? Sind dir Menschen begegnet?«
Er war sich inzwischen sicher, dass das Weibchen etwas mit den Vorkommnissen zu tun hatte. Die Schnelligkeit, die sie gestern bewiesen hatte, als sie ihn rettete, passte sehr gut zu der Beschreibung des Nimmersatts. Außerdem lief sie in die Richtung, in der die Händler die Stadt verlassen hatten. Doch ihre Hände wirkten nicht kräftig genug, tiefe Kratzer zu hinterlassen. Sie
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