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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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ineinander verkeilt. Sie brannten. Wo war die Frontlinie? Karl kehrte ins Hotel zurück. Niemand trug die Toten mehr in den Goethe-Garten. Es waren zu viele. Sie blieben liegen, wo sie gestorben waren: in der Bar, in der Halle, auf den Fluren.
    Zwei norwegische SS-Soldaten kamen aus dem Lesesaal und liefen zum Treppenhaus. Karl versteckte sich hinter einem Pfeiler.
    Ein russischer Stoßtrupp, der Minuten vorher ins Adlon gestürmt war, hatte das Lazarett in der Halle gesehen und war wieder umgekehrt. Was wäre passiert, wenn der Stoßtrupp bis zum Lesesaal vorgedrungen wäre? Die Norweger waren wandelnde Waffenarsenale. Einer hatte fünf Stielhandgranaten im Gürtel stecken.
    Karl gelangte über eine Dienstbotentreppe in die erste Etage. Die Stille dort war gespenstisch. Er betrat die Prominentensuite. Burmeisters Funkgerät war unbrauchbar gemacht worden. Auf dem Reichstag wehte eine rote Fahne. Ein T 34 rollte durch zerschossene Straßensperren vor die Ruine der französischen Botschaft, gepanzerte Mannschaftswagen folgten. Ein Dutzend Rotarmisten kletterten aus den Luken. Sie teilten sich in zwei Gruppen. Eine Gruppe rannte auf das Adlon zu.
    Karl rannte auch. Er hatte Richard eingeschärft, sich in Obiers Büro einzuschließen, bis er ihn abholen würde.
    Richard öffnete auf das verabredete Zeichen hin. Aufgeregt flüsterte er: »Karl! Drinnen haben sich alle umgezogen, die Frau auch. Jetzt haben sie Russenuniformen an!«
    Karl hockte sich neben Richard und spähte durch den Schlitz. Das einzige Licht im Keller kam von der Baulampe. An der Mauer des Schutzraums lehnten Kalaschnikows. Die Rothaarige trug die Uniform einer Kommissarin, die Männer Kampfanzüge der Infanterie. Sie schulterten die Maschinenpistolen und verschwanden, angeführt von Stanner, im Schutzraum. Jeder hatte Sturmgepäck auf dem Rücken. Die Rothaarige blieb im Weinkeller.
    »Wo ist Burmeister?« flüsterte Karl.
    »Er ist vor ein paar Minuten mit Kassner weg.«
    Der Eingang des Weinkellers war von der Durchreiche aus nicht zu sehen. Karl hörte, wie die Tür ins Schloß fiel. Wenig später traten Burmeister und Kassner mit einem Mann in den Lichtkreis. Der Mann wandte Karl den Rücken zu. Alle drei zogen sich hastig um. Burmeister schlüpfte in eine Hauptmannsuniform.
    »Die Leute sind schon vorgegangen«, sagte die Rothaarige. »Wir haben Glück. Es hat in der letzten Woche nicht geregnet. Wir brauchen die Faltboote vermutlich erst am Landwehrkanal.« Sie gab ihm eine Taschenlampe und griff nach einer Kalaschnikow.
    »Wo sind die Platinbarren?« fragte der Mann.
    »Jeder hat drei Stück im Tornister«, sagte Kassner.
    »Meine Schwester wird Sie jetzt zu den anderen bringen«, sagte Burmeister. »Kassner und ich müssen noch den Laden hier abfackeln. – Wir treffen uns in spätestens fünfzehn Minuten bei den Faltbooten.«
    Als der Mann sich den Tornister umschnallte, drehte er für einen Moment das Gesicht zur Durchreiche. Karl stockte der Atem.
    »Bei der ersten Leiter fehlen Sprossen«, sagte die Rothaarige und knipste ihre Taschenlampe an.
    Bormann nickte, holte sich seine Kalaschnikow und folgte ihr in den Schutzraum.
    Kassner schleppte einen Blechkanister Richtung Kellertür, Burmeister trug ihm die Baulampe mit der Kabeltrommel nach.
    »Wer war das, Karl?«
    »Still!«
    Auf dem Flur vor dem Büro wurde gesprochen. Nordische Laute. Karl tastete nach der MP unter den Matratzen und entsicherte sie. Die Stimmen wurden leiser. Karl legte das Ohr an die Türfüllung. Plötzlich fielen Schüsse.
    Jemand rannte den Flur entlang. Es war einer der Norweger. Karl hörte, wie er seinem Kameraden etwas zurief.
    »Siehst du Kassner und Burmeister?« flüsterte Karl. »Nein, sie müssen jetzt vorne an der Tür sein.«
    »Schieb die Luke ganz auf und schau vorsichtig, was sie machen!«
    Der Schußwechsel auf dem Flur verstärkte sich. ›Scheiße!‹ dachte Karl. ›Wir sitzen in der Falle!‹
    »Burmeister verbarrikadiert die Tür mit Sandsäcken. Kassner gießt was aus dem Kanister über die Weinkisten.«
    »Geh mal weg!«
    Kassner und Burmeister arbeiteten fieberhaft im Schein der Lampe.
    »Meinst du, wir könnten vor ihnen im Schutzraum sein, Richard?«
    »Wenn wir leise sind.«
    »Paß auf! Ich krieche zuerst durch.«
    Karl gab dem Jungen die Maschinenpistole. Vorsichtig zwängte er sich mit den Füßen voran durch die Öffnung. Er kam auf einem Faß zu stehen und zog den Oberkörper nach. Richard reichte ihm die MP. Karl richtete sie auf die

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