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Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Titel: Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reimund J. Dierichs
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Vereins saß, der für die architektonische Erneuerung der Stadt eintrat (Credo: Profil statt Profit), einen chinesischen Imbiss, dessen Besitzer mehr als nur drei Gewürze kannte, ein winziges Bistro mit freundlicher Bedienung, aber oft bis zur Karikatur durchgestylten Gästen, die den Eindruck vermittelten, als hätten sie im Wettbüro um die Ecke gerade eine Viertelmillion gewonnen und direkt daneben das Rumkontor mit einer sensationellen Auswahl an Hochprozentigem, aber leider nur sehr begrenzten Öffnungszeiten.
    Vor zwei Wochen hatte Mathilde Schneider dort ein feines Tröpfchen aus Kuba erstanden, eine Geschmacksmischung, an Sanftheit und Ekstase erinnernd, zwei Eigenschaften, die auch in ihrem Charakter zu finden waren und aufgrund ihrer Extreme eine Freundschaft nicht unbedingt begünstigten.
    Sie überquerte den Ring, durchfuhr den weniger schönen Teil der Lübecker Straße, die in einem sanften Bogen in die Maybachstraße überging. Sie passierte das Elektrohaus von Saturn und ärgerte sich einmal mehr darüber, dass sie den vor vier Wochen hier erstandenen DVD-Player bisher nur ein einziges Mal in Betrieb genommen hatte. Dabei liebte sie Musik über alles. Vor allem die klassische Musik hatte es ihr angetan. Allerdings war sie meistens von dem langen Arbeitstag so geschafft, wenn sie nach Hause kam, dass sie einfach nur die Fernbedienung des Fernsehers in die Hand nahm und wahllos irgendein Programm einschaltete. Sie wollte sich dann nur noch berieseln lassen, was auch nicht schwer fiel. Die Auswahl an seichten Unterhaltungssendungen hatte inzwischen ein solches Ausmaß angenommen, dass sie nie lange suchen musste.
    Schließlich erreichte sie den Mediapark, einen ehemaligen Rangier- und Güterbahnhof, dessen Ge lände in ein ansprechendes Wohn- und Freizeitareal umgewandelt worden war bei gleichzeitiger Errichtung von neuen Arbeitsplätzen überwiegend aus der Medienbranche.
    Mathilde Schneider fuhr stets dieselbe Strecke. An der Media Park Klinik verließ sie die Straße und lenkte ihr Rad durch die Schlucht von neuen Gebäuden, die, obwohl sie ein erklärter Anhänger von Jugendstilhäusern war, doch ihre Zustimmung fanden. An exponierter Stelle und mit Geld im Rücken schienen Architekten sogar zu Höchstleistungen fähig. Selbst der 40stöckige Media Park Turm, neben Kölns größtem Kino Komplex, dem Cinedom, sicher das auffallendste der um einen zentralen Platz herum angeordneten Gebäude, hatte ihr auf Anhieb gefallen, vor allem auch deshalb, weil in seiner Fassade der Dom und andere Sehenswürdigkeiten der Stadt abgebildet waren. Die einzige Scheußlichkeit markierte der in der Platzmitte installierte Brunnen, der, obwohl noch neu, wie die meisten Kölner Brunnen aus Kostengründen auch im Sommer abgestellt blieb und daher rasch zur Mülldeponie mutierte.
    Ihr Blick fiel auf den See, dessen Oberfläche, vom Wind bewegt, etwas Unheimliches ausstrahlte. Am Tage dagegen entfaltete er seinen ganzen Charme, und wenn man dann mitten auf der Brücke stand, die ihn mit schwungvollen Bögen überspannte, fühlte man sich trotz des an seinem Rand vorbei fließenden Verkehrs, wie in einer Oase der Ruhe, die einem half, die Hektik der Großstadt für einen Moment zu vergessen.
    Sie passierte das Jolly Hotel und näherte sich dem Seerosenteich, ihrem absoluten Lieblingsplatz. Mit seiner kleinen Holzbrücke und den zahlreichen Zierkirschbäumen fühlte man sich im Frühjahr wie in einem japanischen Garten. Reiher waren an diesem Ort keine Seltenheit. Einmal hatte sie auf dem Weg zur Arbeit einen beobachtet, der unbeweglich auf einem Bein dastand und den sie zunächst für das Werk irgendeines Künstlers gehalten hatte, der hier seine Chance bekommen sollte. Erst am nächsten Morgen, als der Vogel nicht mehr zu sehen war, hatte sie sich eingestehen müssen, dass das Tier tatsächlich aus Fleisch und Blut gewesen war.
    Sie hörte das Klack Klack der losen Steinplatten in der Nähe des Hotels, als sie mit dem Rad darüber hinweg fuhr. Jedes Mal schüttelte sie verständnislos den Kopf. Seit fast drei Jahren ärgerte sie sich über die Gleichgültigkeit der Verantwortlichen, denn sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer konnte der schaukelnde und hoch stehende Belag leicht zur Stolperfalle werden.
    Ein Taxi kam die Straße hoch gefahren, wahrscheinlich um Hotelgäste abzuholen und sie zum Flughafen zu bringen. Da die Straße recht schmal war und der Fahrer zu so früher Stunde wohl nicht mit Gegenverkehr

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