Unter feindlicher Flagge
freundlich wären.«
Plötzlich gewahrte Hayden aus den Augenwinkeln ein Segel jenseits der Ile de Beniguet!
»Wo, zum Teufel, kommt das auf einmal her?«, sagte er und deutete in die Richtung. »Ausschau halten! Ist das nicht ein Segel auf offener See?« Sein Herzschlag beschleunigte sich.
»Fregatte aus West!«, rief der Mann im Ausguck, aber er war nun in Bedrängnis, da ein Mann unten an Deck das Segel vor ihm gesehen hatte.
»Verdammt!«, fluchte Barthe vor sich hin und blickte angestrengt auf die offene See. »Jetzt sind wir dran.«
»Ausguck!«, rief Hayden laut und bemühte sich, ruhig zu bleiben, um die Besatzung nicht über Gebühr zu verunsichern. »Ist es eine von uns? Können Sie das erkennen?«
Landry stand hoch oben auf dem Bramsegel und blickte hinaus aufs Meer.
Rauch stieg an der Fregatte auf, und eine ganze Anzahl Flaggen flatterten im Wind - ein Signalcode. Gleichzeitig wurde die englische Fahne am Besanmast hochgezogen.
Hayden schloss für einen Moment die Augen und sprach ein stilles Gebet. Wäre dort eine feindliche Fregatte gekommen, hätten sie womöglich die Nacht in einem französischen Gefängnis verbringen können. »Nun, ich teile mein Prisengeld gern, wenn ich weiß, dass dort von West kein Franzose kommt.«
»Da wird Landry noch was zu hören bekommen!«, meinte Barthe. »Auch wenn er damit beschäftigt war, die Flotte zu zählen.«
»Ich denke, alle waren mit ihren Gedanken beim Prisengeld«, sagte Wickham.
»Welcher Midshipman hat Wache?«, fragte Hayden.
»Williams, Sir«, erwiderte einer aus der Mannschaft.
»Er soll den Code beantworten und ›Verfolgung‹ per Flaggensignal durchgeben.« Wieder wandte er sich den Frachtschiffen zu. »Sollen die französischen Fregatten sehen, dass wir einen Verbündeten haben.« Es war zwar unwahrscheinlich, dass das ferne englische Schiff die Themis im abflauenden Wind erreichen würde, aber Hayden war erleichtert, dass er nicht allein war. Außerdem würde die Besatzung kaum meutern, solange eine britische Fregatte auf offener See kreuzte.
Landry tauchte einen Moment später auf und sah besorgt und verärgert aus, aber Hayden hatte keine Zeit, jetzt versöhnlich zu sein.
»So sieht unsere Lage aus, Mr Landry. Ich denke, Hawthorne und die anderen Deckoffiziere werden dafür sorgen, dass die Männer auf ihren Positionen bleiben, insbesondere da eine zweite britische Fregatte in Sichtweite ist. Aber ich mache mir Sorgen wegen der Prisenmannschaft. Ich habe das Gefühl, dass ich mit in die Boote muss, falls sich die Männer doch gegen die Seesoldaten und Offiziere wenden. Somit haben Sie das Kommando über das Schiff. Sind Sie bereit, diese Unternehmung zu Ende zu bringen? Ich weiß ja, dass Sie von Anfang an dagegen waren.«
Landry schaute sich schmollend um. »Mir bleibt wohl keine andere Wahl. Jetzt können wir die Sache nicht mehr abbrechen, da die Mannschaft dann glaubt, wir hätten Angst. Das würde nicht gehen.«
»In der Tat«, stimmte Hayden ihm zu. Er wartete, doch Landry sagte nichts mehr. »Werden Sie dann das Kommando übernehmen?«
Landry nickte unglücklich.
»Mr Barthe?«, rief Hayden. Rasch skizzierte er die Engstellen, die in den Hafen von Brest führten, und kennzeichnete, wo die Felsen dicht unter der Wasseroberfläche lagen. Hayden glaubte nicht, dass Landry das Zeug dazu hatte, die Sache durchzuziehen, wenn etwas schiefging. Womöglich würde der Zweite Leutnant das Schiff bei erster Gelegenheit wieder hinaus auf offene See steuern, selbst wenn er dadurch die Boote und Teile der Besatzung zurücklassen müsste. Daher musste sich Hayden auf einen Mann wie Barthe verlassen.
In was für eine Lage hatte er sich nun gebracht? Er schalt sich selbst dafür. Nicht einen Moment hatte er auch nur daran gedacht, dass die Männer ihre Posten verlassen könnten oder sich sogar in einer Krise gegen die Deckoffiziere wenden würden. Das war etwas ganz anderes als eine Bittschrift oder die Weigerung, in See zu stechen.
Hayden schaute wieder zu den Handelsschiffen. Das erste Schiff war vorangekommen und befand sich gewiss längst außer Reichweite, aber das zweite hing nach wie vor in der Flaute auf dunklen Wassern. Hayden blickte hinab in das tintenschwarze Meer und versuchte, die Geschwindigkeit der Themis abzuschätzen. Kaum zwei Knoten, dachte er. Aber das Schiff kam in Reichweite.
»Wie weit noch bis zu dem Frachtschiff, Mr Barthe?«, wandte er sich an den Master.
»Fünfhundert Yards, Mr Hayden. Vielleicht
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