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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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fünfhundertfünfzig. Schwer zu sagen in der Dämmerung.«
    »Ich denke, Sie haben recht. Eher fünfhundertfünfzig. Auf diese Entfernung sehen sie uns nicht als Gefahr, schätze ich, selbst wenn wir ihnen einen Schuss vor den Bug setzen.«
    »Ich fürchte, Sie haben recht. Das wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen, Mr Hayden. Sie sind uns beinahe entwischt.«
    Hayden schaute sich nach dem Dritten Leutnant um. »Die Boote besetzen, Mr Archer. Und halten Sie mir einen Platz frei im Beiboot.«
    Über ihnen waren die ersten Sterne am Himmel zu sehen, als die letzte Farbe der Sonne im Westen langsam schwand. Dennoch konnte Hayden die Frachtschiffe noch sehen - Silhouetten vor der dunklen Steilküste. Die Männer in den Booten versuchten, das Schiff aus der Flaute zu bringen, während sich das Schwesterschiff weiter entfernte und auf die Hafeneinfahrt zuhielt. Vielleicht nutzte es bereits die kleinen Strömungen unterhalb der Klippen bei der einsetzenden Ebbe. Weiter dahinter lavierten die Kanonenboote, und in der Bucht warteten die Fregatten auf die Gezeitenströmung und das Umschlagen des Windes.
    Im matten Licht erschien Perseverance an Deck und reichte Hayden das Nachtglas. »Danke, Perse«, sagte er und steckte sich das normale Teleskop unter den Arm.
    »Können Sie damit die engen Stellen sehen?«, wollte Barthe wissen.
    Hayden spähte bereits in die zunehmende Dunkelheit und sah plötzlich alles auf dem Kopf. Daran musste man sich bei einem Nachtglas erst gewöhnen. »So gerade noch.« Er zeigte in eine Richtung. »Bei unserem jetzigen Kurs passieren wir sie seewärts.«
    Die unzuverlässige Brise brachte sie weiter über die dunklen, glasartigen Wasser. Als Hayden sich umschaute, konnte er immer noch deutlich die Seesoldaten sehen, die die Männer im Mittelschiff mit ihren Musketen in Schach hielten. Laternen wurden nun entzündet, und die Schiffsglocke ertönte. Weiter hinten an Deck flüsterte einer der Segeltrimmer einem anderen etwas zu, woraufhin der Maat des Bootsmanns mit dem Rohrstock ausholte.
    Ein Pulveraffe, ein Waisenkind von zehn oder elf Jahren, schleppte eine Kartusche aufs Vorderdeck, aber der Stückmeister Baldwin schickte den Jungen zurück. »Das ist für die Karronaden, Lytton«, wisperte er und klopfte dem Kleinen auf die Schulter, als wäre er sein Kind.
    Die meisten sind doch gute Leute, dachte Hayden bei sich. Aber andere blieben rätselhaft: Sie waren verschlagen und hinterhältig. Und einige schreckten nicht vor Mord zurück.
    Inzwischen war es sehr schwierig, die Entfernung zum Handelsschiff zu ermitteln, das immer noch mit der Flaute kämpfte und nur von den kleinen Booten gezogen wurde.
    »Baldwin? Peilen Sie über den Lauf. Wir setzen ihnen einen Schuss vor den Bug. Aber versuchen Sie, nicht die Männer zu treffen, die sich in die Riemen legen.«
    »Aye, Sir.«
    Mit einer Handspake und Keilen wurde das Geschütz ausgerichtet. Der Stückmeister spähte über den Lauf der Kanone.
    »Fertig, Sir.«
    »Warten Sie noch einen Moment ...« Hayden hielt eine Hand hoch. Als wäre das ein Zeichen gewesen, erstarb der Wind ganz.
    »Verdammt!«, fluchte er.
    Dennoch, aufgrund ihrer großen Masse, würde die Fregatte in der ruhigen See noch weiter gleiten.
    »Jetzt oder nie, Mr Baldwin.«
    »Aye, Sir.« Der Stückmeister peilte noch einmal über den Lauf hinweg, trat zurück und betätigte die Abzugsleine. Der Widerhall des Sechspfünders durchbrach die Stille und schreckte einen Schwarm Möwen auf. Rauch stieg am Bug empor, und langsam fuhr das Schiff in die wabernde Wolke hinein.
    Wickham lief bis zum Bugspriet, war einen Moment in die Rauchwolke gehüllt, nahm dann den Hut ab und jubelte. »Sie sind getroffen, Sir! Sie streichen die Flagge!«
    Hayden atmete erleichtert auf. »Das Schiff gehört Ihnen, Mr Landry. Aber Sie müssen uns unterstützen, bis die Prise gesichert ist. Verstehen Sie?«
    Der mürrische kleine Leutnant nickte. Voller Groll warf er einen Blick über die Schulter auf die britische Fregatte in der Ferne - auf den Zeugen aller kommenden Ereignisse.
    »Die Gezeiten werden sich jeden Augenblick ändern, und bald wird eine Brise von der Bucht her wehen. Wir müssen die Prise haben, bevor uns die Fregatten erreichen.«
    Wieder nickte Landry, doch noch genauso missmutig wie zuvor.
    Hayden nickte ebenfalls und eilte dann übers Deck. »Haben Sie alles unter Kontrolle, Mr Hawthorne?«, fragte er im Vorübergehen.
    »Keine Sorge, Sir. Sichern Sie uns nur die Prise.«
    »Darauf können Sie sich

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