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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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schüttelte den Kopf und fuhr sich eilig mit dem Handrücken über die Augen, »das ist nicht mehr meine Angelegenheit.«
    Alex sah ihn lange an.
    »Setz dich doch«, forderte er sie auf. Sie zögerte.
    »Ich will dich nicht stören.«
    Er verstand, was sie meinte. Sie wollte ihn nicht bei der Zwiesprache mit seiner Frau, seiner Familie stören.
    »Du störst mich nicht.« Er streckte die Hand nach ihr aus und sie setzte sich neben ihn auf die vorderste Kante der Bank. Im schwindenden Tageslicht sah ihr Gesicht fast wieder so schön aus wie früher. Eine Weile saßen sie schweigend da.
    »Du solltest heute Abend dabei sein«, sagte Alex schließlich. »Das war es doch, für das du so viele Jahre gekämpft hast.«
    »War es das?« Nick zuckte die Schultern. »Wenn ja, dann war es falsch. Es hat mich beinahe alles gekostet, was ich im Leben hatte.«
    Alex wandte sich zu ihm um und sie sahen sich an.
    »Nick«, sagte sie und ergriff fast schüchtern seine Hand, »ich möchte mich bei dir bedanken. Für alles, was du für mich getan hast.«
    »Nein, das musst du nicht. Es war das Geringste, was ich tun konnte.«
    Der traurige und niedergeschlagene Ausdruck in ihren Augen schien den Zustand seiner eigenen Seele widerzuspiegeln. Da saßen sie nun. Zwei Menschen, denen das Schicksal übel mitgespielt hatte. Nur knapp dem Tod entronnen, würden sie beide das Leben nie mehr auf eine so leichtfertige und oberflächliche Weise sehen wie Menschen, die etwas Vergleichbares nicht erlebt hatten. Sie waren Gezeichnete − durch das Erlebte für immer gebrandmarkt und dazu verurteilt, Außenseiter zu sein. Nick wusste, dass er sich vollkommen verändert hatte. Alles, was ihm früher einmal lebenswichtig erschienen war, war ihm nun gleichgültig: das Ansehen, die Meinung anderer Menschen, die absolute Gerechtigkeit. Es gab keine absolute Gerechtigkeit, es gab überhaupt nichts Perfektes oder Absolutes auf dieser Welt. Er würde damit leben können, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Er hatte den Großteil seines Lebens gelebt, hatte großartige Erfolge und Triumphe feiern dürfen. Er hatte eine steile Karriere gemacht und war für alles dankbar. Für seine Zukunft hatte er bescheidenere Pläne, aber was war mit Alex? Sie war noch so jung! Würde sie auch mit dem, was sie erlebt hatte, weiterleben können? War sie stark genug, um eines Tages vergessen zu können, was geschehen war?
    »Warum habe ich damals nur nicht auf dich gehört?«, brach Alex das Schweigen.
    »Du meinst, als wir uns im City Plaza Hotel begegnet sind?«
    »Ja. Du hattest mich vor ihm gewarnt, aber ich wollte es nicht hören.«
    »Tja«, Nick zuckte die Schultern, »leider muss man im Leben viele schmerzvolle Erfahrungen selbst machen. Gute Ratschläge ersetzen keine Lebenserfahrung.«
    »Ich habe alles falsch gemacht«, Alex seufzte, »ich habe so viel Schuld auf mich geladen, weil ich arrogant und eitel und in den Erfolg verliebt war.«
    »Du hast keine Schuld auf dich geladen. Vitali und Levy sind Verbrecher, die nun ihre gerechte Strafe bekommen. Und auch St. John wusste, auf was er sich einließ, glaube mir. Früher oder später wäre das ganze Imperium von Vitali ohnehin zusammengebrochen. Das liegt weniger an dir, als an der Aussage von Nelson van Mieren.«
    »Trotzdem, ich bin so mutlos. Ich kann diese Schuldgefühle nicht mehr ertragen.«
    »Meinst du, mir geht es anders?«, sagte Nick. »Ich mache mir auch immer wieder Vorwürfe. Ich frage mich, warum meine Familie sterben musste und ich weiterleben darf. Darauf gibt es keine Antwort.«
    Alex blickte ihn unverwandt an und er erwiderte ihren Blick.
    »An dem Abend, an dem du in die Stadt zurückgekommen bist«, sagte Nick leise, »war ich furchtbar glücklich. Ich war erleichtert, dass dir nichts zugestoßen war, und ich war ganz überwältigt von meinen Gefühlen für dich. Aber dann bekam ich ein schlechtes Gewissen, weil Mary tot ist und nie mehr glücklich sein kann.«
    Er verstummte. Ein halbes Jahr lang hatte er sich in seinem eigenen Schmerz vergraben und erst der Kummer und die Not eines anderen Menschen hatten ihn begreifen lassen, wie es tatsächlich weitergehen konnte. An ihm selbst lag es, ob es ihm gelang. Alex seufzte. Ihr Atem stand wie eine weißliche Wolke in der frostklaren Luft.
    »Glaubst du, dass man Sergio verurteilen wird?«
    »Ja. Diesmal gibt es für ihn kein Entkommen«, sagte Nick überzeugt. »Es tut mir nur leid, dass du das alles durchmachen musst. Den Prozess, den

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