Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Zuschauermenge mit Missachtung. Royce Shepard öffnete die hintere Tür der dunklen Limousine, Spooner drängte Vitali in den Fond des Wagens.
»Fassen Sie mich nicht an!«, fuhr Vitali ihn zornig an. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie in Zukunft Strafzettel ausfüllen dürfen!«
»Ich freue mich schon drauf«, erwiderte Spooner gelassen.
Er setzte sich zu Vitali auf die Rückbank, während Connors den aufgeregten Reportern ein kurzes Interview gab. Sergio Vitalis Gesicht war zu Eis erstarrt, er wandte nicht ein einziges Mal den Blick, als die Reporter gegen das Fenster klopften, um ihn gut ins Bild zu bekommen. Lloyd Connors setzte sich auf den Beifahrersitz des Autos, das sich sofort mit zuckendem Rotlicht und Sirene in Bewegung setzte. Ein zweiter Wagen mit Gordon Engels und Tate Jenkins folgte, dahinter eine ganze Kolonne weiterer Autos. Connors stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Er hatte es geschafft! Bis zur letzten Sekunde hatte er am Erfolg des Unternehmens gezweifelt, aber nun war ihm endlich das gelungen, was Nick Kostidis so viele Jahre vergeblich versucht hatte: Er hatte Sergio Vitali, den heimlichen Paten von New York City, verhaftet. Die Beweise waren erdrückend und die Hauptbelastungszeugen am Leben. Über Funk kam die Meldung, dass di Varese und Bacchiocchi ebenfalls festgenommen worden waren. Vitali reagierte auf diese Mitteilung nicht.
»Das hat euch sicher einen Heidenspaß gemacht, was?«, sagte er nach einer Weile mit verächtlicher Stimme. »Dieser kleine Bastard wird sich in die Hose pissen vor Freude, wenn er davon hört.«
»Von wem sprechen Sie, Mr Vitali?«, fragte Connors kühl.
»Von diesem verdammten Hurensohn Kostidis«, in Vitalis Augen glomm eine mörderische Wut, »dem habe ich dieses ganze Spektakel doch wohl zu verdanken!«
»Ihre Verhaftung«, Lloyd Connors drehte sich um, »verdanken Sie der Tatsache, dass Sie mindestens einen Menschen getötet und Mrs Sontheim auf brutalste Art und Weise misshandelt haben.«
»So ein Quatsch«, Vitali schüttelte den Kopf, »wohin bringen Sie mich? Ich habe tausend Gäste und Sie haben nichts Besseres zu tun, als mich wegen einer kleinen Schlampe, die mich bestohlen und belogen hat, zu verhaften! Ich werde mich beim Justizminister persönlich über diesen Vorfall beschweren!«
»Beschweren Sie sich, wo Sie wollen.« Das Lächeln auf Connors Gesicht erstarb. Er dachte an Alex’ entstelltes Gesicht, an ihre Angst und ihr Entsetzen. Er dachte an Mary und Christopher Kostidis, die hatten sterben müssen, weil ihr Ehemann undVater Sergio Vitali im Weg gewesen war. Er dachte an David Zuckerman und Zachary St. John, die Vitali geopfert hatte, als sie ihm nicht mehr nutzen konnten und zu einer Gefahr zu werden drohten. Er dachte an den Rechtsanwalt in Los Angeles, der auf eine so bestialische Weise getötet worden war und an die vielen Menschen, die gestorben waren, weil der Mann, der hinter ihm auf der Rückbank des Wagens saß, es so bestimmt hatte.
»Wir werden Ihnen jetzt die Fingerabdrücke abnehmen und ein paar Fotos von Ihnen schießen«, sagte Connors, »und dann dürfen Sie auf Staatskosten übernachten. Das wird sicher nicht so komfortabel sein, wie Sie es gewohnt sind, aber vielleicht ist es eine ganz nette Einstimmung auf das, was Sie in den nächsten 100 Jahren erwartet.«
»Ich bleibe keine 24 Stunden im Gefängnis!«, fauchte Vitali, aber seine Überheblichkeit war verschwunden und sein Zorn hilfloser Verbitterung gewichen.
»Das«, erwiderte Lloyd Connors mit ruhiger Stimme, »wird der Haftrichter morgen früh entscheiden. Nicht Sie und nicht ich.«
***
Nick Kostidis fuhr mitten in der Nacht erschrocken hoch. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, wo er war, und bemerkte erstaunt, dass er nicht alleine im Bett lag. Neben ihm lag Alex und sie schlief tief und fest. Da erinnerte er sich, dass er sie besucht hatte. Offenbar war er vor lauter Müdigkeit und Erschöpfung einfach eingeschlafen und Alex hatte ihm die Schuhe ausgezogen und ihn schlafen lassen. Nick lächelte. Die Leuchtziffern seiner Armbanduhr zeigten halb drei morgens. Er dachte an Lloyd Connors. War es dem Staatsanwalt gelungen, Vitali zu verhaften? Vorsichtig, um Alex nicht aufzuwecken, erhob Nick sich und ging auf Zehenspitzen hinüber in das kleine Badezimmer, schloss die Tür und machte Licht. Er trat vor den Spiegel und starrte sein Gesicht an. Die letzten sechs Monate hatte er in einer Welt zwischen Alptraum und Hölle verbracht, aber
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