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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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darüber, dass jemand umgebracht worden war! Heute, an diesem schönen Augusttag, waren zwei Menschen gestorben, nicht etwa durch einen tragischen Unfall oder eine schwere Krankheit, sondern weil sie jemandem im Weg gewesen waren. Und dieser jemand hatte den Auftrag gegeben, sie zu töten. Alex schloss die Augen. Ihr Magen rebellierte und ihr wurde schwindelig bei dem Gedanken, der sich unbarmherzig in ihrem Kopf formte. Dieser jemand war kein anderer als Sergio Vitali. Er hatte ihr versichert, dass er nichts mit den Gerüchten zu tun hatte, die die Presse über ihn verbreitete. Sie hatte ihm geglaubt, weil er so überzeugend gewesen war und weil sie ihm hatte glauben wollen. Nun begriff sie, dass er ihr Vertrauen schamlos ausgenutzt und sie eiskalt belogen hatte. Olivers Worte fielen ihr wieder ein: Sein ganzes Imperium ist auf Blut und Verbrechen gegründet. Er ist ein gewissenloser und brutaler Gangster. Alex’ Mund war trocken vor Angst, sie fühlte sich entsetzlich elend und unfähig, wegzulaufen. Etwas in ihrem Inneren flehte darum, sie vom Gegenteil des Gehörten zu überzeugen. Sie wollte nichts Schlechtes von Sergio denken, sie wollte nicht glauben, dass er tatsächlich mit solch fürchterlichen Dingen zu tun hatte. Vielleicht hatte sie auch nur falsch verstanden.
    »Ich bin sehr zufrieden mit dir, Natale«, sagte Sergio nun, und Alex konnte durch den Türschlitz sein Gesicht sehen. Sie verstand nicht, was der hässliche Mann erwiderte, aber sie verstand sehr wohl seinen Gruß.
    »Noch alles Gute zum Geburtstag und einen schönen Abend, Don Sergio.«
    Don Sergio. Sergio nahm mit einem lässigen Nicken die Ehrerbietung des Mannes entgegen. Alex glaubte, der Boden würde unter ihren Füßen schwanken. Eine eisige Hand griff um ihr Herz, und ihr war speiübel vor Angst und Entsetzen. Nichts von dem, was in den Zeitungen geschrieben worden war, war erfunden. Es war sogar noch untertrieben. Gangsterliebchen , dachte sie. Oliver hatte vollkommen Recht gehabt, aber sie hatte ihm nicht glauben wollen! Sie, Alexandra Sontheim, war die Geliebteeines Mafiabosses, eines Mannes, der Killer damit beauftragte, andere Menschen zu töten. Sie drehte sich um, um aus diesem Haus zu flüchten, doch da wurde ihr eiskalt vor Schreck. Vor ihr stand ein Mann und blickte sie aus kalten, blauen Augen an.
    »Haben Sie sich verlaufen?«, der Mann musterte sie anzüglich von Kopf bis Fuß.
    »Ich ... nein ... ich habe die Toilette gesucht«, stotterte Alex. Durch die angelehnte Tür hörte man die Stimmen der Männer in der Bibliothek. Sie erwachte aus ihrer Erstarrung und wollte an dem Mann vorbeischlüpfen, aber er packte ihr Handgelenk.
    »Nicht so hastig«, sagte er misstrauisch, »was haben Sie vor der Tür gemacht?«
    »Ich sagte doch, ich habe die Toilette gesucht«, Alex glaubte, sie müsse jeden Augenblick tot umfallen. Sie wusste nicht weshalb, aber sie empfand eine instinktive Abneigung gegen den jungen Mann, in dessen Augen ein brutaler, hinterhältiger Ausdruck lag.
    »Würden Sie mich jetzt bitte loslassen?«, wiederholte sie mit aller Bestimmtheit, zu der sie noch fähig war.
    »Oh nein, das werde ich nicht. Ich glaube Ihnen nämlich nicht, dass sie sich verlaufen haben. Und ich denke, mein Vater findet es nicht so toll, wenn er erfährt, dass Sie an Türen lauschen.«
    Mein Vater ... Alex starrte den jungen Mann an und nun fiel ihr die frappierende Ähnlichkeit auf. Genauso musste Sergio mit 25 Jahren ausgesehen haben. Der junge Mann war Sergios Sohn. Ihr wurde schlecht vor Angst. In dem Raum nebenan waren Männer, die über zwei Morde gesprochen hatten, und sie hatte es gehört. Sie dachte an die Mafiafilme, die sie gesehen hatte. Dort wurden unerwünschte Mitwisser mit einem Betonklotz an den Füßen in den East River geworfen. Zu den Fischen. Und Sergio, der Mann, den sie zu kennen geglaubt hatte, war Don Sergio , der Pate von New York. Es wäre ein Leichtes für ihn, sie verschwinden zu lassen.
    »Hören Sie«, flüsterte sie, »das ist doch alles nur ein Missverständnis.«
    »Das werden wir ja gleich sehen«, der junge Mann stieß die Tür auf ohne anzuklopfen und zerrte Alex mit. Sergio, der geradeetwas gesagt hatte, verstummte mitten im Satz und starrte seinen jüngsten Sohn und Alex überrascht an. Die anderen Männer wandten sich um.
    »Cesare, was soll das?«, fuhr Sergio seinen Sohn mit kalter Stimme an.
    »Papa!«, rief Cesare triumphierend und verstärkte seinen brutalen Griff um Alex’ Handgelenk.

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