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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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würde.
    ***
    Cesare Vitali war schlechter Laune. Die lachenden Leute gingen ihm genauso auf die Nerven wie die schnulzige Spaghetti-Musik, aber vor allen Dingen ärgerte er sich über Silvio, Luca und seinen Bruder Massimo. Sie hatten ihn wie ein dummes, kleines Kind behandelt. Vor einer halben Stunde waren sie an ihm vorbei ins Haus gegangen und als er gefragt hatte, wohin sie gingen, hatte Massimo erwidert, sie hätten noch etwas zu besprechen. Die Männer hatten ihn einfach stehen lassen und waren im Haus verschwunden, wo sein Vater sie sicher schon erwartete wie ein König seine Untertanen – selbstsicher, furchtlos und mächtig. Cesare hätte gerne die Achtung und den Respekt seines Vaters errungen, aber irgendwie machte er immer alles falsch. Seine Kumpels respektierten ihn zwar und die Nutten an der Lower East Side hatten Angst vor ihm, das war ein gutes Gefühl, aber in den Augen seines Vaters war er ein kleiner Versager, der von den Familiengeschäften ferngehalten wurde. Cesare fror plötzlich, obwohl es warm war. Er brauchte dringend eine Nase Koks. Das weiße Pulver konnte seine schlechte Laune schlagartig verjagen und ihn zu dem großen Mann machen, der er sein wollte. Angewidert kippte er den Whisky über die Brüstung der Terrasse und stand auf. Es interessierte ihn brennend, was sie da drin zu reden hatten. Außer Silvio, Luca und Massimo war auch Nelson da. Scheinbar lief da eine große Sache. In aufwallendem Zorn dachte er für einen Moment daran, einfach in die Bibliothek zu gehen. War er nicht ebenso ein Sohn von Sergio Vitali wie Massimo? Hatte er nicht auch das Recht, bei solchen Besprechungen anwesend zu sein? Aber er tat es nicht. Der Vater würde es fertig bringen, ihn vor seinem Bruder und den anderen Männern hinauszuwerfen. Cesare durchquerte die Halle und betrat die Gästetoilette. Rasch pulte er das weiße Pulver aus dem Stanniolpapier, schüttete es auf den kleinen Taschenspiegel, den er zu diesem Zweck immer bei sich trug, formte es mit der goldenen Rasierklinge, die in einer Hülle an einer Halskette um seinen Hals hing, zu zwei lines , und rollte geschickt mit dem Daumen und Zeigefinger der rechten Hand einen Geldschein zu einer Röhre. Er zog das Pulver scharf ein. Es brannte in der Nase und ließ seine Augen tränen. Cesare schmeckte den bitteren Geschmack des Kokains an seinem Gaumen und holte tief Luft.
    Die Kälte verschwand aus seinem Körper und machte einer berauschenden Hitze Platz. Ein grandioses Gefühl der Sicherheit und Überlegenheit ergriff ihn. Er lächelte seinem Spiegelbild zu, steckte den Spiegel in die Gesäßtasche seiner Jeans und öffnete die Tür.
    ***
    Alex irrte durch Salons, die sich in ihrer überdimensionalen Größe alle ähnelten und stellte irgendwann fest, dass sie sich in einem entlegenen Winkel des Hauses befand und nicht in der Nähe der Terrasse. Sie wollte sich gerade umdrehen, um zurückzugehen, als sie aus dem Nachbarraum gedämpfte Stimmen vernahm. Normalerweise lauschte sie nicht an Türen, aber dieser abstoßende Mann mit den gelben Raubtieraugen hatte ihre Neugier geweckt. Sie hielt den Atem an und blieb vor dem Raum stehen, dessen große Flügeltüren nur angelehnt waren. Durch den schmalen Türschlitz blickte sie in eine Bibliothek. Vor den bis unter die Decke reichenden Bücherregalen befand sich ein wuchtiger Schreibtisch aus Marmor und Glas, hinter dem Sergio stand. Alex erkannte drei der anwesenden Männer. Einer war Nelson van Mieren, Sergios Anwalt, der andere Massimo, Sergios ältester Sohn und der dritte war Luca di Varese, einer von Sergios engsten Mitarbeitern. Der magere Mann mit den Aknenarben und den gelben Augen stand vor dem Schreibtisch mit dem Profil zur Tür.
    »Und? Was für eine Nachricht hast du für mich, Natale?«, fragte Sergio auf Italienisch.
    »Es ist erledigt«, erwiderte der Mann heiser, »Zuckerman wird kein Sterbenswörtchen mehr sagen.«
    Alex stockte der Atem und sie glaubte zuerst, sich verhört zu haben.
    » Bene «, sagte Sergio, und in seiner Stimme lag kalter Triumph, »was ist mit dem Iren an den Docks, Luca?«
    »Er ist bei den Fischen«, antwortete der Angesprochene, »man wird ihn nie mehr finden.«
    »Gute Arbeit«, Sergio nickte und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Alex spürte, wie sich kaltes Grauen in einer düsterenWelle heranwälzte. Ihr Herz pochte so laut, dass es jeder hören musste, und in ihrem Kopf wirbelten wirre Gedankenfetzen umher. Die Männer in diesem Raum sprachen

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