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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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»Diese Frau stand vor der Tür und hat gelauscht!«
    Sergio sah Alex erstaunt an.
    »Lass sie los!«, befahl er. Alex erkannte, dass er wütend war. Cesare gehorchte widerwillig und versetzte ihr noch einen Stoß, sodass sie beinahe das Gleichgewicht verlor.
    »Ich habe überhaupt nicht gelauscht«, stieß Alex hervor, »ich habe die Toiletten gesucht und mich verlaufen, und plötzlich kommt dieser Kerl, packt mich und zerrt mich hier hinein.«
    »Du bist ein verdammter, kleiner Idiot, Cesare!«, sagte Sergio mit mühsam beherrschtem Zorn auf Italienisch. »Weshalb belästigst du meine Gäste? Hast du wieder Kokain genommen?«
    »Sie stand vor der Tür, Papa!«, rechtfertigte sich der junge Mann, der mit einem Mal unsicher wirkte. »Du solltest mir dankbar sein, dass ich dir ...«
    »Dankbar?«, schrie Sergio so unvermittelt, dass Alex zusammenzuckte. Nie zuvor hatte sie ihn so wütend gesehen, und er war wahrhaftig Furcht einflößend in seinem Zorn. Sie hatte Mühe zu verstehen was er sagte, weil er so schnell italienisch sprach und viele umgangssprachliche Ausdrücke benutzte, die sie nicht kannte.
    »Du hast sie hierher gebracht, du hirnloser, dämlicher Idiot! Sie versteht doch sowieso kein Wort, aber was muss sie jetzt denken? Warum, zum Teufel, kannst du nicht einmal in deinem Leben nachdenken? Ich glaube wirklich, du hast dein ganzes Gehirn versoffen und vervögelt!«
    Cesare schwieg verletzt. Niemand im Raum regte sich. Alex war kein ängstlicher Mensch, aber in diesem Moment hatte sie Angst, entsetzliche, nackte Angst. Sergio war ein Fremder, diese Männer waren Fremde, und sie ängstigten sie zu Tode. Cesare lachte heiser. Seine glasigen Augen glitzerten hasserfüllt.
    »Du musst mir gerade was sagen!«, sagte er ebenfalls auf Italienisch zu seinem Vater. »Ich weiß genau, dass du es mit dieser Nutte treibst, und du lädst sie noch in Mamas Haus ein.«
    Sein Gesicht war vor Wut und Enttäuschung verzerrt.
    »Halt den Mund!«, unterbrach Sergio ihn.
    »Wieso soll ich den Mund halten?« Cesare lachte hässlich. »Ihr meint wohl, ich weiß nicht, was ihr hier zu besprechen habt, was? Ihr haltet mich für ein kleines Kind, aber ...«
    Sergio holte unvermittelt aus und versetzte seinem Sohn eine Ohrfeige, die diesen taumeln ließ.
    »Geh mir aus den Augen, Cesare«, seine Stimme war nur noch ein zorniges Flüstern, »bevor ich mich vergesse und etwas tue, was mir später leid tut. Verschwinde aus meinem Haus! Sofort!«
    Cesare hielt sich die Wange und wich zurück. Seine Augen blickten wild.
    »Das wirst du bereuen! Das werdet ihr alle bereuen! Ich scheiß auf euch!«, schrie er. Luca und Silvio waren aufgesprungen und blickten ihren Boss an.
    »Lasst ihn gehen«, sagte Sergio auf Italienisch, »er weiß nichts. Er ist nur ein vollgekokstes Großmaul, sonst nichts.«
    Er kam zu Alex und legte ihr den Arm um die Schultern.
    »Es tut mir leid, dass er dich erschreckt hat«, sagte er, dann wandte er sich an die anderen Männer und schickte sie hinaus. Er ließ Alex los und ging zu einer kleinen Bar, die sich in einem der Bücherregale befand.
    »Möchtest du etwas trinken?«
    »Ja, gerne«, Alex versuchte, ihre panische Angst unter Kontrolle zu bekommen und das Zittern zu unterdrücken. Sie musste auf der Stelle dieses Haus verlassen! Am liebsten wäre sie noch in dieser Sekunde nach Deutschland geflogen, zu ihren Eltern, um sich in ihrem sicheren Kinderzimmer zu verkriechen. Auf was hatte sie sich da bloß eingelassen? Sergio reichte ihr einen Whisky und betrachtete sie durchdringend. Er schien zu überlegen, ob sie vielleicht wirklich an der Tür gelauscht hatte.
    »Hast du verstanden, was ich eben zu Cesare gesagt habe?«, fragte er auf Italienisch, aber Alex’ Gehirn funktionierte noch und sie reagierte instinktiv richtig.
    »Ich verstehe dich leider nicht«, sie lächelte schwach, »vielleicht könntest du mit mir Englisch sprechen.«
    »Nein, schon gut«, Sergio lächelte und nahm ihr das leere Glas ab. Er nahm sie in die Arme und küsste sie auf die Wange. Sie hätte ihn beinahe weggestoßen, aber es gelang ihr, diesen Impuls zu unterdrücken.
    »Cesare ist manchmal etwas übereifrig«, sagte Sergio leise, »er hat dir Angst eingejagt.«
    »Er hat es versucht«, Alex gelang ein Lächeln, »aber mir kann man so schnell keine Angst machen.«
    Nach allem, was sie heute Abend über Sergio erfahren hatte, konnte ihr überhaupt gar nichts mehr Angst einjagen. Da draußen saßen Senatoren, Bankvorstände, der

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