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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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in die City ausließ. Nick lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er hatte in der vergangenen Nacht kaum geschlafen. Schweißgebadet war er um vier Uhr früh aus einem Alptraum erwacht, an den er sich nicht mehr erinnern konnte. Aber er verspürte noch jetzt das lähmende Gefühl der Machtlosigkeit, das er in seinem Traum empfunden hatte. Bis zum Morgengrauen hatte er wach im Bett gelegen und darüber nachgedacht, wer von seinen Mitarbeitern ein falsches Spiel spielte. Wer hatte gewusst, dass Zuckerman in dieses Hotel gebracht worden war, und dass er bereit gewesen war, gegen Vitali auszusagen? Der Zug bremste quietschend, die Türen öffneten sich, um sich wenige Sekunden später mit einem pneumatischen Seufzen wieder zu schließen. Vibrierend fuhr der Zug an und gewann rasch an Fahrt, bevor er wieder in den dunklen Untergrund New Yorks eintauchte. An der Canal Street stieg Nick in die Linie N um und hatte eine Station später die City Hall erreicht. Er blinzelte in die helle Augustsonne, die von einem strahlendblauen Himmel lachte, als er den City Hall Park betrat. Für einen kurzen Moment verharrte er und betrachtete seinen Amtssitz mit einer Mischung aus Stolz und Resignation. Er war stolz auf dieses historische Bauwerk, auf dessen Turm zwischen der amerikanischen Flagge und der Flagge des Staates New York die Statue der Justitia, als Sinnbild der Gerechtigkeit, thronte. Der Gedanke daran, wie viele Bürgermeister vor ihm mit mehr oder weniger Erfolg versucht hatten, die Geschicke dieser unvergleichlichen Stadt seit 1812 von diesem Gebäude aus zu lenken, erfüllte ihn aufs Neue mit Ehrfurcht und Respekt. Aber gleichzeitig empfand er die arrogante Nähe der modernen Glas-und Stahlbetonwolkenkratzer, die die City Hall so gewaltig überragten als geradezu symbolisch:Die wahre Macht in dieser Stadt ging von jenen aus, die in den Wolkenkratzern saßen, von den Banken und Konzernen und den skrupellosen und geldgierigen Männern an ihrer Spitze. Nick Kostidis seufzte und stieg die Treppen der City Hall hinauf. Im Foyer lungerte eine ganze Horde Presseleute herum, die, kaum dass sie ihn erblickt hatten, schon auf ihn zugestürmt kamen.
    »Herr Bürgermeister!«, rief eine eifrige junge Frau. »Was sagen Sie zu den Vorwürfen, Sie hätten etwas mit dem Tod von David Zuckerman zu tun?«
    In Sekundenschnelle fand er sich in einem Pulk von Reportern, Fotografen und Kameraleuten wieder, die ihm ihre Mikrofone vor die Nase hielten. Woher, zum Teufel, wusste die Presse schon von der Sache mit Zuckerman?
    »Nick!« Das war John Steele von Network America. »Es heißt, Zuckerman sei von der Mafia umgebracht worden. Was sagen Sie dazu?«
    Nick hob die Hände und wartete, bis sich das Geschrei gelegt hatte.
    »Guten Morgen, erst mal«, er bemühte sich um eine freundliche Miene, »ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt überhaupt nichts sagen, denn ich weiß selbst noch nicht mehr, als dass Mr Zuckerman gestern Nacht erschossen wurde. Ich habe jetzt eine Besprechung mit dem Polizeipräsidenten. Sie bekommen heute noch eine Erklärung.«
    »Mr Kostidis«, die Dunkelhaarige blieb beharrlich, »es heißt, Sie hätten etwas mit dem Tod von Zuckerman zu tun. Was ist an diesen Vorwürfen dran?«
    Nick sah unprofessionelle Sensationsgier in ihren Augen.
    »Diese Vorwürfe sind absolut aus der Luft gegriffen«, erwiderte er, »Zuckerman stand unter Anklage wegen Beihilfe zur Begünstigung, Betrug und Bestechung. Das ist einzig und allein Sache der Staatsanwaltschaft. Ich bin der Bürgermeister von New York City und diese Angelegenheit fällt nicht in meinen Kompetenzbereich.«
    »Aber«, sagte die Dunkelhaarige hartnäckig, »laut Gerüchten soll Zuckerman für Sergio Vitali gearbeitet haben. Es ist ja bekannt, dass Sie und Mr Vitali ...«
    »Hören Sie«, unterbrach Nick sie ungeduldig, »Sie wissen offenbar mehr als ich. Warum warten Sie nicht, bis ich überhaupt weiß, um was es hier geht? Okay?«
    Damit drängte er sich brüsk durch die Menge der Journalisten und verschwand eilig in dem Flur, der zu seinem Büro im Erdgeschoss führte. Vor der Tür kam ihm Frank Cohen entgegen.
    »Woher wissen die Presseleute von dieser Sache?«, rief Nick seinem Assistenten erzürnt zu. »Was ist das für eine verdammte Scheiße?«
    »Die Presse?« Frank sah ihn erstaunt an.
    »Ja, verdammt«, Nick ging mit schnellen Schritten den Gang entlang, »sie haben mir im Foyer aufgelauert und mich mit Fragen bombardiert. Ich hasse es, wenn ich unvorbereitet

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