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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Es ist nicht wie im Film, wo am Ende immer die Guten gewinnen.«
    »Bist du sicher, dass Vitali hinter dem Attentat steckt?«
    »Ziemlich sicher, ja«, Nick seufzte, »irgendwie hat er erfahren, dass Zuckerman bereit war, auszusagen. Und er hat sofort gehandelt. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich den Mann gezwungen habe, mit uns zu kooperieren. Ich bin für seinen Tod verantwortlich.«
    »Das bist du nicht. Er war es, der sich mit Verbrechern eingelassen hat.«
    »Das ändert nichts an der Tatsache, dass er noch leben würde, wenn ich nicht darauf gedrungen hätte, ihn zu einer Aussage zu zwingen.«
    Der grimmige Ausdruck auf dem Gesicht ihres Mannes erweckte ein flaues Gefühl in Mary. Sie ahnte, dass hinter seiner Niedergeschlagenheit mehr als nur der Tod dieses Mannes steckte.
    »Aber die Staatsanwaltschaft hat doch entschieden, ihn weiterhin im Gefängnis zu lassen«, bemerkte sie vorsichtig. Wenigstens sprach er mit ihr, statt in dumpfes, brütendes Schweigen zu verfallen, wie er das in den vergangenen Wochen so häufig getan hatte.
    »De Lancie hätte ihn schon vor einem halben Jahr laufen lassen«, Nick machte eine wegwerfende Handbewegung, »er hatte kein Interesse an der Verfolgung dieser Angelegenheit, ja, es schien ihm ausgesprochen unwohl dabei, Zuckerman weiterhin unter Anklage stehen zu lassen.«
    »Unwohl? Er hätte einen Bestechungsskandal aufdecken können!«
    »Genau das ist der Punkt, der mir zu schaffen macht«, Nick zuckte die Schultern und starrte aus dem Fenster, »mir scheint es nämlich fast so, als ob de Lancie genau das verhindern wollte.«
    Mary begriff, und sie schauderte.
    »Du meinst, dass de Lancie ...«
    »Ja. Ich habe den Verdacht, dass Vitali ihn gekauft hat.«
    »Oh Gott. Den Bundesstaatsanwalt?«
    »Mit genug Geld kann man jeden kaufen.«
    »Dich nicht«, Mary berührte Nicks Hand, aber er reagierte nicht auf diese Geste der Zuneigung. Er wollte keinen Trost und so zog sie ihre Hand wieder zurück.
    »Ja«, Nick lachte unfroh, »mich nicht. Ich bin der Idiot, der gegen Windmühlen kämpft. Nicht nur, dass ich bald jeden mächtigen Mann in der Stadt gegen mich habe, viel schlimmer: Ich habe auch noch einen Verräter unter meinen eigenen Mitarbeitern.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Vitali hat innerhalb von zwölf Stunden von Zuckermans Sinneswandel erfahren. Das wussten außer dem FBI nur meine Leute, sonst niemand.«
    »Und de Lancie?«
    »Ihn habe ich zuerst auch verdächtigt, aber er war in Europa und hätte erst morgen davon erfahren.«
    Mary schwieg betroffen. Ein Verräter in den eigenen Reihen, ein Maulwurf! Nun verstand sie, was ihren Mann so mutlos machte. Er konnte furchtlos gegen Feinde kämpfen, die er kannte, aber es war schrecklich zu wissen, dass ein enger Mitarbeiter, ein Vertrauter, heimlich mit diesem Feind kooperierte und sein vertrauliches Wissen weitergab.
    »Ich schaffe es nicht«, sagte Nick mit leiser Stimme, und Mary sah im Licht der entgegenkommenden Autoscheinwerfer den düsteren Ausdruck in seinen Augen. »Ich habe so oft gewonnen, so viele Erfolge gehabt, obwohl ich zuerst nicht daran geglaubt habe. Aber diesmal werde ich verlieren, ich weiß es.«
    Mary lief bei diesen seltsam prophetisch klingenden Worten ein Schauer über den Rücken und sie fröstelte, obwohl die Augustnacht warm war.
    »Aber das ist doch nicht wahr«, flüsterte sie.
    »Doch«, er schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen, »sie sind stärker. Sie werden alles dransetzen, mich zu vernichten, weil ich ihnen im Weg stehe. Und ich kann mich nicht wehren, nicht, wenn sie meine engsten Mitarbeiter korrumpieren.«
    Er stieß einen Seufzer aus. Manchmal hatte er das Gefühl, mit einem Löffel Wasser aus einem leckgeschlagenen Boot schöpfen zu wollen. Kaum hatte er irgendwo einen Missstand beseitigt, ein Loch gestopft, riss an einer anderen Stelle ein noch größeres auf. Er war so voller Idealismus gewesen, als er sein Amt angetreten hatte, und er war weiß Gott nicht unerfahren oder naiv gewesen, aber so frustrierend und aussichtslos hatte er sich die Arbeit, seine Wahlversprechen einzulösen, nicht vorgestellt. Sicher, er hätte es so halten können wie viele seiner Vorgänger. Er hätte Absprachen mit Leuten wie Vitali treffen können, anstatt sie zu bekämpfen und sich dabei aufzureiben. Aber Nick wusste, dass er sich im Spiegel nicht mehr anschauen könnte, wenn er dies täte. Zahlreiche andere New Yorker Größen aus Wirtschaft, Finanzwelt oder Politik waren mehr oder weniger

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